„Ich bin prinzipiell immer für Orgien“

Bekannt geworden ist er als Steuerfahnder „Siegmund von Treiber“, doch auch die Wirrungen der Finanzkrise hat er mittlerweile ganz gut durchschaut: Seit 15 Jahren erklärt uns Chin Meyer die Finanzwelt. 

In einem Kabarett-Stück erklären Sie, wie sich mit wertlosen Schuldscheinen nicht bezahlter Kneipenrechnungen von Alkoholikern Geld verdienen lässt. Einfach indem man sie verbrieft, bündelt und clever weiterverkauft. Denn irgendjemand fällt immer darauf rein. Reine Theorie oder gängige Praxis?

Ich vermute mal, dass das immer noch gängige Praxis ist. Genau wissen wir es allerdings erst nach dem Platzen der nächsten Blase, wenn die komplexen Produkte von einem Mantel nach dem nächsten befreit werden und wie bei einer Zwiebel am Ende feststeht: Im tiefsten Herzen ist ja… – gar nichts! Das Entpacken dieser Produkte hat immer auch einen Hauch von Weihnachtsfeier. Oder Julklapp für Banker!

Hat sich Ihrer Meinung nach seit der Finanzkrise 2009 etwas geändert?

Ja. Es hat sich einiges verbessert. Die Finanzbranche gibt sich deutlich mehr Mühe, Risiken besser zu verstecken. Aber es gibt durchaus noch Altlasten. Viele Banken verhalten sich wie Kurgäste – sie legen sich einen „Schatten“ zu, also eine Schattenbank!

Was halten Sie von der Gelddruckorgie der EZB?

Ich bin prinzipiell immer für Orgien. Nur ist es leider bei dieser Orgie so, dass die Reichen die Armen, nun ja…, vornehm müsste man sagen: so richtig durchnehmen. Aktien und Immobilien werden wohl steigen – das deutet sich ja bereits an. Und ich befürchte, dass das Geld in Form von Krediten leider nicht bei südeuropäischen Firmen ankommt. Andererseits hatte die EZB wohl auch nicht so viele Möglichkeiten – schließlich ist die Politik in Hinsicht auf diese Krise ähnlich hilflos wie ein Vegetarier an der Fleischtheke!

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