„Die Lieferketten sind immer noch sehr fragil“

Interview mit Andi Klein, Managing Partner und Head of TSM bei Triton

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Die deutsch-schwedische Private-Equity-Gesellschaft Triton Partners hat bisher zwei Mittelstandsfonds aufgelegt, den ersten (TSM I) 2017 mit einem Kapital von 448 Mio. EUR, den zweiten (TSM II) 2021 mit einem Kapital von 815 Mio. EUR. Beim ersten sind die Plattformkäufe bereits abgeschlossen, es fanden zuletzt aber noch einige größere Zukäufe statt, beim zweiten ist die Plattformakquise aktuell noch in vollem Gange. Wir sprachen mit Andi Klein, Managing Partner und Head of TSM bei Triton, über die neuesten Entwicklungen. 

Unternehmeredition: Was gibt es Neues bei Ihren beiden Mittelstandsfonds?

Andi Klein: Wir haben 2021 mehrere neue Käufe in Dänemark und in Deutschland für den zweiten Mittelstandsfonds getätigt. In Dänemark erwarben wir einen Mehrheitsanteil an Fairwind, einem weltweit führenden Unternehmen im Bereich Installation und Service von Windkraftanlagen. Außerdem haben wir die Firma Geia Food gekauft, einen führenden Anbieter von Lebensmittelkonzepten in Skandinavien.

In Deutschland haben wir einige neue Akquisitionen im Gesundheitsbereich getätigt, darunter die Firmen Kinios GmbH, Deutsche Kardiologie Holding GmbH und Dr. med. Kielstein Ambulante Medizinische Versorgung GmbH. Damit verfügen wir hier über die drei Standbeine Orthopädie, Kardiologie und Allgemeinmedizin, die wir weiter vorantreiben wollen. In allen drei Bereichen fanden bereits einige Zukäufe statt.

Letzteres baut auf der Arbeit auf, die wir im Radiologiebereich geleistet haben und mit dem erfolgreichen Exit der Meine Radiologie Holding im Juli 2021 abschließen konnten. Als Kern dieser Arbeit bieten wir Nachfolgelösungen für Ärzte an.

Ist die Nachfolgethematik denn besonders brennend bei den Ärzten?

Wenn man sich die Altersstruktur bei den Ärzten anschaut, dann gibt es da tatsächlich einige Nachfolgethemen, und für diese bieten wir individuelle Lösungen an. Es gibt eine Reihe Ärzte, die diese Praxen vor einiger Zeit aufgebaut haben, jedoch perspektivisch ausscheiden oder kürzer treten wollen. Für sie ist es nicht immer einfach, einen Nachfolger zu finden. Es handelt sich vor allem in der Orthopädie und in der Kardiologie meist um größere Praxen mit einem hohen finanziellen Risiko, das von potenziellen Nachfolgern vielfach gescheut wird. Die meisten jungen Ärzte wollen heute eher angestellt arbeiten. Zudem ist die Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung in ländlichen Regionen ein immer größer werdendes Problem, das wir vor allem in der Allgemeinmedizin mit klarem Konzept angehen.

Wie können Sie hier helfen?

Wir helfen dem Arzt, seine Anteile zu verkaufen, die Ärzte bleiben dann noch für mindestens drei bis fünf Jahre involviert und sind auch extrem wichtig für die Praxis, aber die Nachfolge ist dann schon mal gelöst, bei Nachbesetzungen hilft die Gruppe auch aktiv. In gleichem Zuge helfen wir mit Personalkapazitäten aus und unterstützen dabei, die Praxen immer weiter von den administrativen Themen zu entlasten, beispielsweise, indem die Buchhaltung stärker zentralisiert und standardisiert wird. Dabei geht es vor allem um Dinge, die außerhalb der medizinischen Betreuung liegen. Der Praxenverbund hat einen positiven Effekt. Dabei entsteht ein sehr großes Netzwerk mit Austausch- und Weiterbildungsmöglichkeiten der Ärzte untereinander. Ziel ist die höchste medizinische Qualität für Patienten bei gleichzeitig optimalen Arbeitsbedingungen für Ärzte, medizinischem Personal sowie allen weiteren Angestellten.

Warum diese Spezialisierung auf das Thema Gesundheit?

Triton investiert in vier Kernsektoren, davon ist einer der Gesundheitsbereich. Wir verfügen hier über viel Erfahrung dahingehend, wie man in diesem Bereich Strukturen aufbaut. Wir starten bei diesen Gruppen ja bei null. Und wir haben bereits bewiesen, dass wir das gut hinbekommen. Somit verfügen wir hier über einen guten Leumund. Natürlich ist jeder Bereich anders. Die Radiologie hat ganz andere Themen als eine Orthopädie, erstere ist zum Beispiel viel kapitalintensiver. Aber natürlich gibt es Gemeinsamkeiten im Unternehmensaufbau bzw. in der Art und Weise, wie man Strukturen schafft.

Werden Sie sich künftig noch weitere medizinische Bereiche hinzuerobern?

Wir sind jetzt erst mal recht gut ausgelastet. Aber was natürlich passieren wird, ist, dass diese Gruppen nach und nach sehr stark wachsen und sich dadurch Möglichkeiten in angrenzenden Bereichen ergeben können.

Ist beim ersten Mittelstandsfonds noch etwas offen?

Beim ersten Mittelstandsfonds haben wir mit dem Erwerb der Firma Inwerk, einem innovativen auf online fokussierten Büromöbelhändler und -hersteller, Ende Dezember 2020 die letzte Plattformtransaktion abgeschlossen. Es wurde im ersten Mittelstandsfonds allerdings noch eine Reihe von Zukäufen getätigt. Unter anderem haben wir für die Firma Norres, einen international führenden Hersteller von technischen Schläuchen und Schlauchsystemen, an der wir 2018 einen Mehrheitsanteil erworben hatten, im Juli 2021 mit der niederländischen Firma Baggermann einen großen Zukauf getätigt. Dabei konnten wir die Umsätze auf über 90 Mio. EUR steigern. Und das nicht nur durch den Zukauf, sondern weil sich das Investment im letzten Jahr insgesamt durch die in den letzten Jahren geleistete Arbeit sehr gut entwickelt hat.

Für Norres war das ein transformatorisches Jahr. Wir sind recht gut durch Covid gekommen. 2020 und 2021 haben wir gut Gas gegeben. Norres war bereits stark vertreten in DACH sowie Polen, Frankreich und anderen Ländern. Durch den Baggermann Zukauf haben wir z.B. Benelux, Schweiz und Italien deutlich stärken können. Daneben haben wir das Produktportfolio und die regionale Expansion, z.B. USA, vorangetrieben. Dadurch haben wir einen sehr großen Schritt nach vorne gemacht.

Welche inhaltlichen Themen standen bei Ihren Portfoliounternehmen zuletzt im Vordergrund?

Bei Norres haben wir große Erfolge im Recycling und bei der Reduzierung der Ausschussquote erzielt. Ein besonderer Fokus lag auf der Servicequalität und der Lieferfähigkeit. Die Firma verkauft häufig kleinere Stückzahlen und die Großhändler müssen zügig beliefert werden. Das ist bei der hohen Anzahl an unterschiedlichen Produkten nicht trivial. Daran haben wir stark gearbeitet und dafür sogar Awards gewonnen.

Bei Norres, aber auch bei allen anderen Portfoliounternehmen, waren zuletzt Rohstoffsicherung und Lieferfähigkeit große Themen. Wir haben sehr viel Geld in die Hand genommen, um die Bevorratung bei unseren Portfoliounterehmen hochzufahren. Überall gibt es natürlich eine Vielzahl von Themen, die abgearbeitet werden müssen.

Schwerpunkte bei den Industrieunternehmen waren Zukäufe, Liefersicherheit und operative Exzellenz. Im Bereich der Dienstleistung haben wir uns auch stark mit M&A beschäftigt sowie mit Mitarbeitersicherheit in Bezug auf gesundheitliche Themen. Im Consumerbereich haben wir stark an unserer Onlinestrategie gearbeitet, d.h. an der Verbesserung unserer Onlineshops und der Verbesserung der dahinterliegenden Prozesse, und im Bereich Gesundheit lag der Fokus hauptsächlich auf dem weiteren Aufbau der medizinischen Gruppen.

Wie beurteilen Sie die allgemeine Marktsituation?

Die Lage ist weiterhin sehr schwierig aus zwei Gründen: Ein grundsätzliches Problem ist die generelle Sicherstellung der Lieferketten. Das zweite große Thema ist der Preis. Die Rohstoffpreise haben sich extrem dynamisch entwickelt. Das zieht natürlich eine Menge an Herausforderungen nach sich. Das ist ein permanentes Thema für den Einkauf. Aber auch für den Vertrieb, wo man seine Kostenstrukturen ständig hinterfragen und sich sehr intensiv damit auseinandersetzen muss, wo man preislich im Wettbewerb steht. Transportkosten waren ein Riesenthema: Die Lieferketten sind immer noch sehr fragil. Hier arbeiten wir an Local Sourcing. Es geht darum, Produkte in der Region und für die Region sicherzustellen. Aber das lässt sich natürlich nicht für alle Produkte und für jedes Unternehmen gleichermaßen gut bewerkstelligen.

Ist Corona noch ein großes Thema?

Wenn man die heutige Situation mit 2020 vergleicht – damals wusste ja keiner damit umzugehen – so wird heute sehr viel flexibler und professioneller damit umgegangen. Wir haben sehr viel Zeit damit verbracht, Sicherheit für die Mitarbeiter zu gewährleisten. Durch die Impfungen hat man sich zwar etwas mehr dran gewöhnt, aber die Sicherheit der Mitarbeiter ist nach wie vor ein großes Thema. Wir haben in unseren Portfoliounternehmen sehr früh Impfangebote über Betriebsärzte unterstützt. Das Ziel dabei ist es, Barrieren für die Impfung möglichst niedrig zu halten, also ein sogenanntes niedrigschwelliges Angebot zu gewährleisten, dasselbe gilt natürlich auch für das Testen und für die Masken.

Wo liegen die Stellschrauben im Bereich Digitalisierung?

Auch hier ist es wichtig, dass man ein niedrigschwelliges digitales Angebot macht und beispielsweise kundenfreundliche Zugänge schafft. Es gibt aber auch ganz andere Ansätze: Wir haben im Rahmen des ersten TSM Fonds das norwegische Marktforschungs-/Datenerhebungsinstitut Norstat erworben und dafür noch das Start-up „Testing Time“ hinzugekauft. Generell werden im Unternehmen zunehmend Panels zusammengestellt, welche ideal die potenziellen Kundenstrukturen abbilden und nicht mehr klassische Fragebögen ausfüllen, sondern online interagieren und auch beispielsweise die Qualität und Benutzerfreundlichkeit von Internetseiten bewerten.

Was lässt sich zusammenfassend über die Entwicklung der beiden Fonds sagen?

Der Fonds I hat sich auch nach dem Exit von Meine Radiologie Holding weiter sehr gut entwickelt, und der Fonds II entwickelt sich im Hinblick auf neue Transaktionen auch sehr zügig weiter.

Was steht als Nächstes an?

Im zweiten Fonds stehen noch etwa sechs bis sieben Plattformakquisitionen an. Wir beschäftigen uns aktuell stark mit ESG-Themen und Digitalisierung sowie im Industriebereich mit Internationalisierung. Es ist jetzt aber noch etwas zu früh, um hier konkreter zu werden.

Welche Trends beobachten Sie bei Unternehmensnachfolgen?

Viele Unternehmer beschäftigen sich zum einen früher mit dem Thema Nachfolge und zum anderen früher damit, wer für sie ein Partner sein könnte. Es ist grundsätzlich auch sehr sinnvoll, dass es eine Übergangszeit gibt, in der der Unternehmer dem Unternehmen noch zur Verfügung steht. Das sieht man mehr als in der Vergangenheit. Man ist mittlerweile auch offener für Finanzpartner.

Es scheint schon so zu sein, dass die Väter und Mütter mittlerweile auch eine größere Offenheit für die Wünsche ihrer Kinder mitbringen und diese auch anders unterstützen. Der Unternehmer will seinem Kind die Verantwortung nicht mehr unter allen Bedingungen zumuten. Mein Eindruck ist, dass hier die Denkweise etwas moderner und kinderzentrierter geworden ist.

Auch die erstarkende Start-up-Kultur hat zu einer größeren Offenheit und Kollaborationsbereitschaft geführt. Es gibt jetzt eine gute Wertschätzung dafür, was andere beitragen können, und wann es Zeit ist sich Unterstützung, zum Beispiel durch uns, zu sichern. Sonst würde man nicht so viele erfolgreiche Serienunternehmer sehen.


ZUR PERSON

Andi Klein ist Managing Partner und Head of TSM bei der deutsch-schwedischen Private-Equity-Gesellschaft Triton Partners. Bevor er 2009 zu Triton Partners wechselte, war der studierte Betriebswirt elf Jahre lang in führender Position bei Procter & Gamble beschäftigt. Seit der Gründung im Jahr 1997 hat Triton Partners zehn Fonds aufgelegt und rund 15,6 Mrd. EUR von mehr als 180 Investoren eingesammelt. Die Triton Fonds investieren in mittelständische Unternehmen mit Sitz in Europa und unterstützen deren positive Entwicklung. Der Fokus liegt auf Unternehmen in den Sektoren Industrie & Technologie, Dienstleistungen, Konsumgüter und Gesundheitsweisen.

Autorenprofil

Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Sie verfügt über langjährige Erfahrung im Wirtschaftsjournalismus und in der PR.

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