Minderheitsbeteiligung eines Privatinvestors (Ausgabe 4/2009)

Vapiano SE: Pasta- und Pizza-Bar mit Frischegarantie

Als Mark Korzilius, Gregor Gerlach, Klaus Rader und Friedemann Findeis in Hamburg 2002 das erste Vapiano-Restaurant eröffneten, zweifelten viele an den Erfolgschancen und vermuteten eine Eintagsfliege.

Als Mark Korzilius, Gregor Gerlach, Klaus Rader und Friedemann Findeis in Hamburg 2002 das erste Vapiano-Restaurant eröffneten, zweifelten viele an den Erfolgschancen und vermuteten eine Eintagsfliege. Doch die Umsatzzahlen schnellten binnen kurzer Zeit in die Höhe. 2008 erwirtschaftete die Vapiano SE schon über 44 Mio. Euro und verzeichnet dieses Jahr auf bestehender Fläche ein Plus von 10% gegenüber dem Vorjahreszeitraum. So verwundern die hochgesteckten Ziele von Vapiano-Vorstand Mirko Silz nicht: “Wir sind optimistisch, dieses Jahr 64 Mio. Euro zu erreichen.”

Das gläserne Restaurant
“Die Idee der Gründungsgesellschafter war eine Symbiose aus `Kochen mit Freunden´ und bestmöglicher Selbstbestimmung des Gastes durch individuellen Einfluss auf das Essen und absolute Bewegungsfreiheit”, fasst Silz zusammen. Was am Ende daraus geworden ist: Eine vom Architekten Matteo Thun mediterran designte Pasta- und Pizza-Bar ohne feste Sitzordnung, in der an offen einsehbaren Küchen die Speisen frisch zubereitet werden. Hinzu kommt die gläserne “Pastamanufattura”, in der die Nudeln täglich selbst hergestellt werden. Da im Restaurant Selbstbedienung herrscht, kann sich jeder Gast sein Gericht direkt beim Koch bestellen und ihm genau sagen, wie er es haben will. Durch ein Chipkartensystem, bei dem am Ende an einer zentralen Kasse abgerechnet wird, kann man sich frei im Raum bewegen und je nach Belieben den Tisch wechseln. “Frisch, schnell und zu fairen Preisen”, fasst Silz die Vapiano-Philosophie zusammen.

Vapiano “geht auf Reisen”
Das preisgekrönte Geschäftsmodell (u.a. “Hot Concepts Award” 2006 in Europa und 2007 in den USA) fand bald erste Abnehmer: 2004 wurde der erste Franchisebetrieb in Düsseldorf eröffnet. Aktuell gibt es 55 Vapianos in 16 Ländern. 30 davon werden von Franchisenehmern betrieben, 13 sind 100%-ige Eigenbetriebe und 12 sind Joint Ventures, sie gehören Vapiano zu mindestens 50%. Zur Abwicklung der Geschäfte im Mittleren Osten, Amerika und Australien wurde 2005 die Schwestergesellschaft Vapiano International LLC mit Büro in McLean, Virginia, gegründet, deren Gesellschafterkreis identisch mit dem der Vapiano SE ist. Minutiös wird bei allen Restaurants darauf geachtet, dass das Konzept stringent durchgeführt wird. Will man Franchisepartner werden, sollte man anhaltendes Interesse und viel Geld mitbringen: 30.000 Euro beträgt die einmalige Franchise Fee. Ein Restaurant auf den Vapiano-Standard zu bringen, kann aber auch über eine Million kosten. Die Vertragsdauer beträgt mindestens 20 Jahre. “An erster Stelle steht der Mensch und dessen Motivation”, sagt Silz: “Wir bauen auf langfristige Partnerschaften – wenn jemand nur möglichst schnell möglichst viel Geld machen will, ist er nicht der Richtige.” Gesucht werden “Vapianisti” – so werden sämtliche Mitarbeiter intern genannt. “Vapianisti sind moderne Menschen – kosmopolitisch, offen und tolerant”, beschreibt Silz.

Suche nach neuem Gesellschafter
2008 wurde nach einem neuen Teilhaber gesucht, nachdem es 2003 schon einmal einen Gesellschafterwechsel gegeben hatte – Mark Korzilius Anteile wurden von Kent Hahne, einem erfolgreichen McDonald´s-Franchisenehmer, übernommen. Letztes Jahr wollten die verbliebenen Gesellschafter nach Jahren der Investitionen ebenfalls Geld aus ihrem Unternehmen ziehen und gleichzeitig die Eigenkapitalquote erhöhen. Der gemeinsame Beschluss: In Verbindung mit einer Kapitalerhöhung verkauft jeder der vier einen kleinen Teil seiner Anteile an einen Investor. Man wandte sich an den langjährigen Partner Bankhaus Lampe KG in Düsseldorf. “Das Besondere an der Transaktion war, dass bei einem Unternehmen mit einem Umsatz von fast 50 Mio. Euro jemand gefunden werden musste, der bereit war, eine Minderheitsbeteiligung einzugehen, sich auf ein langfristiges Engagement einzulassen und mit den übrigen Gesellschaftern eine gut harmonierende Interessensgemeinschaft zu bilden”, erklärt Dr. Carsten Lehmann, Geschäftsführer der Lampe Corporate Finance GmbH (LCF), die die gesamte Transaktion strukturierte und abwickelte. Deshalb war schnell klar, dass ein Privatinvestor ideal wäre – ein Investorentypus, zu dem LCF traditionell gute Kontakte unterhält.

Ein Privatinvestor steigt ein
LCF ging auf verschiedene potenzielle Investoren zu, darunter auch das Ehepaar Gisa und Hans-Joachim Sander. Der Darmstädter Unternehmer und die Wella-Erbin haben ihre Aktivitäten in ihrem Family Office, der Beteiligungsgesellschaft Exchange Bio GmbH, gebündelt. Schnell kristallisierten sich die Sanders als Favoriten heraus und übernahmen schließlich zum 31.12.2008 25,1% der Anteile der Vapiano Gruppe. Hans-Joachim Sander gefiel das Unternehmen sofort, er schwärmt von der “exzellenten Gesellschafterstruktur und der außerordentlich guten Führung”. Das Ziel des Ehepaars beim Kauf war, “eine Einflussmöglichkeit zu haben, jedoch nicht zu blockieren”. Als Experte in Markenbildung und Kenner des asiatischen Raumes ergänzt Sander zudem optimal die eher gastronomisch geprägten Altgesellschafter. Den eingeschlagenen Expansionskurs von Vapiano trägt er deshalb voll mit: “Ich stehe 100% dahinter.”

Esther Mischkowski
mischkowski@unternehmeredition.de


Kurzprofil: Vapiano SE

Gründungsjahr: 2002′
Branche: Systemgastronomie
Unternehmenssitz: Bonn
Mitarbeiter: 2.400
Umsatz 2008: 44,6 Mio. Euro
Internet: www.vapiano.de

“Ein Privatinvestor verkörpert nachhaltiges und langfristiges Engagement”
Interview mit Mirko Silz, Vorstand, Vapiano SE

Unternehmeredition: Herr Silz, Sie führen Vapiano als Vorstand seit 2006. Mit Kent Hahne waren Sie vorher bei McDonald´s tätig und brachten viel Erfahrung im Bereich Systemgastronomie mit. Was sind deren wesentlichste Unterschiede im Vergleich zur “normalen” Gastronomie?
Silz: In der “normalen” Gastronomie sind die Abläufe sehr individualisiert, die Speisekarte ist facettenreicher und wechselt öfter. In der Systemgastronomie hingegen wird aufgrund wirtschaftlicher Aspekte das Angebot auf eine festgelegte Produktpalette beschränkt. Auch steht Transparenz und optimale Warenwirtschaft mehr im Vordergrund. Der größte Unterschied ist jedoch die Systematisierung aller Komponenten, angefangen von der Standortsuche, dem Auswahlverfahren von Franchise-Partnern, dem Training und der Ausbildung bis hin zu den operativen Abläufen. All das haben wir in umfangreichen Handbüchern festgelegt, sodass es auch für Neulinge und Branchenfremde relativ leicht ist, in das Geschäft der Systemgastronomie einzusteigen.

Unternehmeredition:
Ende 2008 stieg das Ehepaar Sander als Privatinvestor bei Vapiano ein. Welchen Anlass hatte der Anteilsverkauf?
Silz: Das Unternehmen hatte eine gewisse Größe erreicht, damals waren wir kurz davor, die 50er Marke bei der Restaurantzahl zu knacken. Es ging einerseits darum, unsere Eigenkapitalquote zu erhöhen und das Unternehmen auf eine noch stabilere und nachhaltigere Finanzbasis zu stellen. Andererseits brachte uns die Verbreiterung der Gesellschafterstruktur auch einen zusätzlichen Erfahrungsschatz. Alle Gesellschafter sind sehr (system-) gastronomisch geprägt. Herr Sander ergänzt dies perfekt durch internationale Erfahrung, Know-how in der Markenbildung und viel persönliches Engagement.

Unternehmeredition: Es wurde explizit nach einem Privatinvestor gesucht. Warum?
Silz: Wir wollten ein nachhaltiges und langfristiges Engagement, und das
verkörpert ein Privatinvestor mehr als eine auf kurzfristigen Gewinn ausgerichtete Private Equity-Gesellschaft. Und Herr Sander hat schon durch andere Beteiligungen bewiesen, dass er genau dies anstrebt.

Unternehmeredition:
Herr Silz, herzlichen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Esther Mischkowski.
mischkowski@unternehmeredition.de

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