Buchantiquariat im Internet

Sucht man nach dem neuen Mittelstand in der Hauptstadtregion, stößt man unweigerlich auf den Internethändler Momox, der sich in den letzten sechs Jahren im Schatten von Zalando und eBay als feste Größe im Ankauf gebrauchter Bücher, Computerspiele, CDs und Handys etabliert hat. Mit einer Finanzspitze der Münchner Acton Capital Partners will das Unternehmen in Deutschland weiter wachsen und den Gang ins Ausland antreten. 

Spaziergänge durch Kreuzberg
Der gelernte Groß- und Außenhandelskaufmann Christian Wegner kaufte bei seinen Spaziergängen durch Kreuzberg von einem Trödler antiquarische Bücher auf und diese anschließend gewinnbringend bei eBay weiter. Doch bald reichte das Auktionshaus als Einkaufsquelle nicht mehr aus, und so programmierte Wegner 2006 seine eigene Online An- und Verkaufs-Website unter dem Namen Momox – Moderner Medien Online-Express-Ankauf. Anfangs wurden CDs und DVDs angekauft, wenig später dann gebrauchte Bücher, seit 2010 auch Handys. Zeitgleich startete Wegner mit medimops.de den Onlineshop für gebrauchte Bücher.

BMW und Quelle – Lager für gebrauchte Bücher
Sechs Jahre und knapp 33 Millionen angekaufter Bücher später ist aus dem Internetportal ein klassischer Mittelständler geworden, mit der Firmenzentrale in Berlin-Friedrichshain, wo 100 Mitarbeiter alle administrativen Dinge des An- und Verkaufsgeschäfts abwickeln, sowie zwei riesigen Lagern in Neuenhagen bei Berlin und Leipzig, wo noch einmal rund 500 Leute die angelieferten Artikel auspacken, kontrollieren und ins Regal stellen. In Neuenhagen hatte BMW einst ein Teilelager, in Leipzig mietete Momox das frühere Auslieferungslager des insolventen Quelle-Konzerns an. Während das Lager in Neuenhagen längst an seine Kapazitätsgrenzen gestoßen ist, will Logistikgeschäftsführer Oliver Dahms vor allem in Sachsen weiter wachsen. Von den 240.000 m² Lagerfläche dort nutzt Momox erst ein Viertel. „Wir werden sicherlich die restliche Fläche auch noch benötigen“. Mittelfristig sollen bei Momox in Deutschland rund 1-000 Leute arbeiten. Auch der Medimops ist inzwischen erwachsen geworden. Nicht nur im Netz, sondern auch in vier Läden im Ostteil Berlins kann man jetzt durch eine herkömmliche Buchhandlung schlendern und gebrauchte Bücher und andere Medien kaufen. Weitere Läden sind nach den Worten von Oliver Dahms vorerst nicht geplant: „Wir experimentieren erst mal mit verschiedenen Ladenkonzepten“, so der Logistik-Chef.

Ankaufsstrategie bleibt Betriebsgeheimnis
Doch nach welchen Kriterien die Bücher für den Ankauf ausgewählt und dem Käufer nach der Eingabe der ISBN-Nummer ein Preisangebot gemacht wird, bleibt das Geschäftsgeheimnis. „Das ist unsere Underberg-Rezeptur“, zieht Momox-Geschäftsführer Dahms den Vergleich zu einem namhaften Spirituosenhersteller. Ein Selbstversuch des Redakteurs fördert Erstaunliches zutage: Trivialliteratur nimmt Momox beim ersten Mal so gut wie nicht an, dagegen werden ein Werk der anspruchsvollen Erotikliteratur und zwei CDs der Management-Reihe der „Unternehmeredition“ mit durchschnittlich 2 EUR angekauft. Dennoch rät Dahms, es ein zweites und drittes Mal zu probieren. Bis dahin könnten die Altbestände abgebaut sein, denn, so Dahms: „Wir müssen schon darauf achten, dass wir die Bücher auch wieder verkaufen können.“ Dennoch sind rund 25% der angekauften Bücher und 25% der angekauften Handys ein Fall fürs professionelle Recycling.

Ausblick
Mit dem Einstieg der beiden Internet-Pioniere Christoph Janz, Gründer von DealPilot, und Mark Gazecki, Gründer des Online-Spieleentwicklers Megazebra, im Jahr 2009 kam Momox richtig auf Touren, jährlich wurde seither der Umsatz verdoppelt. Ende 2010 stieg dann Acton Capital Partners aus München mit einem siebenstelligen Investment ein (siehe folgendes Interview), und Momox begann mit dem Elektronik-Ankauf. „Damit können wir Wachstum und Marktführerschaft weiter ausbauen und die Internationalisierung weiter vorantreiben“, so Oliver Dahms. Seit 2011 werden auch in Frankreich, Großbritannien und Österreich gebrauchte Medien angekauft.

Torsten Holler
redaktion@unternehmerediton.de


„Einfach überzeugend und extrem kundenorientiert“

Interview mit Dr. Christoph Braun, Mitgründer und Partner der Münchner VC-Gesellschaft Acton Capital Partners

Unternehmeredition: Was schätzt Acton an Momox?

Braun: Momox ist nicht nur Pionier, sondern auch das führende Unternehmen in seinem Segment. Das Produkt ist einfach überzeugend, extrem kundenorientiert und wird von einem exzellenten Team ständig optimiert. Wir sind seit Dezember 2010 an Momox beteiligt. Momox hat sich seitdem sehr positiv entwickelt und ist ertragreich gewachsen.

Unternehmeredition: Was hat sich seither konkret getan?

Braun: Meilensteine seit unserem Einstieg waren beispielsweise der Start der erfolgreichen Smartphone-App, die Eröffnung eines zweiten Logistikzentrums und der Start der Internationalisierung. Für 2013 gehen wir von einem weiteren dynamischen Wachstum aus.
Unternehmeredition: Wer verbirgt sich hinter Acton Capital Partners?

Braun: Acton ist ein partnergeführter Wachstumsfinanzierer mit Sitz in München. Hinter Acton steht ein Team, das seit 1999 – zunächst für Hubert Burda Media – in Internetunternehmen investiert und seitdem mehr als 50 junge Firmen erfolgreich begleitet hat. Dazu zählen so bekannte Namen wie AbeBooks (heute Amazon), Alando (heute eBay), ciao.com, Elitepartner, HolidayCheck, OnVista und zooplus. Seit 2008 sind wir mit unserer eigenen, unabhängigen VC-Gesellschaft aktiv und haben als ersten Fonds den Heureka Growth Fund aufgelegt. In diesem sind internationale institutionelle und private Anleger investiert. Das Fondsvolumen beträgt rund 150 Mio. EUR.

Unternehmeredition: Was ist der Investitionsfokus von Acton und wo investieren sie noch in der Hauptstadtregion?

Braun: Wir investieren in Unternehmen aus dem Internet- und Mobile-Bereich. Unser besonderes Interesse gilt endkundenorientierten Geschäftsmodellen aus den Bereichen Commerce, Marktplätze, eServices und digitale Medien. Wir finanzieren Unternehmen in der Wachstumsphase, die signifikante Umsätze aufweisen können und deren Geschäftsmodell bereits ersten Bewährungsproben standgehalten hat. Im Raum Berlin-Brandenburg hat der Heureka-Fonds neben Momox noch zwei weitere Investments, nämlich die Online-Nachhilfeplattform sofatutor und Fashion for Home, einen Online-Shop für Designer-Möbel.

Unternehmeredition: Herr Dr. Braun, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Torsten Holler
redaktion@unternehmeredition.de

Kurzprofil: Momox GmbH

Gründungsjahr: 2006
Branche: Internet-Handel
Unternehmenssitz: Berlin
Mitarbeiterzahl: 600
Umsatz 2011: 43 Mio. EUR
Internet: www.momox.de, www.medimops.de

Autorenprofil

Torsten Holler ist Gastautor.

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