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Unternehmenskrise: Neustart mit Beteiligungskapital

Im Jahr 2013 gingen erneut mehr als 26.300 Unternehmen in die Insolvenz. 2014 wird diese Zahl wohl wieder ähnlich hoch sein. Auf der Suche nach einem rettenden Instrument denkt so manches Unternehmen in einer schwierigen Situation auch an Beteiligungskapital.

Nach den Statistiken des Bundesverbandes Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) realisieren dessen Mitgliedsgesellschaften im mittelfristigen Durchschnitt allenfalls 20 Turnaround-Projekte im Jahr. Auch wenn diese Zahl die Realität nicht vollständig abbildet, so gilt dennoch: Turnaround-Beteiligungen sind ein eher seltenes, weil eben besonders diffiziles Geschäft.

Erwartungen der Parteien

Für das Unternehmen gilt: Es muss beteiligungsfähig und vor allem beteiligungswillig sein. Konkret: Produkt und Marktposition besitzen trotz einer aktuell schwierigen Situation mittel- und langfristiges Entwicklungspotenzial. Wann und ob dies im Einzelfall gegeben ist, untersucht die Beteiligungsgesellschaft im Rahmen ihrer Due Diligence. Diese wird aufgrund der mit erhöhten Unsicherheiten behafteten Situation genauer als bei anderen Beteiligungsanlässen durchgeführt. Im Rahmen dieser Prüfung werden etwa folgende Fragen untersucht und analysiert:

Welche Schwachstellen haben die schwierige Situation verursacht? Wo wird angesetzt, um die krisenverursachenden Fehlentwicklungen zu beheben? Wird die Einleitung entsprechender Umstrukturierungsmaßnahmen ernsthaft in Erwägung gezogen oder konkret in Angriff  genommen? Hat das Unternehmen ansprechende Ertragsperspektiven? Ist die Belegschaft noch motiviert?

Minderheitsbeteiligungen

Eine Beteiligung stellt durchaus ganz besondere Anforderungen an den Unternehmer. Die Geschäftsführer und Gesellschafter müssen einen Beteiligungspartner akzeptieren und mit ihm – zum beiderseitigen Vorteil – auch konstruktiv zusammenarbeiten wollen. Art und Umfang der Mitsprache hängt von dem Beteiligungsmodell und der Gestaltung des Beteiligungsvertrags ab. Die meisten Beteiligungsgesellschaften streben bei einem Turnaround-Engagement eine Anteilsmehrheit an, um so die unmittelbare und direkte Kontrolle über das Unternehmen zu erhalten. Es gibt aber einige wenige Beteiligungsgesellschaften, die eine Minderheitsbeteiligung akzeptieren und nicht die operative Leitung des Unternehmens beanspruchen. Hierzu zählt die mittelstandsorientierte BayBG Bayerische Beteiligungsgesellschaft.Stille Beteiligungen

Noch weniger Entscheidungskompetenz muss der Unternehmer abgeben, wenn stille Beteiligungen eingesetzt werden. Stille Beteiligungen sind Individual-Mezzanine. Konkret heißt das, sie sind sehr flexibel auf die jeweilige Situation des Turnaround-Unternehmens hin gestaltet: Laufzeit, Volumen, Konditionenstruktur und Rückzahlungsmodalitäten werden im gegenseitigen Gespräch unternehmensspezifisch vereinbart. Im Gegensatz zum Kredit sind stille Beteiligungen nachrangig und müssen nicht mit dinglichen Sicherheiten hinterlegt werden. Bei einer stillen Beteiligung erhält der Investor zwar Informations- und Mitspracherechte bei ausgewählten strategischen Themen, aber keine unmittelbaren Gesellschafterrechte. Das macht stille Beteiligungen vor allem für Familienunternehmen attraktiv, die zwar in einer Krisensituation externes Eigenkapital aufnehmen, aber langfristig das Heft bzw. ihr Unternehmen in der Hand behalten wollen.

Beteiligung ist mehr als Geld

Beteiligungen bedeuten stabiles, langfristiges frisches Geld. Damit können Umstrukturierungsmaßnahmen realisiert werden, etwa  Rationalisierung betrieblicher Abläufe oder der Aufbau einer neuen Vertriebsstruktur. Eine Beteiligung ist aber weit mehr als Geld, es ist eine Vertrauenserklärung. Sie besitzt gerade in einer schwierigen Situation hohen Symbolcharakter. Sie zeigt den anderen Kapitalgebern, Kunden, Lieferanten und auch Mitarbeitern: Da gibt es jemanden, der nachrangig und ohne dingliche Sicherheiten sein eigenes Geld in das  Unternehmen einbringt. Das schafft Vertrauen bei allen Stakeholdern des Unternehmens und erleichtert anderen Fremd- und  Eigenkapitalgebern ein Mitziehen oder eine Erweiterung ihres Engagements. Damit ist ein solides Fundament für einen erfolgreichen Turnaround gelegt.


Zur Person

Dr. Thomas Bucksteeg ist Leiter Turnaround der BayBG Bayerischen Beteiligungsgesellschaft mbH. Die BayBG ist eine am Mittelstand orientierte Beteiligungsgesellschaft mit aktuell rund 500 Beteiligungsnehmern im Portfolio. Neben Hunderten von Wachstums- und Innovationsunternehmen hat die BayBG auch bereits rund 60 Unternehmen in Turnaround-Situationen begleitet. www.baybg.de

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