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Unternehmensbewertung für die Nachfolge

Nur durch eine Unternehmensbewertung im Verkaufsszenario kann man feststellen, was die gewählte Nachfolgelösung im Vergleich zu einem Verkauf kostet. Sie kann bereits getroffene Entscheidungen noch beeinflussen. 

Nicht selten werden vermeintlich entschiedene Nachfolgeoptionen im Licht von Wertperspektiven durchgerechneter Verkaufsszenarien neu betrachtet. Manch ein Unternehmer würde Entscheidungen anders treffen, wenn er den Wert seines Unternehmens genauer kennen würde.

Es versteht sich von selbst, im Zusammenhang mit einem ernsthaften Verkaufsszenario die gesamte Klaviatur verkaufsvorbereitender Maßnahmen zu simulieren und rechnerisch abzubilden. Man beginnt mit einer strategischen Standortbestimmung, der Ausarbeitung eines Strategiekonzepts, dem Abbau eignerbezogener Einflüsse, dem Hinterfragen von Managementfähigkeiten sowie dem Abschneiden aller verkaufshindernden Dinge. Maßnahmen also, die einen designierten Nachfolger mit der Frage konfrontieren, ob er bereit ist und sich in der Lage sieht, sich einem derartigen Szenario zu stellen.

Kategorien von Unternehmenswerten

Üblicherweise wird der Unternehmenswert als Ertragswert auf Grundlage von zukünftigen Erträgen ermittelt. In seltenen Fällen wird er zutreffender durch den Substanzwert abgebildet, verstanden als Liquidationswert, bei dem eine bestmögliche Veräußerung des materiellen und immateriellen Vermögens unterstellt wird. Er stellt den Mindestwert dar.Nur durch eine Unternehmensbewertung im Verkaufsszenario kann man feststellen, was die gewählte Nachfolgelösung im Vergleich zu einem Verkauf kostet. Sie kann bereits getroffene Entscheidungen noch beeinflussen. 

Bewertungsmethoden

Im Wesentlichen lassen sich zwei Methodenwelten unterscheiden: Einerseits die finanzmathematisch unterlegten Verfahren, wie das in Deutschland gebräuchliche IDW-S1-Verfahren gemäß dem Institut der Wirtschaftsprüfer. Andererseits die sogenannten Praktiker-Verfahren, wie die EBIT-Multiple-Verfahren. Dazwischen sind in der Praxis zahlreiche Hybridmodelle anzutreffen, welche mehr oder weniger auf eines dieser Verfahren zurückzuführen sind.

Mit dem IDW-S1-Verfahren werden vorrangig objektivierte Unternehmenswerte ermittelt. Anwendungshintergrund bei Nachfolgen sind in der Regel Equity- bzw. Bankfinanzierungen, die Ermittlung von Abfindungen oder von steuerlichen Anteilswerten. Im Hinblick auf mögliche Verkaufspreise wird das Verfahren seltener eingesetzt, allenfalls zur Ermittlung von Wertindikationen.

In der internationalen M&A-Praxis haben sich die EBIT-Multiple-Verfahren durchgesetzt, welche abhängig von der jeweiligen Interessenlage des Bewerters vergangenheits- oder zukunftsbezogen ausgestaltet werden können. Besonders praxisnah sind diese Verfahren durch Anwendung aus durchgeführten Transaktionen abgeleiteter Multiplikatoren. Basis ist jeweils eine Ergebnisgröße pro Jahr (in der Regel EBIT, EBITDA). Multiple-gestützte Verfahren werden in Nachfolgesituationen sowohl im Zusammenhang mit geplanten oder fiktiven Unternehmensverkäufen eingesetzt als auch zur Ermittlung subjektiver Entscheidungswerte. Sie werden deswegen gerne verwendet, weil sie in der Handhabbarkeit einfacher und methodisch flexibler gestaltet werden können als die finanzmathematisch gestützten Verfahren.Nur durch eine Unternehmensbewertung im Verkaufsszenario kann man feststellen, was die gewählte Nachfolgelösung im Vergleich zu einem Verkauf kostet. Sie kann bereits getroffene Entscheidungen noch beeinflussen. 

Wertbestimmende Faktoren

Im Vordergrund stehen die zukünftige Ertragskraft des Unternehmens sowie die durchschnittliche Unternehmensverschuldung. Die zukünftige Ertragskraft zeigt sich in einer vom Unternehmen vorzulegenden Planung von drei bis fünf Jahren sowie in der Abschätzung eines sogenannten nachhaltigen Ergebnisses, auch als „ewige Rente“ bezeichnet. Letzteres hat im Rahmen der Kapitalisierung einen dominanten Einfluss auf den Unternehmenswert. In die Planung fließen sämtliche, die Ertragskraft eines Unternehmens ausmachenden Parameter ein. Das Geschäftsmodell, Strategien, Kunden- und Produktstrukturen bis hin zu den Deckungsbeitrags- und Kostenverhältnissen spielen eine wichtige Rolle. Die Planung ist der arbeitsaufwendigste Teil der Unternehmensbewertung, aber auch der entscheidende.

Nachteilig wirkende Faktoren sind Beschränkungen der Freiheitsgrade des Übernehmers, etwa die Verpflichtung zur Erhaltung der vorhandenen Arbeitsplätze infolge erbschaftsteuerlicher Vorschriften.

Neben den rein betriebswirtschaftlichen Parametern können psychologische Faktoren einen wesentlichen Einfluss haben. In Nachfolgesituationen sind dies insbesondere Zeitdruck, fehlende Entscheidungsalternativen und letztlich dadurch ausgelöste „Ausverkaufssituationen“.

Bei Fortführung durch interne oder externe Manager wird der Unternehmenswert oft von der Finanzkraft des Nachfolgers abhängen. Der Unternehmenswert ist dann nur so hoch wie das, was der Nachfolger sich leisten kann. In diesem Zusammenhang stehen häufig finanzierungstechnische und steuerliche Optimierungen im Mittelpunkt der Überlegungen.

Beeinflussbarkeit von Unternehmenswerten

Wertbestimmende Faktoren lassen der Fantasie nach Gestaltungsmöglichkeiten freien Lauf. Wesentlich ist es in jedem Fall, die Gestaltungsfreiheit über die wertbestimmenden Faktoren in der Hand zu behalten. Das erfordert vorrangig eine weit vorausschauende Planung der Nachfolgesituation. Naturgemäß sind die Einflussmöglichkeiten im Rahmen der Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswerts im Vergleich zur subjektiven Wertermittlung eingeschränkt.

Fazit

Wer meint, seine Nachfolgerentscheidungen ohne eine Unternehmensbewertung treffen zu können, läuft Gefahr, die Unternehmenspotentiale weder für sich noch für den Nachfolger angemessen auszuschöpfen. Verkaufsszenarien sind dabei ein besonders effizienter Maßstab.


Zu den Personen

Astrid Busch berät in Unternehmensbewertungen und M&A-Transaktionen.Dr. H.-W. Kortmann führt mittelständische Unternehmer durch Strategie- und Nachfolgeprozesse. Beide sind Wirtschaftsprüfer / Steuerberater und Mitinhaber der Hanseatische Mittelstands Treuhand GmbH in Hamburg. www.mittelstandstreuhand.com

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