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“Uns muss nicht angst und bange werden”

Der Markt für die Autozulieferindustrie befindet sich im Umbruch. Alternative Antriebe gewinnen an Bedeutung. Wie ElringKlinger darauf reagiert und wie Veränderungen im Unternehmen finanziert werden sollen, erklärt Finanzvorstand Thomas Jessulat.

Unternehmeredition: Herr Jessulat, die Anspannung in der Autoindustrie ist groß. Auch die Zulieferer stehen unter hohem Druck. Wie agieren Sie in diesen turbulenten Zeiten?

Jessulat: Der Druck auf die Zulieferer war schon immer groß. Aufgrund des technologischen Wandels in der Autoindustrie sehen wir allerdings, dass bei unseren Kunden ein höherer Finanzierungsbedarf besteht. Wie die Zulieferer müssen auch sie die höheren Entwicklungsausgaben für das autonome Fahren oder alternative Antriebstechnologien finanzieren. Deswegen wird der Druck auf die Lieferanten sicherlich nicht geringer.

Das wirkt sich dann auch direkt auf Ihr Geschäft aus.

Sicher müssen auch wir uns anpassen und versuchen, diesen Wandel als Chance zu begreifen. Es entstehen viele neue Player im Markt, die neue Wege gehen. Für die traditionellen Hersteller heißt das, dass sie mit neuen Modellen und alternativen Antrieben so schnell wie möglich auf hohe Stückzahlen kommen müssen. Wir können dabei mit Leichtbauteilen und anderen innovativen Komponenten unterstützen.

Wie kann das einem Zulieferer wie Ihnen gelingen?

Indem wir schnelle Entscheidungen treffen, den Fokus auf innovative Produkte setzen und weil wir Erfahrung damit haben, Kostenführer zu sein.


“Es entstehen viele neue Player im Markt, die neue Wege gehen”

Thomas Jessulat, CFO ElringKlinger


Noch ist es allerdings so, dass Sie rund 90 Prozent des Umsatzes mit Bauteilen für den klassischen Verbrennungsmotor erwirtschaften. Die neuen Geschäftsfelder werfen noch keine Gewinne ab. Wie sehr stecken Sie in der Bredouille?

Uns muss nicht angst und bange werden. Über viele Jahre hinweg haben wir schon in Produkte für alternative Antriebssysteme investiert – auch wenn das Geschäft bislang nicht zufriedenstellend war.

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Der Markt für die Autozulieferindustrie befindet sich im Umbruch. Alternative Antriebe gewinnen an Bedeutung. Wie Elring Klinger darauf reagiert und wie Veränderungen im Unternehmen finanziert werden sollen, erklärt Finanzvorstand Thomas Jessulat.

Wie entwickelt sich der Markt?

Im Jahr 2020 könnte der Zenit des Verbrennungsmotors mit rund 90 Mio. Einheiten überschritten werden. Wir gehen allerdings davon aus, dass es künftig eine regionale Diversifizierung geben wird. In Brasilien etwa wird der Schwenk in Richtung Elektromobilität länger dauern als in Europa.

In China sieht das allerdings ganz anders aus. 

China ist sicherlich ein Leitmarkt für Elektromobilität. In vielen anderen Ländern wird der Verbrennungsmotor allerdings noch sehr lange weiterlaufen. Deswegen sehen wir eine regionale und eine technologische Diversifikation.

Wie sieht Ihre Strategie im Reich der Mitte aus?

Über ein breiteres Produktspektrum versuchen wir dort, weiteres Wachstum zu generieren. Bei den neuen Antrieben wollen wir in der Batterietechnologie und der Brennstoffzelle entweder über Partnerschaften oder als Lieferant der größten Zulieferer im Markt Tritt fassen.

Das Wachstum und die Globalisierung müssen finanziert werden. Wie gehen Sie vor?

Primär haben wir bilaterale Linien mit Kernbanken. Wir versuchen uns direkt in den einzelnen Ländern zu finanzieren, um Währungsrisiken im Konzern zu eliminieren und die Währungseffekte auszugleichen. Allerdings haben wir mittlerweile eine Größe erreicht, bei der wir uns über alternative Finanzierungsmöglichkeiten Gedanken machen müssen.

Leichtbau-Lösungen: Für ElringKlinger sind sie zukunftsweisend.

An welche denken Sie?

Grundsätzlich könnten wir uns Schuldscheindarlehen, Konsortialkredite, Wandelanleihen oder andere Maßnahmen vorstellen. Wir haben uns noch nicht festgelegt. Klar ist allerdings, dass wir für die Absicherung der langfristigen Finanzierung eine weitere Komponente hinzufügen müssen.

Dann könnte auch eine Kapitalerhöhung infrage kommen?

Die steht momentan auf unserer Prioritätenliste nicht oben. Unser Ziel ist es, die Eigenkapitalquote zwischen 40 und 50 Prozent, wie wir sie momentan haben, zu halten. Eine deutlich höhere Quote würde wenig Sinn machen.

In Deutschland gibt es einige große Automobilzulieferer, die nicht börsennotiert sind. Warum ist ein IPO für diese nicht interessant?

Die Anforderungen an die Transparenz spielen sicherlich eine große Rolle. Gerade in einer Zeit, in der es große Veränderungen in der Branche gibt, sind Informationen über das Unternehmen zeitnah und umfassend zu liefern. Der öffentliche Diskurs mit den Marktteilnehmern bringt uns dazu, uns ständig zu hinterfragen – etwa ob das Geschäftsmodell noch passt oder Investitionen richtig angesetzt sind.

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Der Markt für die Autozulieferindustrie befindet sich im Umbruch. Alternative Antriebe gewinnen an Bedeutung. Wie ElringKlinger darauf reagiert und wie Veränderungen im Unternehmen finanziert werden sollen, erklärt Finanzvorstand Thomas Jessulat.

In den vergangenen beiden Jahren sackte der Kurs der ElringKlinger-Aktie ab. Zuletzt erholte er sich wieder etwas. Vor allem Ihr Werk in der Schweiz machte Probleme.

Wir sind in den vergangenen zehn Jahren stark gewachsen und haben den Umsatz auf mehr als 1,5 Mrd. Euro verdreifacht. In der Schweiz haben wir dem starken Wachstum nicht genug Rechnung getragen. Unsere Produktionskapazitäten waren zu knapp, um die Kundenanforderungen zu erfüllen.

Wie hätten Sie es besser machen müssen?

Wir haben zu viele Aufträge für die bestehenden Kapazitäten angenommen und hätten früher zusätzliche Kapazitäten schaffen müssen. Aber eine Rückgabe der Aufträge war für uns keine Option. In der Automobilindustrie kommt es nicht gut an, Aufträge anzunehmen und diese dann nicht erfüllen zu können.

Was sind Ihre Ziele für die kommenden Jahre?

Wir wollen weiterhin langfristig wachsen, vor allem in zukunftsträchtigen Bereichen. Unser Ziel war es, jährlich zwischen fünf und sieben Prozent zuzulegen. Vor einigen Jahren konnten wir das noch locker behaupten. Allerdings hat sich der Markt verändert und wird in Zukunft voraussichtlich nicht mehr so stark wachsen.

Wie lang müssen Sie noch in Produkte für alternative Antriebe investieren, damit sich das Geschäft amortisiert?

Das hängt vor allem davon ab, wie sich die Nachfrage der Kunden entwickelt. Die Hersteller sind momentan dabei, sich für Nachfolgeentwicklungen der Euro-6-Norm aufzustellen. Sie legt die aktuelle Ausstoßgrenze fest. Die große Frage ist, wann eine Verschärfung durch die Großstädte für eine weitere Norm folgt.

Dann hängt alles an der Politik?

Vieles, ja. Die Prämie für Elektroautos war bislang nicht sehr erfolgreich. Interessant wird es ab 2020. Dann werden sehr viele neue Modelle auf den Markt kommen. Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage zumindest nach Hybridfahrzeugen deutlich ansteigt. Für uns wäre diese Entwicklung attraktiv, weil der Anteil unserer Produkte im Fahrzeug dadurch steigen könnte. Bei den Elektroantriebssystemen steht bei uns nicht die breite Masse, sondern die attraktive Nische im Vordergrund.


Zur Person:

Seit Januar 2016 ist Thomas Jessulat Finanzvorstand bei der ElringKlingerAG. Seine Karriere startete er bei der Daimler-Benz Aerospace AG in Ulm. 2005 stieg er bei ElringKlinger als Leiter Beteiligungen ein. Wie andere Zulieferer auch erwirtschaften die Schwaben aus Dettingen an der Ems den Großteil der Erlöse mit Bauteilen für den klassischen Verbrennungsmotor. Künftig will das Unternehmen vor allem in der Batterietechnologie und der Brennstoffzelle Fuß fassen.

www.elringklinger.com

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