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 Und die Ost-Marke lebt weiter

Unter dem Warenzeichen RFT bündelte die DDR Unternehmen der „Rundfunk- und Fernmeldetechnik“. Dr.-Ing. Klaus-Peter Tiemann übernahm nach der Wende eines davon und baute eine mittelständische Unternehmensgruppe auf. Die hat er nun erfolgreich an seinen Sohn übergeben.

Zugegeben, die Fußstapfen für Stefan Tiemann sind groß. Schließlich war sein Vater schon zu DDR-Zeiten ein Vollblutunternehmer im Bereich RFT. Die Abkürzung steht für „Rundfunk- und Fernmeldetechnik“ und war ein seit 1948 eingetragenes Warenzeichen der DDR. Darunter fielen Unternehmen der Nachrichten-, Rundfunk- und Messtechnik, aber auch der Bauelemente- und Vakuumtechnik. Die Herausforderung nahm Stefan Tiemann dennoch gerne an. „Wenn man auf dem Schoß eines Ingenieurs und Unternehmers aufwächst, sucht man zwangsläufig gar nicht nach anderen beruflichen Alternativen“, schmunzelt er. In der Tat ist die Geschichte seines Vaters beeindruckend.

IT-Infrastruktur für Unternehmen: RFT sorgt für die Vernetzung. (© RFT Kabel Brandenburg GmbH)

Bereits im Alter von 22 Jahren meldete der bei der RFT gelernte Rundfunk- und Fernsehtechniker Klaus-Peter Tiemann als Student sein erstes Patent an. Das weckte das Interesse der DDR-Oberen, und so wurde er 1968 in das Entwicklungsteam des ersten volltransistorisierten Farbfernsehempfängers der Welt delegiert. 1969 hatte dann die DDR mit seiner Unterstützung ihren legendären „Color 20“. 1967 entwickelte er den ersten Herzschrittmacher der DDR. Es folgten der erste DC-Defibrillator und weitere medizinelektronische Produkte. Auch lieferte er wichtige Impulse für die grobkeramische Industrie der ostdeutschen Republik. Mit seiner Lösung konnte die DDR erstmals nahezu ausschussfreie Ziegel für den Export produzieren. Bis zur politischen Wende war Klaus-Peter Tiemann im VEB RFT radio-television Potsdam zum Betriebsdirektor aufgestiegen.

Im Visier eines Hedgefonds

Ab 1990 war für die drei RFT-Kombinate das Ende eingeläutet. Für Klaus-Peter Tiemann stand nun die Überführung des ehemaligen VEB in die Marktwirtschaft an. Sein Credo: „Wer am Markt bestehen will, muss innovativ sein und ganz vorn mitmischen.“ Per Management Buy-out wollte er den Betrieb übernehmen und zu einem Kabelnetzbetreiber umbauen. Er akquirierte Gestattungsverträge zur Lieferung von Fernseh- und Rundfunkprogrammen für die Wohnungswirtschaft in Brandenburg. Das weckte Begehrlichkeiten. Bevor er Ende 1994 den von ihm umstrukturierten Betrieb übernehmen konnte, musste er sich gegen 15 Interessenten durchsetzen und einen handfesten Skandal der Treuhandanstalt überstehen, der bundesweit für Schlagzeilen sorgte.Unter dem Warenzeichen RFT bündelte die DDR Unternehmen der „Rundfunk- und Fernmeldetechnik“. Dr.-Ing. Klaus-Peter Tiemann übernahm nach der Wende eines davon und baute eine mittelständische Unternehmensgruppe auf. Die hat er nun erfolgreich an seinen Sohn übergeben.

Das Unternehmen wurde zunächst an die ostdeutsche Haushaltsgeräte Service GmbH (HGS) verkauft. Die unterstand dem Londoner Hedgefonds East Germany Investment Trust des britischen Investmentbankers Olav von Ermgassen. Doch die Transaktion der Treuhand geriet ins Visier der Zentralstelle für Regierungs- und Vereinigungskriminalität. Bei der anschließenden Neuausschreibung bekam Tiemann endlich den Zuschlag.

Von Anbeginn auf Glasfaser gesetzt

Grund zum Feiern: RFT nimmt das Glasfasernetz in Potsdam in Betrieb. (© RFT Kabel Brandenburg GmbH)

Sein Unternehmen taufte Tiemann RFT kabel. Stringent entwickelte er es nach seinen Vorstellungen weiter. Für die branchenübliche Technologie der Telekom hatte er nichts übrig. Früh entwickelte er zukunftsorientierte Infrastrukturen mittels Glasfasertechnik. Mit RFT-eigenen Glasfasernetzen wurden schon ab dem Jahr 2000 Wohnungen in 20 Kommunen des Landes Brandenbur

g mit Rundfunk, High-Speed-Internet und Telefonie versorgt. Diese Idee hatte den Charme, dass die RFT kabel in Brandenburg zum mittelständischen Platzhirsch aufstieg und die großen Kabelkonzerne verdrängte. In der Unternehmensgruppe werden heute über 85.000 Haushalte versorgt, Elektro- und Kommunikationsanlagen errichtet, Urheberrechte, Kabelweitersenderechte, Reichweiten und Signallieferungen gemanagt und seit 1996 ein regionaler Fernsehsender betrieben.

Hier kommt nun Sohn Stefan Tiemann ins Spiel. Schon während seines Studiums begann er, im elterlichen Unternehmen zu arbeiten. Vor allem die Produktentwicklung rund um das gerade aufgekommene Internet und der Marketingbereich interessierten ihn. Durch ein Studium zum Wirtschaftsingenieur war er zusätzlich bestens gerüstet. Doch passt angesichts des stark erweiterten Geschäftsmodells noch der Name RFT? „Auf jeden Fall“, meint der Juniorchef. „Der Begriff ist in der breiten Bevölkerung Ostdeutschlands sehr positiv verankert.“

Unter dem Warenzeichen RFT bündelte die DDR Unternehmen der „Rundfunk- und Fernmeldetechnik“. Dr.-Ing. Klaus-Peter Tiemann übernahm nach der Wende eines davon und baute eine mittelständische Unternehmensgruppe auf. Die hat er nun erfolgreich an seinen Sohn übergeben.

„Das Erbschaftsteuerrecht genutzt“

Interview mit Stefan Tiemann (35), Geschäftsführender Gesellschafter, RFT Kabel Brandenburg GmbH

Unternehmeredition: Herr Tiemann, Ihr Vater gilt als innovativer Erfinder und erfolgreicher Unternehmer. Wie gelingt es Ihnen, aus seinem Schatten zu treten?

Tiemann: In der Tat sind die Fußstapfen, die er hinterlassen hat, recht anspruchsvoll. Ich habe zwar auch das Verständnis eines Ingenieurs, aber meine Entwicklungsleidenschaft ist nicht so ausgeprägt. Ich konzentriere mich lieber auf das Marketing und die strategische Entwicklung, so wie ich es seit meinem Einstieg ins Unternehmen gehalten habe.

Wohin soll sich das Unternehmen unter Ihrer Führung entwickeln?

Wir sind heute im Kernbereich Kabelnetzbetreiber und IT-Dienstleister. Mit meinem Team beobachte ich den Markt sehr genau. Der Trend geht in Richtung zeitversetztes Fernsehen und Clouds. Aber auch die Geschäftsmodelle werden sich ändern, etwa in Richtung IP-TV anstatt des bisherigen linearen Fernsehens. An diese neuen Strukturen werden wir andocken müssen. Darüber hinaus wollen wir das Firmenkundengeschäft noch stärker ausprägen.

Wie haben Sie als Nachfolger die Übernahme finanziert?

Anfang 2011 wurde die Unternehmensnachfolge innerhalb der Familie abschließend beraten und umgesetzt. Durch die zu diesem Zeitpunkt geltende Regelung des Erbschaftsteuergesetzes wurde das Erfolgsmodell Familienunternehmen gefördert. Unter Einhaltung bestimmter Kriterien musste keine Erbschaftsteuer entrichtet werden. Da unser Eigenkapital dadurch nicht angegriffen wurde, konnten die Investitionskraft unseres Familienunternehmens und Arbeitsplätze erhalten werden. Weil meine Eltern ihre Geschäftsanteile zudem bedingungslos übergeben haben, benötigte ich keine Finanzierung durch eine Bank.

Herr Tiemann, vielen Dank für das Gespräch.

Kurzprofil RFT Kabel Brandenburg GmbH

Gründungsjahr 1992
 Branche Telekommunikation
 Unternehmenssitz  Brandenburg/Havel
 Umsatz 2014 20 Mio. Euro
 Mitarbeiterzahl  130

www.rftkabel.de

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