Übernahmen von Unternehmen in der Krise

Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen ist rückläufig. Der Anteil älterer Unternehmen, die in Schieflage geraten, nimmt hingegen zu. Hier bietet sich für erfolgreiche Konkurrenten die Chance, durch eine Übernahme die eigenen Kapazitäten rasch auszubauen.

Die Spielregeln für den Kauf eines insolventen Unternehmens unterscheiden sich jedoch erheblich von denen einer normalen Unternehmenstransaktion. In der Krise ist Eile geboten. Aus Sicht des Erwerbers ist die Insolvenz eines geeigneten Zielunternehmens schwer plan- und vorhersehbar. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, muss er flexibel und kurzfristig reagieren. Langwierige Transaktionsprozesse kann sich ein kriselndes Unternehmen nicht leisten.

Erwerb vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Wenn es zur Abwendung des Insolvenzantrags schnell gehen muss, könnte der Erwerb des Krisenunternehmens im Wege eines Share Deals verlockend wirken. An der finanziellen Situation des Unternehmens ändert der Anteilserwerb nichts. Die Verbindlichkeiten und Verpflichtungen verbleiben beim erworbenen Rechtsträger, nur der Gesellschafter ändert sich. Die finanziellen Herausforderungen des Käufers liegen neben dem Aufbringen des Kaufpreises im notwendigen Beitrag zur finanzwirtschaftlichen Sanierung. Für eine Due Diligence bleibt in der Krisensituation meist wenig Zeit. Ein unbedachter Erwerb kann aber schnell zum Fass ohne Boden werden. Werden Probleme übersehen und misslingt die Sanierung, sind der Kaufpreis und die Investitionen dahin, von der Reputation des gescheiterten Käufers ganz zu schweigen.

Erwirbt der Erwerber das Unternehmen vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens im Rahmen eines Asset Deals, können zwar die Schulden beim Verkäufer zurückgelassen werden. Reicht der Kaufpreis aber nicht aus, um die Gläubiger des Verkäufers zu befriedigen, fällt dieser trotzdem in die Insolvenz. Der Käufer riskiert dann die Anfechtung der Unternehmenstransaktion durch den Insolvenzverwalter wegen Gläubigerbenachteiligung. Der Insolvenzverwalter kann im Anschluss die gekauften Gegenstände vom Käufer zurückholen, um den Erlös unter den Gläubigern zu verteilen. Der Käufer erhält im Gegenzug den gezahlten Kaufpreis allerdings nur in Höhe der Insolvenzquote zurück.

Erwerb nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Das Risiko einer gescheiterten Sanierung durch den Käufer (Share Deal) oder einer Anfechtung (Asset Deal) lässt sich vermeiden, indem der Käufer das Unternehmen vom Insolvenzverwalter erwirbt. Das Abwarten der Insolvenz führt natürlich zu einem Makel des Zielunternehmens und erschwert mitunter dessen Sanierung. Enttäuschte Lieferanten oder Kunden könnten zukünftig auf eine Zusammenarbeit verzichten. Dies mag aber hinnehmbar sein, insbesondere wenn der Käufer selbst ausreichend Nachfrage hat.

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