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Überleben in schwierigen Zeiten

Die Ukraine, Russland, China, Brasilien – überall auf der Welt färben Probleme immer mehr auf die Wirtschaft der Länder ab. Auch die deutsche Wirtschaft, deren Firmen dorthin exportieren, bleibt davon nicht unberührt.

Vor einem Jahr schien der Konjunkturoptimismus noch grenzenlos zu sein, mittlerweile haben sich die Erwartungen allerdings zunehmend eingetrübt. Deutlich bei den Unternehmern, noch deutlicher bei den Finanzexperten. Das unterstreicht eine aktuelle Umfrage des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Noch bis Ende letzten Jahres waren deren Finanzprofis optimistisch, doch dann braute sich vieles zusammen: die Sorge um die Schwellenländer, die sich verschärfende Ukraine-Krise. Seit mehr als fünf Monaten in Folge haben sich die Konjunkturerwartungen eingetrübt. Von daher dürfte das bis dato hohe Wachstumstempo der deutschen Wirtschaft nicht zu halten sein und die Frühjahrsbelebung dürfte schwächer ausfallen als bislang erwartet.

Weltweite Probleme

Die schwelende Ukraine-Krise, die auch Russland sein ganzes Wachstum kostet, und die unerwartet starke Konjunktureintrübung in China wiegen schwer. Der Einzelhandel, die Produktion, der Immobilienmarkt, so gut wie alles in China weist im Moment Bremsspuren auf. Zeitgleich machen auf der anderen Seite des Globus, in Brasilien, die großen Ungleichgewichte Land und Leuten immer mehr zu schaffen. Die Schere zwischen Arm und Reich, die Schieflage im Handel, die Korruption sind kaum noch in den Griff zu bekommen. Zur Fußball-Weltmeisterschaft läuft nichts mehr rund, außer dem Ball. Zumindest in Wettbüros wird Brasilien als zukünftiger Fußball-Weltmeister gehandelt.

Zeichen erkennen

Auch in den Führungsetagen deutscher Unternehmen macht sich in jüngster Zeit immer mehr Unbehagen breit. Jeder kluge Unternehmer und verantwortungsbewusste Manager sollte jetzt die Effizienz seiner Geschäftstätigkeit nüchtern und mit Mut zur Wahrheit analysieren. Nach wie vor gilt die alte Binsenweisheit: „Nichts ist für die Ewigkeit. Wer in guten Zeiten nicht für die schlechten vorsorgt, wird eines nicht allzu fernen Tages bitter erwachen.“ Dabei kommt es insbesondere auf vier Indikatoren an.

Die Ukraine, Russland, China, Brasilien – überall auf der Welt färben Probleme immer mehr auf die Wirtschaft der Länder ab. Auch die deutsche Wirtschaft, deren Firmen dorthin exportieren, bleibt davon nicht unberührt.

1. Kostenstruktur

Zu hohe Fixkosten sind tödlich, da diese die Marge bei einem Konjunktureinbruch extrem schnell zusammenschmelzen lassen und Unternehmen in die Verlustzone geraten. Unverändert gilt die alte Regel, dass der Break-even bei einer Kapazitätsauslastung von 70% zu erreichen ist. Liegt die Quote darüber, ist bereits Gefahr im Verzuge. Schnell muss dann geprüft werden, wie die Kostenstruktur flexibler gestaltet werden kann. Hektische Sparprogramme allein bringen nichts und sind oft reiner Aktionismus. Auf die Strategie kommt es an. Es muss analysiert werden, welcher Teil der Wertschöpfung Kern-Know-how darstellt und welcher outsourcebar ist, da nicht Kernkompetenz und daher am Markt günstiger zu beziehen. Darüber hinaus sind alle Leistungen auf ihren Wertschöpfungsbeitrag zu überprüfen. Nice-to-have-Leistungen sind systematisch zu entrümpeln und darüber hinaus Komfortzonen in der Organisation zu eliminieren. Unsere Erfahrungen zeigen, dass im Regelfall auch bei vermeintlich gut aufgestellten Unternehmen Einsparpotenziale zwischen 15% und 20% realisierbar sind.

2. Diversifikation

Immer wieder sehen wir Unternehmen, die, um sich konjunkturell unabhängiger zu machen, in neue Geschäftsfelder investiert haben. Diese werden nach den eingeübten Erfolgsmustern betrieben, passen allerdings häufig nicht. Ein Komponentengeschäft tickt beispielsweise nach ganz anderen Erfolgsfaktoren als ein Anlagenbau. Wird dieses nicht berücksichtigt, sind die Probleme vorprogrammiert. Häufig treten diese aber durch Quersubventionierung nicht sofort zu Tage. Hier heißt es dann, entweder man managt das Geschäftsfeld unter Berücksichtigung der relevanten Erfolgsfaktoren oder man desinvestiert. Ein nicht beherztes Eingreifen macht ansonsten aus der Diversifikation eine Tropfsteinhöhle mit der Gefahr, dass die permanenten Sickerverluste auch dem Kerngeschäft die vielleicht später dringend benötigte Liquidität entziehen. So wird aus der Diversifikation ein nicht mehr beherrschbares Abenteuer.

3. Liquidität und Eigenkapital

Beides muss für Krisenzeiten in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen. Die Verwerfungen und Pleiten in der Solarbranche geben Einblick, was passiert, wenn die Kriegskasse nicht entsprechend gefüllt ist. Das heißt neben einer ausreichenden Eigenkapitalversorgung, einer zum Geschäft passenden Debt Capacity – idealerweise sollten die Nettoschulden das 2,5- bis 3-Fache des EBITDA nicht überschreiten –, benötigt das Unternehmen genügend Finanzierungsspielraum, um auch Zahlungsverzögerungen auf Kundenseite aussteuern zu können. Oftmals ist jedoch die Finanzierung viel zu sehr auf Kante genäht. Das 1-1,5-Fache des Monatsumsatzes sollten als Spielraum vorhanden sein. Striktes Working Capital Management mit Fokus auf Debitoren, Kreditoren und Vorratsbestand ist daher nicht eine lästige Aufgabe, sondern muss Managementphilosophie sein. Wir haben immer wieder gesehen, dass hier Verbesserungen von bis zu 20% bei striktem Durchforsten der Reservepotenziale zu erzielen sind.

4. Kapitalbeschaffung

Ist dies nicht der Fall, müssen aus dem Gesellschafterkreis – vorausgesetzt, eine überzeugende Strategie zu Fortbestand und Weiterentwicklung des Unternehmens liegt vor – Kapitalerhöhungen vorgenommen werden. Ein weiteres probates Mittel ist, neue Gesellschafter oder Kapital von Private-Equity-Investoren aufzunehmen, um auf der einen Seite die ausreichende Kapitalversorgung und auf der anderen Seite notwendige Wachstumsmöglichkeiten abzusichern. Auch die Möglichkeit von Hybridfinanzierungen wie Mezzanine-Kapital gehört zum relevanten Set zur Verfügung stehender Kapitalquellen. Möglich ist auch – wenn das strategische Konzept überzeugend ist –, mit Anleihen in den Markt zu gehen, um sich auf diesem Weg einen Liquiditätsvorrat für schlechte Zeiten zu beschaffen.


Zur Person

Thomas A. Kolaja ist Geschäftsführer der Alvarez und Marsal (M&A) Deutschland GmbH. Seit Gründung im Jahre 1983 zählt A&M zu den international führenden Anbietern von Programmen zur ganzheitlichen Wertsteigerung von Unternehmen, von Sanierungsberatung, Interim-Management, Transaktionsberatung sowie Programmen zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität. Weltweit sind 2.200 Mitarbeiter an 44 Standorten in Nordamerika, Europa, Asien, Mittel- und Nahost und Lateinamerika tätig. www.alvarezandmarsal.de

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