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Über Österreich nach Südosteuropa

Türdichtungen und Gebäudetechnik

Polymerbasierte Lösungen in den drei strategischen Geschäftsfeldern Bau, Automotive und Industrie sind die Stärken der Rehau-Gruppe. Polymere sind Kunststoffe, aus denen u.a. Dichtungen und Schläuche hergestellt werden. Rehau ist sowohl in der Material- und Systementwicklung als auch in der Oberflächentechnik tätig. So zählen im Automotive-Bereich beispielsweise Hydraulik-Schläuche für Cabrio-Dächer sowie Türdichtungs- und Stoßfängersysteme zur Produktpalette. Im Bau sind es Fenster- und Fassadensysteme, Gebäudetechniksysteme mit Trinkwasserrohren sowie Wärmepumpen für den Bereich regenerative Energien. Auch Kühlschrankdichtungen und Profilkanten für Möbel stellt Rehau her.

In über 50 Ländern vertreten

Das nach Kriegsende im oberfränkischen Ort Rehau gegründete Familienunternehmen errichtete bereits 1956 seine erste Auslandsniederlassung, und zwar in Österreich. Nach der Etablierung in Deutschland und den westlichen Nachbarländern expandierte das Unternehmen im Laufe der Jahrzehnte weiter – nicht nur in Europa, sondern auch nach Nordamerika, Asien und Australien. Heute ist Rehau in über 50 Ländern vertreten und hat weltweit etwa 15.000 Mitarbeiter, davon rund 7.000 in Deutschland. Auf dem Weg zur heutigen Marktstellung und Internationalisierung lag 2007 eine weltweite Neuausrichtung der Führungsstruktur innerhalb der Rehau-Gruppe. „Die Unternehmensleitung in Deutschland hatte sich bewusst entschieden, die Federführung für Südosteuropa an das Headquarter in Guntramsdorf bei Wien zu übergeben“, sagt Rafael Daum, seit 2010 Leiter (CEO) des Headoffice für die Region SE.

Markt- und Kundennähe sind Trumpf

Mit Blick auf Südosteuropa bietet Österreich einen Standortvorteil – geografisch, sprachlich und mental. Die Umsatzverantwortung für die Region SE liegt in Wien. Markt- und Kundennähe seien Schlüsselfaktoren zum Erfolg, sagt Daum. Deshalb habe Rehau auch so viele Niederlassungen und Vertriebsbüros in Südosteuropa. „Wir haben in den Ländern nicht nur Vertriebsmannschaften, sondern bieten auch Schulungen für unsere Kunden an, z.B. für technische Anwendungen oder auch für kaufmännische Dinge etc.“. Zur Region SE, umsatzmäßig die zweitgrößte in der Gruppe, gehören fast alle Länder von Tschechien über Kroatien bis zur Türkei, von der Ukraine über Bulgarien bis Zypern.

ABA unterstützt in Österreich

Unterstützung bei der Etablierung von Österreich als Brückenkopf für die weitere Expansion in die Region bot die Austrian Business Agency (ABA). „ABA – Invest in Austria“ ist die erste Anlaufstelle für ausländische Unternehmen, die in Österreich eine eigene Gesellschaft gründen wollen. „Wir beraten interessierte Unternehmen kostenlos bei allen standortrelevanten Fragen“, erklärt Martin Müllner, Direktor des ABA-Bereichs „Headquarter and Corporate Development“. Dazu zählen die Standortwahl innerhalb des Landes, arbeits- und steuerrechtliche Fragen, die Suche nach Kooperationspartnern, der Kontakt mit Behörden etc. Allein im Jahr 2010 konnte ABA – Invest in Austria 198 Unternehmen mit Investments in Höhe von 221 Mio. EUR bei der Ansiedlung beraten. Mehr als ein Drittel der Firmen stammt aus Deutschland.

200 Headquarter in Wien

Zurzeit haben rund 300 Unternehmen, ein Drittel davon aus Deutschland, ihr Osteuropa-Headquarter in Österreich. Mit 200 Headquartern hat Wien allein mehr als die Konkurrenz aus Prag, Bratislava und Budapest zusammen. Müllner: „Als Ausgangspunkt, um den ost- und südosteuropäischen Markt zu bearbeiten und die dortigen Vertriebsaktivitäten zu steuern, ist ein Headquarter in Österreich sehr sinnvoll, wobei sich Wien eben ganz besonders eignet.“ In der Hauptstadt haben viele internationale Institutionen mit Osteuropa-Bezug ihren Sitz. Bei der Expansion von Österreich aus in andere Länder erhalten Unternehmen Unterstützung durch die Wirtschaftskammer Österreich, die spezifische Beratung zu einzelnen Themen und Staaten anbietet.„Die Kunden wollen interkulturell abgeholt werden“
Interview mit Mag. Rafael Daum, CEO der Region SE, Rehau-Gruppe

Unternehmeredition: Herr Daum, welche Vorteile bietet Österreich als Brückenkopf für die Expansion Ihres Unternehmens nach Südosteuropa?
Daum: Zunächst einmal besteht hier eine sehr gute geografische Anbindung, z.B. gibt es Flugverbindungen von Wien in jede größere Stadt. Zweitens bestehen historisch durch die ehemalige kuk-Monarchie Österreich-Ungarn noch gewisse Affinitäten in der Bevölkerung. Und drittens ist die österreichische Mentalität der südosteuropäischen Mentalität näher als die deutsche. In Österreich menschelt es ein bisschen mehr. Wenn Sie sofort mit Zahlen und Fakten anrauschen, kommen Sie nicht so gut an die Menschen heran. Die Kunden wollen interkulturell abgeholt werden – man sollte sich auch privat für das Gegenüber interessieren, partnerschaftliches Verhalten zeigen und nicht das Ganze nur rein arbeitsmäßig abwickeln.

Unternehmeredition: Was leistet das Headquarter für die vielen Mitarbeiter in der Region?
Daum: Von Österreich aus werden heute in der Region SE rund 1.450 Mitarbeiter in 19 Ländern, wenn man Österreich selbst auch mitzählt, betreut. Wir bieten Unterstützung in vielen Bereichen – Finance, Human Resources, Anwendungstechnik, Supply Chain Management, IT und Marketing. Die Mitarbeiter in der ganzen Region haben in Wien Ansprechpartner, die ihre Kultur und Mentalität verstehen. Unter unseren 450 Beschäftigten hier im Headquarter haben wir Mitarbeiter aus 15 Nationen.

Unternehmeredition: Spielt das Thema „Made in Germany“ aus Ihrer Sicht immer noch eine große Rolle?
Daum: Unbedingt, das zahlt sich auch in Ost- und Südosteuropa ganz besonders aus. Deutsche Produkte bürgen für hohe Qualität und den letzten Stand der Technik. Und um die Kundenbindung nochmal anzusprechen: Zusammen mit der Mentalität, also dem Menschelnden aus Österreich, bietet dies eine sehr gute Mischung für den Vertriebserfolg.

Unternehmeredition: Wo wollen Sie in den kommenden Jahren noch expandieren?
Daum: Größere Wachstumschancen bietet insbesondere der Bereich regenerative Energien – mit Wärmepumpen, Solartechnik etc., wobei Rehau beispielsweise eine eigene hausinterne Heizungs- und Regelungstechnik entwickelt hat. In Mittel- und Ost- bzw. Südosteuropa wird in den kommenden zehn bis 20 Jahren noch viel in Gebäudesanierung und -renovierung investiert werden – mit der Betonung auf Energieeffizienz, geringere Heizkosten und umweltgerechte Energiequellen. Aus geografischer Sicht sehe ich hier noch drei besonders dynamische Märkte mit großem Potenzial für Rehau: die Türkei, Russland und die Ukraine. Die Themen Wassermanagement, erneuerbare Energien und Energieeffizienz sind in der Bevölkerung dort bisher kaum verankert.

Unternehmeredition: Herr Daum, vielen Dank für das Gespräch.

Bernd Frank
redaktion@unternehmeredition.de

Kurzprofil Rehau Gruppe
Gründungsjahr: 1948
Branche: Polymere / Kunststoffe
Unternehmenssitz: Rehau (Franken)
Mitarbeiter: ca. 15.000
Umsatz 2010: ca. 2 Mrd. EUR
Internet: www.rehau.com

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