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„Uns Deutschen wäre ein Schiedsgericht oft lieber“

Ein Streitpunkt beim Thema TTIP sind Schiedsgerichte für den Investorenschutz. Amerikanische Unternehmen können damit ihr Recht auf Geschäftsabschluss durchsetzen, so die Befürchtung. Doch Schiedsgerichte würden genauso deutschen Unternehmen in den USA helfen. Und in Ländern, in denen kein Rechtsstaat herrscht, sind sie sowieso unabdingbar. Werkzeughersteller Bernd Supe-Dienes erklärt den Zusammenhang.   

Was sind die größten Vorteile von TTIP aus der Sicht eines Mittelständlers?

Supe-Dienes: Der freie Welthandel, der freie Austausch von Waren, Dienstleistungen und Geld, bildet die Basis für die Entwicklung des Mittelstandes seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Das ist die Voraussetzung dafür, dass wir unsere hochwertigen Artikel in anderen Märkten überhaupt absetzen können. TTIP ist vor diesem Hintergrund nur ein weiterer Schritt, diesen Welthandel auszubauen.

Deutschland hat schon viele Handelsabkommen geschlossen. Wieso erst jetzt eines mit den USA?

Vor allem Europa und die USA haben bis vor einiger Zeit immer versucht, über die Welthandelsorganisation und deren Vorgängerorganisationen zu einem allgemein gültigen Abkommen zu gelangen. Aber die Gespräche auf dieser multilateralen Ebene sind immer gescheitert. Jetzt bleibt keine andere Möglichkeit mehr, als bilaterale Handelsabkommen auszuhandeln. Viele Themen, die bei TTIP verhandelt werden, sind auch für andere Handelsabkommen wichtig. Deshalb könnte TTIP eine Art Blaupause für künftige Freihandelsabkommen sein.

Hierzulande entzündet sich Kritik an dem geplanten Investorenschutz über Schiedsgerichte. Wie sehen Sie das?

Ein typischer Fall, wo Investorenschutz ins Spiel kommt, ist der Atomausstieg in Deutschland. Wenn die Regierung sagt, wir wollen keine Atomkraft mehr, dann sind diejenigen, die in Atomkraftwerke investiert haben, auf einmal enteignet. So ein Problem muss man vor Gericht bringen können. Das können im diesem Fall sicherlich auch deutsche ordentliche Gerichte sein. Im Ausland wäre uns als Deutschen ein Schiedsgericht oft lieber.

Und wie ist das wohl aus Sicht der Amerikaner?

Ich denke mal genauso. Auch die Amerikaner würden sich wohl mit deutschen Gerichten arrangieren können. Aber wenn TTIP ein Modell für künftige Abkommen mit anderen Ländern sein soll, Ländern, die zum Beispiel kein Rechtsstaat sind, dann wird man auf Schiedsgerichte zurückgreifen wollen.

Worin sehen Sie die Gründe für die Ablehnung von Schiedsgerichten in Teilen der Öffentlichkeit?

Es gibt immer Gruppen, die sind gegenüber solchen Freihandelsabkommen kritisch. Die kommen meist mit fragwürdigen Argumenten und finden damit Anklang bei den Medien und schüren Ängste in der Bevölkerung. Mit rationalen Argumenten kommt man dagegen schlecht an.Ein Streitpunkt beim Thema TTIP sind Schiedsgerichte für den Investorenschutz. Amerikanische Unternehmen können damit ihr Recht auf Geschäftsabschluss durchsetzen, so die Befürchtung. Doch Schiedsgerichte würden genauso deutschen Unternehmen in den USA helfen. Und in Ländern, in denen kein Rechtsstaat herrscht, sind sie sowieso unabdingbar. Werkzeughersteller Bernd Supe-Dienes erklärt den Zusammenhang. 

Können die Verhandlungen zu TTIP denn noch Scheitern?

Das glaube ich nicht. Vor drei Jahren konnte man sich noch gar nicht vorstellen, dass wir einmal so weit kommen werden, wie wir schon sind. In dem Prozess hat sich eine spürbare Dynamik entwickelt. Beide Seiten müssten ein starkes Interesse daran haben, dass sie ein Abkommen zustande bringen. Ich sehe das ganz nüchtern. Wenn sich die asiatischen Länder immer weiter entwickeln und immer mehr Wohlstand erwerben, werden wir irgendwann abgemeldet sein. Wir haben nur dann eine Chance, an der Findung globaler Standards mitzuwirken, wenn wir einen großen Heimatmarkt haben. Diesen Markt könnten wir durch das transatlantische Freihandelsabkommen schaffen. Das gilt noch mehr für die Europäer als für die Amerikaner. Und erst recht für uns Deutsche, weil wir sehr stark auf den Export angewiesen sind. Man kann Dinge für den Export nur entwickeln, wenn man im Heimatmarkt die nötige Größe hat, damit sich die Entwicklungskosten amortisieren.

Welche Standards sind aus Ihrer Sicht besser, die europäischen oder die amerikanischen?

Nehmen wir als Beispiel die Umweltgesetzgebung. Wir in Deutschland haben mit den Umweltämtern ein sehr rigides System. Die Amerikaner haben das in ähnlicher Form auch. Es heißt eben anders und ist anders strukturiert. Die Nachdrücklichkeit und die Konsequenz, mit der Dinge umgesetzt werden, die einmal beschlossen wurden, die ist in den USA eher stärker als in weiten Teilen Europas.

Warum produzieren Sie in den USA?

Wir liefern in die USA, aber wir haben dort auch eine eigene Produktion. Die haben wir genau deshalb, weil die Systeme und Standards unterschiedlich sind, und wir auch auf dem amerikanischen Markt verkaufen wollen. Wenn wir TTIP bekommen, dann greift die volkswirtschaftliche Theorie der komparativen Vorteile noch stärker. Wenn man die Märkte zusammenführt, dann kann sich jedes Land, jeder Standort auf die Dinge konzentrieren, die dort am besten zu machen sind. Dadurch steigt die Wettbewerbsfähigkeit und gleichzeitig auch das Wohlstandsniveau.

Was sollte in dem geplanten Kapitel über kleine und mittlere Unternehmen stehen?

Ich möchte dafür plädieren, das Steuerrecht mittelstandsfreundlicher zu machen. Das ist schon in Deutschland ein kompliziertes Feld. Wenn es international wird, wird es schnell unüberschaubar. Wir müssen uns als Unternehmen nach immer komplizierteren Steuergesetzen richten. Man hat einfach keine Sicherheit, wie man das gestalten soll, um nicht in Schwierigkeiten zu kommen. Große Konzerne strengen in strittigen Fällen Vermittlungsverfahren an. Das ist für einen Mittelständler schlicht zu teuer. Die Kosten für den Steuerberater können dann schon mal den Streitwert übersteigen. Wir müssten im Außensteuerrecht so genannte Safe-Haven-Regelungen für geringe Geschäftsvolumina einführen. Für diese Fälle gibt es dann eine festgelegte Vorgehensweise, die nicht mehr einzelfallbezogen ist und die von keiner Steuerbehörde beanstandet werden kann. Dann fährt man als Unternehmen möglicherweise steuerlich nicht optimal, aber man hat Sicherheit.


Zur Person

Bernd Supe-Dienes ist Geschäftsführender Gesellschafter der Dienes Werke für Maschinenteile GmbH & Co. KG. Das Unternehmen aus dem bergischen Overath stellt industrielle Schneidwerkzeuge und –systeme her. www.dienes.de

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