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Trends in der Mittelstandsfinanzierung

Sobald besondere Inhalte oder komplexere Transaktionen finanziert werden sollen, treten Herausforderungen auf, die neue Lösungen abseits der Hausbank erfordern. Finanzierungsthemen verbinden sich zunehmend mit Strategiefragen, und die Breite der möglichen Investoren nimmt erheblich zu.

Ist 2017 das Jahr der Zinswende? Die Anzeichen dafür mehren sich. So hat die US-Notenbank Mitte März zum dritten Mal seit Ende 2015 die Leitzinsen angehoben. Bis Ende 2019 könnte der US-Leitzins auf 3,0 Prozent steigen. Sollten die Zinsen auch hierzulande wieder anziehen, werden bonitäts- und liquiditätsschwache Unternehmen Schwierigkeiten bekommen, die Produktion für das gestiegene Auftragsvolumen vorzufinanzieren oder auslaufende Finanzierungen zu refinanzieren. Damit verschärft sich ein Muster, das schon länger zu beobachten ist: Während sich „einfache“, besicherte Kreditfinanzierungen mit gutem Rating in aller Regel problemlos über die Hausbank abwickeln lassen, sind neue Lösungen erforderlich, sobald besondere Inhalte oder komplexere Transaktionen finanziert werden sollen. Das wissen auch die Firmen: 50 Prozent sehen einen positiven Zusammenhang zwischen einer breit aufgestellten Finanzierung und dem Unternehmenswachstum. Damit wird die Finanzierung immer mehr zum strategischen Faktor. Insbesondere drei Trends sind dabei zu beobachten:

Eintritt von Private Debt und internationalen Banken in den deutschen Fremdkapitalmarkt

Die Suche nach Rendite treibt verstärkt alternative Finanzierungspartner auf den deutschen Markt. Beispielsweise ausländische Banken, die den deutschen Mittelstand als attraktiven Zielmarkt ausgemacht haben, denen aber der Zugang zu den Unternehmen fehlt. Oder bankenunabhängige institutionelle Investoren wie Family Offices, Kreditfonds, Versicherungen oder Pensionsfonds. Allein Private-Debt-Fonds haben laut dem Datendienst Preqin knapp 200 Mrd. US-Dollar auf der hohen Kante. Und Pensionsfonds investieren verstärkt in alternative Produkte wie Schuldscheindarlehen, weil sie ihre festgeschriebenen Garantiezinsen sonst nicht mehr erwirtschaften können. Für weiteren Auftrieb dürfte eine aktuelle Entscheidung der BaFin sorgen: Anbieter von Private Equity und Private Debt, aber auch Hedgefonds dürfen inzwischen offiziell Darlehen an Unternehmen vergeben. Damit befinden sich bankenunabhängige Kreditgeber in Deutschland nicht länger in einer gesetzlichen Grauzone. Die alternativen Finanzierungspartner dürfen ihre Kredite zudem selbst restrukturieren, was bisher ausschließlich Banken im Sinne des KWG vorbehalten war. So können sie ihre Darlehensempfänger jetzt auch bei der Bewältigung schwieriger Finanzierungssituationen konstruktiv begleiten. Weil mit den Erleichterungen durch die BaFin auch höhere Anforderungen an das Risikomanagement einhergehen, werden die alternativen Kredite insgesamt deutlich wetterfester, womit ein wesentliches Gegenargument entfällt.

Zunehmende Bedeutung strategischer Partnerschaften

Das Gespenst des Protektionismus geht um. Angestachelt von US-Präsident Donald Trump drohen Handelsbarrieren weltweit zuzunehmen. Insbesondere für Mittelständler ist das fatal. Jetzt entscheidet sich in Märkten wie China das Rennen um die Poleposition in Wachstumsbereichen wie der Umwelttechnik oder Big Data. Wer da als kleineres Unternehmen nicht dabei ist, hat es hinterher schwer, eine starke Marktstellung aufzubauen. Alleine ist das sowieso kaum möglich. Deshalb werden strategische Partnerschaften immer wichtiger. Zumal chinesische Unternehmen zunehmend offener für Technologiekooperationen werden. Auch Minderheitsbeteiligungen sind längst kein Tabu mehr. Deutsche Unternehmen können das Risiko für den Markteintritt so erheblich reduzieren. Denn der chinesische Partner bringt in der Regel nicht nur umfassende Marktkenntnisse, ein etabliertes Vertriebsnetzwerk und wichtige administrative Kontakte in die Kooperation ein, sondern finanziert auch den Markteintritt sowie das künftige Wachstum. Mit Blick auf die verstärkten Kapitalverkehrskontrollen der chinesischen Regierung ist das ein entscheidender Vorteil: Sehen die Behörden, dass eine Partnerschaft auch zu Investitionen im Land führt, erleichtert das die Genehmigung erheblich.

Sobald besondere Inhalte oder komplexere Transaktionen finanziert werden sollen, treten Herausforderungen auf, die neue Lösungen abseits der Hausbank erfordern. Finanzierungsthemen verbinden sich zunehmend mit Strategiefragen, und die Breite der möglichen Investoren nimmt erheblich zu.

Wiederbelebung der Wachstumsfinanzierung über Club-Deals und den Kapitalmarkt

Die Investitionsbereitschaft im Mittelstand befindet sich auf einem neuen Allzeithoch. Immer häufiger wird Wachstumskapital dabei im Rahmen sogenannter Club-Deals bereitgestellt. Hierbei handelt es sich um Eigen- oder Fremdkapital, das von wenigen Partnern, beispielsweise Family Offices oder branchenerfahrenen Einzelinvestoren, privat platziert und direkt an ein Unternehmen ausgegeben wird. Die Finanzierungsvolumina liegen im Bereich zwischen 2 und 100 Mio. Euro, Empfänger sind meist Firmen, die kein Investment Grade Rating haben und sich in einer Expansionsphase befinden. Während Club-Deals üblicherweise außerhalb des Kapitalmarkts ablaufen, soll die EU-Kapitalmarktunion Mittelständlern weitere Möglichkeiten bieten, ihre Geschäfte über den Kapitalmarkt zu finanzieren. Bis alle Maßnahmen vollständig umgesetzt sind, wird es allerdings noch Jahre dauern. Gut, dass die Deutsche Börse mit dem neuen KMU-Segment schon deutlich weiter ist. Anfang März startete „Scale“ und möchte Mittelständlern eine effiziente Möglichkeit der Eigenkapitalfinanzierung bieten. Insbesondere die Finanzierungslücke von Venture Capital zur Börse dürfte sich dadurch verringern.

Fazit

Wenn die Zinswende tatsächlich über den Atlantik nach Europa schwappen sollte, dürften sich die hier skizzierten Trends noch verstärken. Denn viele Banken leiden unter niedrigen Betriebsergebnissen und sind deshalb vermehrt ins Risiko gegangen. Steigen nun die Zinsen, erhöht sich auch die Gefahr von Ausfällen und Wertberichtigungen. Mit der Folge, dass insbesondere eigenkapitalschwache Institute im Firmenkundengeschäft noch vorsichtiger agieren werden. Das ist die Chance für alternative Anbieter.


Zur Person

Axel Rose ist bei der BankM – Repräsentanz der biw Bank für Investments und Wertpapiere AG im Projektgeschäft tätig. Im Mittelpunkt dieser Tätigkeit steht die Finanzierung mittelständischer Unternehmen, für die BankM seit dem Jahr 2007 ein verlässlicher Partner am Kapitalmarkt ist.

www.bankm.de

 

 

 

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