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Totgesagte leben länger!

Deutschland ist eine der weltgrößten Exportnationen. Aber der Verkauf von Waren im Ausland ist für den Mittelstand mit spezifischen Risiken verbunden, insbesondere dann, wenn mit dem Abnehmer im Ausland noch keine Geschäfte abgeschlossen wurden oder wenn wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen im Absatzmarkt volatil sind. Doch die Gefahr von Zahlungsausfällen lässt sich absichern.

Fragile politische Lage in einigen Staaten

Es war der Export, der Industrienationen wie Deutschland über die schlimmsten Zeiten der Finanzkrise half. Dabei stabilisierten nicht nur aufstrebende Abnehmerländer wie Brasilien, Russland, Indien und China die deutschen Ausfuhren. Für den Mittelstand traten auch verstärkt Chancen in Ländern auf, die nicht jeden Tag in den Medien präsent sind: Thailand und Malaysia beispielsweise. Aber auch Staaten wie Aserbaidschan oder Kasachstan wiesen ein beeindruckendes Wirtschaftswachstum auf. Exportorientierten Unternehmen eröffneten sich dadurch neue Absatzchancen. Doch zugleich stiegen in anderen Märkten die Risiken, die politische und wirtschaftliche Situation in vielen Ländern ist heute fragiler als noch vor einigen Jahren. So kämpft etwa Vietnam seit Monaten mit einer Bankenkrise und die Lage in einigen Ländern Nordafrikas hat sich nach dem arabischen Frühling nur bedingt stabilisiert. Die volatilen Rahmenbedingungen veranlassen viele Exporteure dazu, ihre Verkaufserlöse einem ständigen Risikomanagement zu unterziehen. Gerade in den Ländern der „zweiten Reihe“, in denen kaum ein Mittelständler über Tochtergesellschaften verfügt, ist bei der Ausgestaltung von Zahlungsbedingungen aufgrund des fehlenden Know-hows über Land und Käufer Vorsicht geboten. Insbesondere beim Export von Investitionsgütern mangelt es häufig an regelmäßigen Geschäftserfahrungen mit einzelnen Abnehmern. Der Grund dafür ist, dass diese Kunden nicht permanent Ware abnehmen, sondern zwischen einzelnen Investitionsentscheidungen oftmals sehr viel Zeit vergeht, in der sich die wirtschaftliche Situation der Unternehmen stark verändern kann.

Akkreditiv bleibt „Instrument der Stunde“

Risiken, die sich hieraus ergeben, können Exportunternehmen jedoch mit dem zielgerichteten Einsatz traditioneller Absicherungsinstrumente begegnen (siehe Tabelle). Hier ist insbesondere das Akkreditiv hervorzuheben – auch wenn es aufgrund der „antiquiert“ erscheinenden Prozesse zuletzt immer wieder als „aussterbende Spezies“ bezeichnet wurde. Die Realität zeigt ein anderes Bild, getreu dem Motto: Totgesagte leben länger! Für hochvolumige Exporte von Investitionsgütern ist das (bestätigte) Akkreditiv nach wie vor das Instrument der Stunde. Der Übergang am Recht der Ware durch die Dokumente unter Einbindung der Banken von Importeur und Exporteur stellen eine nach wie vor sehr wichtige Funktion dar. Zudem ist das Akkreditiv ein sehr flexibles Instrument, das den meisten Vertragskonstellationen Rechnung trägt.

Neue BPO-Methode als Alternative

Ein interessantes neues Instrument zur Risikoabsicherung stellen die jüngst von der Internationalen Handelskammer in Paris (ICC) veröffentlichten Vorschriften der „Bank Payment Obligation“ (BPO) dar. Ähnlich wie bei einem Akkreditiv gibt die Bank des Importeurs ein unwiderrufliches Zahlungsversprechen ab auf Basis eines unbesicherten Geschäftes. Dieses Zahlungsversprechen kann in jeder Phase eines Geschäfts abgegeben werden und kann so als Sicherheit sowohl in der Vor-Versandphase als auch eines Zahlungszieles fungieren. Grundlage für das Entstehen der Verpflichtung bilden die Transaktionsdaten eines Geschäftes.

Weniger Verwaltungsaufwand

Der Vorteil der BPO-Methode: Der aufwändige Austausch von Dokumenten entfällt. Zudem kann eine Integration in die ERP-Systeme der Kunden zusätzliche Effizienzgewinne im Einkauf oder in der Finanzverwaltung schaffen. Auf der anderen Seite ist die technische Anbindung dieses Modells aufwändig und in der Praxis noch nicht verbreitet. Dennoch: Der BPO-Ansatz eignet sich insbesondere für Geschäftsbeziehungen zwischen Käufer und Verkäufer, die auf mittleren Auftragsgrößen und einer hohen Anzahl an wiederkehrenden Transaktionen fußt. Gerade im Geschäft mit asiatischen Partnern ist mit einem Durchbruch von BPO zu rechnen.

Wesentliche Instrumente zur Risikoabsicherung bei Exportgeschäften

Anzahlung
Je nach Höhe der Anzahlung reduziert der Exporteur direkt sein Zahlungsausfallrisiko, da das Geld bereits vor Auslieferung der Ware auf dem Konto ist. In der Praxis wird die Anzahlung jedoch nur zu einem bestimmten Prozentsatz geleistet (z. B. 10, 15 oder 20%), da die Risikosituation für den Käufer entsprechend invers ist.

Zahlungsgarantien

Die Zahlungsgarantie wird vom Käufer über dessen Hausbank zugunsten des Exporteurs erstellt. Da Garantien auf erstes Anfordern zu bezahlen sind, bieten sie eine hohe Sicherheit für den Begünstigten, sofern der Auftraggeber seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommt. Anders als beim Akkreditiv ist die Inanspruchnahme einer Garantie nicht vorgesehen, sondern bildet eher den Ultima-Ratio-Fall ab.

Inkasso

Sofern die Warenpapiere nur im Austausch gegen Zahlung an den Käufer ausgehändigt werden sollen, ist das Inkasso ein geeignetes Instrument. Allerdings trägt der Exporteur insbesondere für den Zeitraum zwischen Kaufvertragsabschluss und Zahlung das Risiko der Abnahme. Das Inkasso bietet den Vorteil einer kostengünstigen Abwicklung ohne Beanspruchung von Kreditlinien. Sofern ein Wechselinkasso gewählt wird, können auch Zahlungsziele vereinbart werden. Der Verkäufer trägt in der Regel jedoch nach wie vor das Zahlungsrisiko, der Wechsel bringt ihn aber in eine rechtlich bessere Position der Durchsetzbarkeit der Forderung.

Akkreditiv
Das Akkreditiv ist nach wie vor ein sehr weit verbreitetes Instrument zur Abwicklung von Exportgeschäften. Der Exporteur hat den Vorteil, dass er bereits ab dem Zeitpunkt des Zugangs eines Akkreditivs die Sicherheit hat, Zahlungen von der Bank des Käufers zu erhalten – solange er die Erfordernisse des Akkreditivs erfüllt. Durch eine Bestätigung oder stille Bestätigung kann der Exporteur sowohl das politische Risiko des Landes des Käufers als auch das wirtschaftliche Risiko der Auslandsbank von einer im Land des Exporteurs ansässigen Bank abnehmen lassen.

Kreditversicherungen
Marktfähige Risiken innerhalb kürzerer Laufzeiten (i.d.R. bis zwei Jahre) werden sehr häufig von privaten Kreditversicherern wie der Coface oder EulerHermes privat abgesichert. Die Policen sehen im Regelfall eine Eigenbeteiligung des Exporteurs bei einem Zahlungsausfall vor bei einem Deckungsanteil von bis zu 95%. Schwierigere Risiken und Risiken mit langer Laufzeit, für die es im privaten Kreditversicherungsmarkt keine Deckungen gibt, werden zumeist von den staatlichen Kreditversicherern gedeckt. Dort beträgt die Deckungsquote ebenfalls bis zu 95%.

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