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Tax Compliance

Der Fall Hoeneß wirkt: In der jüngeren Vergangenheit standen vermehrt steuerstraf- und ordnungswidrigkeitsrechtliche Sachverhalte von Unternehmen im Fokus der Finanzbehörden. Besonders für die Unternehmensleitung kann es brenzlig werden. Eine lückenlose Tax Compliance kann das Schlimmste verhindern.

Die Finanzverwaltung geht verstärkt dazu über, nicht nur medienwirksam Prominente, sondern auch bei Unternehmen die internen steuerlichen Prozesse auf ihre Fehlerhaftigkeit zu überprüfen – beginnend bei der Unternehmensführung. Verspätet oder unvollständig abgegebene Steuererklärungen und -anmeldungen werden zum Teil als Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung ausgelegt, selbst wenn die Berichtigung in einem anderem Anmeldungszeitraum noch nachgeholt wird. Eine Strafbefreiung im Wege der Selbstanzeige ist dann aus formellen Gründen – siehe Causa „Hoeneß“ – oft nicht mehr möglich. Mangelhafte Delegation, unzureichendes Reporting sowie eine fehlerhafte Überwachung ohne existierende Dokumentation können für die Unternehmensleitung empfindliche Folgen haben. Diese können sogar bis zur Unternehmensebene durchschlagen. Tax Compliance ist zwingend erforderlich.

Die Geschäftsleitung im Fadenkreuz

Aus zivilrechtlicher Sicht ist die Unternehmensführung zur Legalität verpflichtet. Hieraus resultiert die Pflicht zum Aufbau einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation, die so gestaltet ist, dass Verstöße gegen gesetzliche Pflichten vermieden werden. Für die Rechtsprechung liegt die Errichtung eines funktionierenden Compliance-Systems im Verantwortungsbereich der gesamten Geschäftsführung. Das gilt auch für die Tax Compliance. Verstöße können Schadensersatzansprüche durch die Investoren zur Folge haben.

Daneben kann die Geschäftsleitung strafrechtlich auch wegen Steuerhinterziehung für Verstöße gegen die ihr obliegenden steuerlichen Pflichten in Anspruch genommen werden. Wird die Straftat von einem Mitarbeiter des Unternehmens begangen, kann der Geschäftsleitung im Falle einer mangelhaften Organisation eine Tatbeteiligung durch Unterlassen vorgeworfen werden. Die Finanzverwaltung eröffnet bereits ein Steuerstrafverfahren, wenn die Geschäftsleitung trotz Kenntnis konkreter Anhaltspunkte (etwa Unregelmäßigkeiten beim Buchen des Vorsteuerschlüssels) sich der Folge einer möglichen Steuerverkürzung bewusst verschließt und keine Nachforschungen anstellt, um ihrer Verantwortung zu entgehen („Willful Blindness“).Der Fall Hoeneß wirkt: In der jüngeren Vergangenheit standen vermehrt steuerstraf- und ordnungswidrigkeitsrechtliche Sachverhalte von Unternehmen im Fokus der Finanzbehörden. Besonders für die Unternehmensleitung kann es brenzlig werden. Eine lückenlose Tax Compliance kann das Schlimmste verhindern.

Das Strafmaß ist schnell hoch

Der Strafrahmen einer begangenen Steuerhinterziehung sieht Freiheitstrafen bis zu fünf Jahren, in besonders schweren Fällen fünf Monate bis zehn Jahren oder eine Geldstrafe vor. Die Rechtsprechung sieht eine Bewährungsstrafe von mindestens einem Jahr bereits ab einem Hinterziehungsbetrag von 100.000 Euro vor. Haft von mindestens zwei Jahren ohne Bewährung ist ab einer Mio. Euro zwingend. Erleichterungen für Konzernsachverhalte und Großunternehmen sind wegen der Gleichheit vor dem Gesetz keine vorgesehen. So können daher Systemfehler (z.B. bei Lohnsteuer oder Umsatzsteuer) schnell die Schwellenwerte überschreiten, wenn diese sich unerkannt in hoher Zahl perpetuieren.

Zusätzlich drohen ordnungsrechtliche Konsequenzen für einfache interne Pflichtverstöße gegen Vorschriften und Gesetze in Folge einer schuldhaften mangelhaften Betriebsorganisation. Diese können mit einer Geldstrafe bis zu einer Million Euro je Einzelfall geahndet werden. Die jüngere Vergangenheit kennt namhafte Beispiele, in denen mehrfach Millionenbeträge gezahlt werden mussten. Obwohl entsprechende Diskussionen geführt werden, existiert in Deutschland noch kein Unternehmensstrafrecht. Allerdings können auch ordnungsrechtliche Sanktionen gegen das Unternehmen verhängt werden.

Die für Unternehmensorgane üblichen Directors’-&Officers’-Liability-Versicherungen bieten für ein vorsätzliches Organisationsverschulden in der Regel keinen Schutz. Bei grob fahrlässigem Handeln hat der Versicherer in der Regel gute Chancen, seinen Schutz einschränken.Der Fall Hoeneß wirkt: In der jüngeren Vergangenheit standen vermehrt steuerstraf- und ordnungswidrigkeitsrechtliche Sachverhalte von Unternehmen im Fokus der Finanzbehörden. Besonders für die Unternehmensleitung kann es brenzlig werden. Eine lückenlose Tax Compliance kann das Schlimmste verhindern.

Tax Compliance als Pflicht

Um sich dem Vorwurf des Organisationsverschuldens zu entziehen, ist daher die Errichtung eines Tax-Risk-Management-Systems mit einem eigenem Compliance Officer empfehlenswert – die sogenannte Tax Compliance. Nach der Siemens/Neubürger-Entscheidung des Landgericht München vom 10.12.2013 (Rs. 5HK O 1387/10) kann ein Vorstand seiner Organisationspflicht mit der Einrichtung eines geeigneten internen Risk-Management-Systems nachkommen. Erforderlich ist hiernach eine Analyse der unternehmensspezifischen Risiken, eine klare Zuordnung von Zuständigkeiten und Verantwortungsbereichen, die Einweisung und regelmäßige Schulung der Mitarbeiter (Kommunikation), die Dokumentation der getroffenen Maßnahmen sowie die Einführung eines geeigneten Reporting- und Kontrollwesens. Die Mitarbeiter müssen für die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung sorgfältig nach persönlicher (Zuverlässigkeit, Belastbarkeit) und fachlicher Qualifikation (Ausbildung, Erfahrung) ausgewählt werden. Das Tax-Risk-Management muss zudem Sanktionen für Zuwiderhandeln anordnen, sowie regelmäßig aktualisiert werden.

Zu beachten ist, dass auch der Mittelstand sich dem Thema Tax Compliance stellen muss. Das Kostenargument wird die Finanzverwaltung wohl nicht daran hindern, Versäumnisse der Organisation in der Vergangenheit als Anknüpfungspunkt für unbequeme Fragen aufzugreifen. Auch hier sollte daher der Mandant von seinem Berater intelligente Lösungen erwarten können.

Fazit

Die Errichtung einer funktionierenden Tax Compliance kann sowohl Haftungsrisiken als auch steuerstraf- und steuerordnungsrechtliche Risiken für die Unternehmensverantwortlichen reduzieren. Der Aufwand für die Errichtung eines solchen Compliance-Systems ist geringer verglichen mit den Beratungskosten für strittige Abwehrprozesse wegen einer unzureichenden Tax Compliance.


Zu den Personen

(© Pinsent Masons Germany LLP)

Werner Geißelmeier ist Rechtsanwalt und Partner, Veit Kachelmann Rechtsanwalt und Steuerberater. Beide sind tätig im Bereich Steuern bei Pinsent Masons in München. Pinsent Masons konzentriert sich auf die rechtliche Beratung von Mandanten aus dem Technologiesektor sowie den Branchen Energie, Finanzen und Infrastruktur. www.pinsentmasons.de

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