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Tabletten für die ganze Welt

Andreas Greither sieht in der Lohnherstellung einen Riesenmarkt für die Zukunft. In der Pharmabranche hat er es mit seinem Unternehmen Dragenopharm vorgemacht. Die Aenova-Gruppe, die mit Hilfe der Private-Equity-Gesellschaft Bridgepoint 2008 durch Fusion mit der Firma seines Bruders Peter Greither, Swiss Caps, entstanden ist, hat die Produktionsform des Outsourcing inzwischen kräftig auf andere Länder ausgeweitet. Nach ihrem Weiterverkauf an den Finanzinvestor BC Partners wird die internationale Strategie weiter vorangetrieben.

Finanzinvestor überträgt globale Perspektiven auf Beteiligungen

Unter der Führung von Andreas Greither hatte sich Dragenopharm vom bayerischen Tittmoning aus seit den 1980er Jahren mit Tabletten für zahlreiche Pharmaproduzenten in Lohnherstellung einen Namen gemacht. Swiss Caps, das Unternehmen von Peter Greither, war gleichzeitig vom nahen Bad Aibling aus mit Nahrungsergänzungsmitteln erfolgreich. Als der Finanzinvestor Bridgepoint zunächst 2005 Swiss Caps und zwei Jahre später Dragenopharm mehrheitlich übernahm, wurde eine zuvor schon, wenn auch mit unterschiedlicher Intensität, eingeleitete Internationalisierung schnell vorangetrieben. Bridgepoint, im heterogenen Private-Equity-Markt als Wachstumsinvestor positioniert, ist selbst global orientiert und überträgt diesen Anspruch auf seine Beteiligungen, derzeit an 48 Unternehmen, darunter Infront, die zweitgrößte Sportrechteagentur der Welt. „Wenn man alle Portfoliounternehmen als Gruppe sehen würde“, sagt Bridgepoint-Partner Uwe Kolb, „käme ein mittelschweres MDAX-Unternehmen mit knapp 6 Mrd. EUR Umsatz und 60.000 Mitarbeitern dabei heraus.“

Internationales Wachstum mit Megatrends

„Wir orientieren uns immer an Megatrends“, sagt Kolb. Bei Aenova waren dies vor allem zwei große Entwicklungslinien: Healthcare und Outsourcing. Nach Kolbs Einschätzung will „die ganze Pharmaindustrie primär nur noch forschen und Marketing machen“. Hinzu kommen als Wachstumstreiber immer mehr Generika aufgrund von Patentausläufen. Der Outsourcing-Trend zieht sich nach Kolbs Einschätzung quer durch die Wirtschaft, mehr und mehr auch im Ausland. In der Pharmaindustrie ist Aenova einer der führenden Anbieter in der Lohnherstellung mit eigenen Produktentwicklungskompetenzen. Die jährlichen Kapazitäten erreichen beachtliche Größenordnungen, unter anderem mit 16 Milliarden Weichgelatinekapseln und 10 Milliarden Tabletten. Das Unternehmen verfügt über sechs Produktionsstandorte in fünf Ländern: Deutschland, Schweiz, Frankreich, Rumänien und den USA. Aufs Ausland entfallen bereits mehr als 70% des Umsatzes, einschließlich der Lieferungen inländischer Kunden in andere Staaten. „Diesen Anteil kann man noch weiter ausbauen“, sagt Kolb.

Private-Equity-Gesellschaft „strategischer Partner auf Zeit“

Nachdem sich die beiden Unternehmen unter den Brüdern Greither über viele Jahre unterschiedlich entwickelt hatten, gab Bridgepoint den Anstoß für ihre Fusion. Seitdem hat sich der zusammengefasste Umsatz von 210 Mio. auf 275 Mio. EUR erhöht – „in einem Umfeld, in dem eher Abschwächungen und Preisdruck normal waren“, sagt Andreas Greither. Im Lauf der Bridgepoint-Beteiligung wurden fast 50 Mio. EUR investiert – nicht zuletzt, um die Kostenführerschaft mit modernsten Produktionsanlagen zu erreichen. Der Secondary-Buy-out an BC Partners im August 2012 für knapp 500 Mio. EUR war einer der größten Private-Equity-Deals 2012. Kolb sieht dies nicht als zu schnellen Wechsel: „Wir sind ein strategischer Partner auf Zeit.“

Ausblick: Weitere Zukaufstrategie
Beim Verkauf an BC Partners wurde nach Kolbs Worten Wert auf einen Investor gelegt, der die erfolgreich eingeschlagene Strategie samt Internationalisierung weiterführt. BC Partners hat weitere Akquisitionen angekündigt und relativ schnell für Aenova bereits den Dienstleister Temmler in Marburg zugekauft, der ebenfalls als Pharma-Auftragsproduzent arbeitet. Für dieses Jahr wird bei Aenova mit 10% Umsatzwachstum gerechnet. Der EBITDA, 2011 rund 43 Mio. EUR, soll entsprechend weiter wachsen. Das neue Gemeinschaftsunternehmen soll mit über 500 Mio. EUR Gruppenumsatz 2013 zum Marktführer in Europa und zur Nummer 3 im Weltmarkt aufsteigen. Für den nächsten Exit gelten vorerst wiederum alle drei Optionen als denkbar: Börse, Verkauf an einen strategischen Investor oder an einen weiteren Finanzinvestor. Am attraktivsten ist aus Sicht von BC Partners ein IPO.

Lorenz Goslich
redaktion@unternehmeredition.de

Kurzprofil: Aenova Holding GmbH
Gründungsjahr: 1949
Branche: Pharma
Unternehmenssitz: Pähl/Bayern
Mitarbeiter: 1.600
Umsatz 2011: 260 Mio. EUR
Internet: www.aenova.de

„Die Lohnherstellung ist eines der wichtigsten Gewerbe der Welt”

Interview mit Dr. Andreas Greither, Ex-Mitgesellschafter, Aenova Holding GmbH

Dr. Andreas Greither, Ex-Mitgesellschafter, Aenova Holding GmbH. Bild: Aenova Holding GmbH

Unternehmeredition: Wird Aeonova die Internationalisierung fortsetzen können?

Greither:
Ich bin generell sehr optimistisch für die Lohnherstellung, gerade auch im Ausland, so in Märkten wie Japan, China oder Australien. Wir bieten Vorteile, weil bei uns aus der Tätigkeit für viele Unternehmen Informationen auf hohem Niveau zusammenfließen. Gerade auch im Ausland benötigt man jeweils sehr spezielle Kenntnisse: Zulassung, Dokumentationen, Laboranalyse, Stand der Technik, Qualitätssicherung, Audits. Ich bin überzeugt, dass die Lohnherstellung in vielen Branchen eine starke Zukunft hat. Sie ist eines der wichtigsten Gewerbe der Welt.

Unternehmeredition: Warum haben Sie Ihr Unternehmen an einen Finanzinvestor verkauft?

Greither: Für die Börse waren wir nicht groß genug – obwohl es für mich ein Mordsspaß gewesen wäre, das Unternehmen als Aktiengesellschaft zu führen. Strategische Investoren tun sich in dieser Größenordnung schwer. Die Eigentümer sind meist so individuell und emotional und die Unternehmen so unterschiedlich, dass die Integration auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen kann. Regionale Banken sind mit Größenordnungen um die 100 Mio. EUR Umsatz überfordert, große Banken sind sehr zurückhaltend und nehmen sich lange Zeit – die der betreffende Unternehmer nicht unbedingt hat. Bei Bridgepoint dagegen war es ein sehr schlanker Prozess: Innerhalb von drei Monaten war der Verkauf abgeschlossen.

Unternehmeredition: Warum haben Sie überhaupt verkauft?

Greither: Es ging um die Zukunftssicherung des Unternehmens. Heute beschäftigen wir Mitarbeiter, die hätte ich mir gar nicht leisten können. Die wären früher auch nicht zu uns gekommen. Die Beteiligung von Bridgepoint hat ein anderes Renommee ermöglicht. Ich habe das Unternehmen mit 60 Jahren verkauft – zum perfekten Zeitpunkt: drei Monate vor der Finanzmarktkrise. Ich hatte das Glück, dass mein Bruder in der gleichen Situation war. Wir hatten beide ein Nachfolgeproblem. Dass die Familienunternehmen so vereint wurden, hatte Charme. Auch der Weiterverkauf an BC Partners wurde wieder äußerst sorgfältig vorangetrieben.

Unternehmeredition: Was würden Sie verkaufswilligen Unternehmern empfehlen?

Greither: Alles Persönliche – Kunstwerke, Hobbies, Vereinsmitgliedschaften – strikt vom Unternehmen trennen, früh Experten einschalten, sich über die Gesellschafterstruktur Gedanken machen. Am schwierigsten ist es, mit der neuen Freiheit umzugehen. Ich habe alles Mögliche aufgebaut: Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, ein nettes Hotel am Tegernsee, den „Westerhof“, und das Gym-Leistungszentrum für Kunstturnerinnen in Tittmoning.

Das Interview führte Lorenz Goslich.
redaktion@unternehmeredition.de

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