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Sparringspartner bei M&A-Transaktionen

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Aktuelle Studien zeigen, dass inzwischen etwa 50% der Familienunternehmen bei der Unter­nehmensnachfolge nicht innerhalb der Familie an die nächste Generation weiter­gege­ben, sondern an Strategen oder Finanzinvestoren verkauft werden. Familienunternehmen sind aber auch immer häufiger im In- und Ausland als Käufer aktiv, um sich breiter aufzustellen. Auch Veräußerungen von Teilbereichen oder Tochtergesellschaften kommen bei Familien­unternehmen im Rahmen von strategischen Neuausrichtungen regelmäßig vor. Dem Aufsichtsrat kommt hier eine maßgebliche Rolle bei der Vorbereitung und Umsetzung der M&A-Prozesse zu. 

Entsprechend der typischen Auf­gabenverteilung in Unternehmen hat der Vorstand die Gesellschaft operativ zu leiten und der Aufsichtsrat die Aktivitäten der Unternehmensleitung zu überwachen. Bei größeren M&A-­Transaktionen ist regelmäßig die Zustim­mung des Aufsichtsrats erforderlich. Insofern helfen Aufsichtsräte als Sparringspartner und Impulsgeber, notwendige Transformationsprozesse in Gang zu bringen, aber auch mögliche Risiken und Unwägbarkeiten von M&A-Prozessen entscheidend zu reduzieren.

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Transaktionserfahrung als Kompetenz im Aufsichtsrat

Neben den regulatorischen Voraussetzungen, die unter anderem das Aktiengesetz, der Deutsche Corporate Governance Kodex, die höchstrichterliche Rechtsprechung sowie die unterneh­mens­spezifische Governance regeln, sind auch die Arbeitsweise und Zusammensetzung von Aufsichtsräten für die Begleitung von M&A-Prozessen wichtig. Da der Aufsichtsrat bei größeren M&A-­Transaktionen seine explizite Zustimmung geben muss, bedarf es einer intensiven Beschäftigung des Gremiums mit einem M&A-Projekt bereits im Vorfeld einer anstehenden Transaktion. Inso­fern ist schon bei der Auswahl von Aufsichtsratsmitgliedern darauf zu achten, dass auch diese Transaktionskompetenz im Aufsichtsrat vertreten ist. Aufsichtsratsmitglieder begeben sich in die Gefahr einer persönlichen Haftung, wenn sie ihre Entscheidung über M&A-­Transaktionen auf der Basis unvollständiger rechtlicher und/oder wirtschaft­licher Informationen treffen. Zwar wird Vorstand und Aufsichtsrat durch die Rechtsprechung ein gewisser Handlungsspielraum im Rahmen der sogenannten Business Judgement Rule zugebilligt. Ein mögliches Haftungsrisiko kann aber nur dann vermieden werden, wenn die Entscheidungen auf der Basis ausreichend gesicherter Grundlagen getroffen werden.

Jedes Aufsichtsratsmitglied muss seine Entscheidungen ohne Eigeninte­r­essen, frei von sachfremden Motiven, auf Grundlage ausreichender Informationen gutgläubig zum Wohl der Gesellschaft treffen. Der Aufsichtsrat hat die Pflicht zur Selbstinformation. Insbeson­dere hat er sich bei einer anstehenden M&A-Transaktion über den Kaufpreis samt Nebenbedingungen, die Finan­zierung der Transaktion und mögli­che identifizierte Risiken zu informieren. Dafür kann er beispielsweise auf Berichte des Vorstands, externe Bewer­tungs­gutachten, eine Fairness Opinion und Marktanalysen zurückgreifen. Der Aufsichtsrat muss sich mit der M&A-­Transaktion aktiv befassen und darf nicht bloß die Entscheidungen des ­Vorstands absegnen. Immer häufiger geben daher Aufsichtsräte zusätzlich zum Vorstand eigene Analysen und Prüfungen bei separaten Gutachtern in Auftrag, um sich zu bestimmten Fragestellungen eine unabhängige Meinung zu bilden. Für das einzelne Aufsichtsratsmitglied empfiehlt es sich, den Informationsfluss gut zu dokumentieren und festzuhalten, welche Informationen für welche Entscheidung herangezogen worden sind.

Mögliche Rollen eines Aufsichtsrats

Ein qualifiziert besetzter Aufsichtsrat kann etwa bei einem Unternehmensverkauf dann Nutzen stiften, wenn im Unternehmen eine neue Führungskon­s­tellation entsteht. Seine Rolle als Sparringspartner für den abgebenden Unter­nehmer kann neben Bewertungsfragen von der Aufstellung eines Nachfolgeplans und der Formulierung von Auswahlkriterien für einen potenziellen Erwerber bis hin zu einer Notfallgeschäftsführung reichen. Dafür müssen die erforderlichen Qualifikationen im Gremium vorhanden sein.

Auch nach der Übergabe an den neuen Gesellschafter können dem Aufsichtsrat im Rahmen der reibungslosen Fortführung der Geschäfte wichtige Auf­ga­ben zukommen. So ist der ausscheidende Unternehmer häufig noch emotional, zum Teil aber auch noch konkret ope­rativ in Unternehmensentscheidungen eingebunden. Gleichzeitig will sich jedoch auch der Erwerber mit seinen Vorstel­lungen im Unternehmen posi­tio­­nieren. Der Aufsichtsrat kann in ­dieser Übergangsphase die Zusam­menarbeit zwischen beiden Parteien konstruktiv und gegebenenfalls vermittelnd begleiten. Ein Wechsel in den Aufsichtsrat kann dem ausscheiden­den Unternehmer die Übergangszeit erleichtern. Dadurch kann sich der Erwerber zugleich das Know-how des Verkäu­fers sichern. Allerdings empfiehlt es sich, dass in dieser Übergangszeit der Aufsichtsratsvorsitz von einer neutralen externen Person wahrgenom­men wird.

Sinnvolle Besetzung des Aufsichtsrats

Dem Aufsichtsrat kommt also im Rahmen einer Unternehmenstransaktion sowohl eine strukturierende als auch eine vermittelnde Aufgabe zu. Seine Neutralität beziehungsweise Objektivität machen ihn während des gesamten Prozesses zu einem wichtigen Ansprech­partner für alle beteiligten Personen. Dafür sollte er in seiner Struktur homogen und vor allem mit Vertretern mit unterschiedlichem qualifizierten Know-­how-Hintergrund besetzt sein. Aufsichts­ratsmitglieder müssen darüber hinaus über die erforderliche persönliche und soziale Kompetenz verfügen. Zugleich müssen sie in der Lage sein, dem Unternehmen auch zeitlich im erforderlichen Maß zur Verfügung zu stehen. Es versteht sich von selbst, dass Aufsichtsräte unabhängig sein müssen. Insofern scheiden als Mitglieder grundsätzlich alle Personen aus, die aufgrund von aktuel­len Geschäftsbeziehungen mit dem Unternehmen oder dem Unternehmer verbunden sind.

Zunehmend werden in jüngerer Zeit externe Persönlichkeiten mit entsprechenden Kompetenzen durch die Einschaltung professioneller Dienstleister gewonnen, die sich auf die Vermittlung von Aufsichtsräten spezialisiert haben. Gute Aufsichtsräte gibt es übrigens nicht zum Nulltarif. Ihre Vergütung sollte dem erforderlichen zeitlichen Aufwand und der Verantwortung angemessen sein. Gute Aufsichtsräte wollen ernst genommen werden, sie wollen sich mit ihren Ideen einbringen und beratend mitgestalten. Dann ist die Höhe ihrer Vergütung letztlich auch ein Zeichen der Wertschätzung ihrer Arbeit.

FAZIT

Ein gut besetzter Aufsichtsrat ist ein wichtiger Sparringspartner für den Unternehmer – auch bei M&A-Transaktionen. Er schafft eine Neutralität und hilft, mögliche Risiken zu vermeiden. Solange eine unternehmerische M&A-Entscheidung auf ausreichend gesicherten Entscheidungsgrundlagen in Form von um­fassenden rechtlichen und wirtschaftlichen Informationen basiert, minimiert sich auch das Risiko einer Haftung für den Aufsichtsrat. Daher ist es wichtig, dass gerade auch bei M&A-Transaktionen der Aufsichtsrat seinen Kontrollverpflichtungen nachkommt und sein Handeln akribisch dokumentiert.

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