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„Sicherlich war Druck da“

Dass sie den Spezialisten für Sonnenschutzsysteme von ihrem Vater einmal übernehmen würde, war für Angelique Renckhoff-Mücke schon immer vorstellbar. Dass es so schnell ging, eher nicht. Rückblickend würde sie jedoch alles nochmal genauso machen.

Unternehmeredition: Frau Renkhoff-Mücke, Sie sind bereits seit 15 Jahren an der Warema Spitze. Wann war für Sie klar, dass Sie das Unternehmen von Ihrem Vater übernehmen wollen?

Angelique Renckhhoff-Mücke leitet Warema seit 15 Jahren. Der deutsche Hidden Champion ist Weltmarktführer für Sonnenschutzsysteme.

Renkhoff-Mücke: Schon während der Schulzeit war das immer eine Option für mich. Nach dem BWL-Studium rückte der Gedanke jedoch erst einmal wieder in weite Ferne. Ich bekam zwei Kinder und kümmerte mich um die Familie.

Was war der Wendepunkt?

Eigentlich ein tragischer. Mein Vater wurde 1998 schwer krank. Zu diesem Zeitpunkt war die Familie relativ weit weg vom Unternehmen. Damals stellte sich die Frage, ob man ein Fremdmanagement installiert. Zumindest diesen Prozess wollte ich begleiten, damit die Familie eingebunden bleibt. Nach einem halben Jahr im Unternehmen und der Suche nach einem Manager habe ich beschlossen, selbst die Verantwortung zu übernehmen. Die Belegschaft unterstützte diesen Schritt. Sie hoffte, dass die Familie weiter am Ball bleibt.

Wie äußerte sich diese Hoffnung?

Sie gab mir das Vertrauen und die Zeit. Schon während der Schulzeit arbeitete ich im Unternehmen und absolvierte Praktika. Auch als ich nicht in der Firma tätig war, hielt ich den Kontakt und hatte zur Belegschaft ein gutes Verhältnis. Sie konnte mich einschätzen und erwartete Kontinuität.

Konnte Sie Ihr Vater in der Übergangsphase unterstützen?

Aufgrund seiner Krankheit leider nicht. Er war fast zwei Jahre lang in Kliniken und auf Kur. Vielleicht war es auch gar nicht schlecht, dass er nicht im Unternehmen war, weil ich mich deswegen in der Anfangszeit alleine durchkämpfen musste.

Verspürten Sie wegen der Krankheit Ihres Vaters einen besonders großen Druck, es richten zu müssen?

Sicherlich war ein gewisser Druck da. Es stellte sich die Frage, wie es weitergeht. Auch in der Belegschaft war eine große Unsicherheit zu spüren. Der Wunsch meines Vaters war es natürlich, das Unternehmen in Familienhand zu behalten. Er war jedoch sehr rational. Für ihn hatte die Sicherung des Unternehmenserfolgs einen höheren Stellenwert als eine Nachfolge in der Familie.Griffen Ihnen die Geschäftsführer unter die Arme oder bekamen Sie eher den Gegenwind zu spüren?

Es gab eine starke Führungsmannschaft, die das Unternehmen im Kern so weitergeführt hat. Das gab mir die Gelegenheit zuzuhören und zu verstehen. Auf der anderen Seite gab es auch eine gewisse Abwehrhaltung. Nicht überall bin ich mit offenen Armen empfangen worden.

Sonnensegel von Warema: Produziert wird in China, Ungarn und den Niederlanden.

Welche Hürden galt es zudem zu bewältigen?

Ganz wichtig ist es, sich den notwendigen Respekt zu erarbeiten, um von der Belegschaft und den Leistungsträgern akzeptiert zu werden. Das braucht viel Zeit und bedarf unzähliger Gespräche. Ganz wichtig ist das Zuhören. Man muss verstehen, wo die Probleme und die Herausforderungen liegen. Fühlen sich die Mitarbeiter verstanden und ernstgenommen, bekommt man auch die nötige Akzeptanz.

Was würden Sie rückblickend anders machen?

Vielleicht würde ich die eine oder andere Entscheidung anders treffen. Im Großen und Ganzen würde ich aber wieder alles genauso machen.

Ist es häufig der Fall, dass Mitarbeiter ihr Familienunternehmen behalten wollen?

Zwischen der Belegschaft und dem Inhaber besteht oft eine ganz besondere Beziehung. Der Inhaber hat in der Regel ein hohes Verantwortungsgefühl. Von der Belegschaft bekommt er das Gefühl der Sicherheit und des Vertrauens.

Welche Tipps können Sie denn Unternehmerinnen geben, die vor einer Nachfolge stehen?

Sie sollten sich Gedanken darüber machen, ob sie wirklich bereit sind, die Verantwortung und die Belastung auf sich zu nehmen. Entscheiden sie sich dafür, ist es wichtig, das Unternehmen zu verstehen, um später richtig agieren zu können. Doch auch unter Druck und widrigen Umständen können Frauen zupacken und erfolgreich sein.

Dennoch wird gerade Mal jedes zehnte Familienunternehmen an eine Frau übergeben. Woran liegt das?

Immerhin ist die Quote besser als bei Vorständen in DAX-Unternehmen. Natürlich kommen in erster Linie immer noch die Söhne zum Zuge. Das Verhältnis wird sich in den kommenden Jahren jedoch ändern. Ich bin davon überzeugt, dass immer mehr Väter die Qualitäten ihrer Töchter schätzen und abwägen, wer es denn besser kann.Auch aus Marketing-Gesichtspunkten kann es sinnvoll sein …

…kann aber nicht der ausschließliche Grund sein. Die Kompetenz muss vorhanden sein.

Wann sollten Unternehmer beginnen, sich über die Nachfolge Gedanken zu machen?

In dem Moment, in dem man ins Unternehmen einsteigt, sollte man sich bereits Gedanken machen – schon aus Sicherheitsaspekten. Es kann immer ein Unfall passieren. Dafür sollte man ein Worst-Case-Szenario in der Schublade haben.

Sollte man sich Hilfe von außen holen?

Das hilft häufig. Vor allem wenn Familienmitglieder Mitinhaber sind, ist es sinnvoll, Regeln aufzustellen, wie man die Nachfolge bestimmt.

Wie ist das bei Warema geregelt?

Wir haben eine Familienverfassung, in der für mich und meine drei Schwestern, aber auch für die künftige Generation Dinge klar geregelt sind.

Ihrem Vater war es wichtig, dass ein großer Teil der Wertschöpfung im Unternehmen bleibt. Die Konkurrenz ist stärker geworden, Outsourcing zum Trendthema geworden. Auch in der Sonnenschutzbranche.

In der strategischen Ausrichtung des Unternehmens hat sich viel geändert. Eine hohe Wertschöpfung ist jedoch nach wie vor eine unserer Stärken. Diese Tradition habe ich fortgeführt. Durch die Qualität und Flexibilität generieren wir Wettbewerbsvorteile.

Was hat sich strategisch verändert?

Warema ist heute internationaler aufgestellt. Als ich startete, war der Export ein Randthema, das auch nicht besonders unterstützt würde. Das hat sich maßgeblich geändert. Mittlerweile haben wir in China, Ungarn und den Niederlanden Produktionsstätten. Im Jahr 2000 hatten wir einen Exportanteil von 8%. Mittlerweile liegt dieser bei mehr als 20%. In Deutschland ist der Markt gesättigt. Hier werden wir künftig nur moderat wachsen. International besteht dagegen noch hohes Potenzial.

Die Markise, die mit der Handkurbel ausgefahren wurde, hat ausgedient. Wie wichtig sind für Sie Technologiethemen?

Extrem wichtig. Wir beobachten diese sehr genau. Die Steuerung von Rollos und Raffstores über das iPhone und iPad gibt es bereits. Der technologische Sprung in den vergangenen Jahren war enorm. Nur mit diesen Technologien kann Sonnenenergie effizient genutzt werden. Manuell würde man sicherlich den größten Teil falsch steuern.

Was ist denn der stärkste Umsatzbringer?

Der Raffstorebereich. Sie werden sowohl industriell als auch im Privatbereich verstärkt eingesetzt und verdrängen häppchenweise den Rollladen. Der Raffstore ist viel flexibler, mit ihm kann man die die Lichtverhältnisse im Raum viel besser steuern.

Wie stark ist die Marktstellung von Warema?

Wir sind der führende Sonnenlicht-Manager in Europa und sind dabei, weltweit unsere Position aufzubauen. Die Märkte genau abzugrenzen fällt jedoch schwer.


Zur Person

Nach der Lehre zur Bankkauffrau und dem Studienabschluss als Betriebswirtin trat Angelique Renkhoff-Mücke 1998 in das von ihrem Vater gegründete Unternehmen ein. 2011 wurde sie zur Vorstandsvorsitzenden berufen und ist seither für den Erfolg der gesamten Unternehmensgruppe verantwortlich. Warema ist ein familiengeführtes Unternehmen, das sich auf das aktive Sonnenlicht-Management spezialisiert hat. Derzeit beschäftigt Warema gruppenweit ca. 3.400 Mitarbeiter und erzielte 2012 einen Jahresumsatz von 372 Mio. EUR. www.warema.de

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