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Ergänzende Zukäufe

In Bayern stand der Name Haindl für eine Familiendynastie, die in der Papierproduktion zu Hause war. Heute beteiligt sich einer der Söhne, Philipp Haindl, mit der Beteiligungsgesellschaft Serafin Unternehmensgruppe an Mittelständlern.

Es war 2001, als die 32 Nachkommen des alteingesessenen Augsburger Papierherstellers ihr Unternehmen für 3,6 Mrd. Euro an den finnischen Konzern UPM-Kymmene verkauften. Rund 150 Jahre nach seiner Gründung war der zeitweilig größte deutsche Papierhersteller mit zuletzt 4.300 Mitarbeitern von der deutschen Unternehmerlandschaft verschwunden. Zu der Zeit studierte Philipp Haindl noch. Neun Jahre später gründete er dann in München mit zwei Partnern die Serafin Unternehmensgruppe. Eine Beteiligungsgesellschaft, mit der er an die Unternehmertradition der Familie anknüpfen will. Sein Ziel: Sich an mittelständischen Unternehmen zu beteiligen und eine Industriegruppe aufzubauen, die einen Jahresumsatz von einer Mrd. Euro erreichen soll.

 

Bohrer von Heller: Sie werden im gewerblichen Bereich eingesetzt.

Prominente Unterstützung

Die Hälfte des Etappenziels hat er bereits erreicht. Die 15 Unternehmen, an denen er beteiligt ist, erwirtschaften schon jetzt mit 3.300 Mitarbeitern einen Umsatz von mehr als 500 Mio. Euro. Unterstützung erhält Haindl vom früheren Siemens-Chef Heinrich von Pierer oder dem früheren Gründer des Modekonzerns Escada, Wolfgang Ley. Bei seinen Beteiligungen konzentriert sich der Serafin-Gründer auf mittelständische Unternehmen in Deutschland, der Schweiz und Österreich mit einem Jahresumsatz zwischen 20 und 100 Mio. Euro. „Das können sowohl Familienbetriebe sein, die keinen Nachfolger gefunden haben, als auch Unternehmen, die aus Konzernen wieder ausgegliedert werden sollen“, schildert Haindl seine Buy-and-Build-Philosophie. „Wichtig ist, dass die Produkte auch in zwanzig Jahren noch ihre Daseinsberechtigung haben und die Unternehmen langfristig entwickelt werden können.“

Amerikanischer Investor reduzierte Portfolio

So kam 2014 auch der Hersteller von Bohrern für den gewerblichen Gebrauch, die Heller Tools GmbH, ins Portfolio von Serafin. Das Unternehmen wurde 1993 mangels Nachfolger aus der Familie erst an einen holländischen Finanzinvestor und von diesem dann 2003 an den US-amerikanischen Mischkonzern lllionois Toolworks Inc. (ITW) in Glenview verkauft. Die Amerikaner wollten sich in der Sparte Construction konsequent auf den Bereich Befestigungstechnik spezialisieren und kauften weltweit passende Unternehmen dazu. „Wir waren jederzeit eigenständig und konnten dadurch den Produktionsstandort in Dinklage signifikant ausbauen“, erinnert sich Frank Schubert, einer der beiden Geschäftsführer, an die Zeit zurück. Doch am Ende hatte ITW mehr als 750 Unternehmen in seiner Holding zusammengefasst. Zu viel, um die geplante Refokussierung auf das Kerngeschäft zu realisieren. Ein Verkauf von Heller schien sinnvoll.

In Bayern stand der Name Haindl für eine Familiendynastie, die in der Papierproduktion zu Hause war. Heute beteiligt sich einer der Söhne, Philipp Haindl, mit der Beteiligungsgesellschaft Serafin Unternehmensgruppe an Mittelständlern.

Investitionen auch ins Personal

Serafin griff zu und erweiterte die Produktpalette seiner Beteiligungen um Hersteller von Bohrern. Wieder etwas Neues, nachdem Haindl schon in einen Kerzenhersteller und in einen von Bodenbelägen und Verpackungsfolien investiert hatte. Gemeinsam mit dem bisherigen Management begann Serafin das Unternehmen aufzubauen. „Wir haben nicht nur in Maschinen, sondern auch in Personal investiert, um den weltweiten Vertrieb zu stärken“, so Geschäftsführer Schubert. In Frankreich, China und Russland wurden neue Märkte erschlossen. Mehr als fünf Mio. Euro investierte Serafin. „Den Kaufpreis haben wir ohne Bankkredite bezahlt“, so Investor Haindl. „Das ermöglicht uns, das Unternehmen nachhaltig und ohne spätere Verkaufsabsichten zu entwickeln.“ Zudem sah er sich auf dem Markt um, welche Unternehmen noch zu Heller passen könnten, und fand vor wenigen Wochen im Bohrerhersteller Keil aus Engelskirchen einen passenden Kandidaten. Dessen bisherige Eigentümer Petra und Jürgen Bergfelder waren auf der Suche nach einem Nachfolger, der das Familienunternehmen langfristig weiterentwickeln wollte. Weil sich die beiden Unternehmen gut ergänzen, hat Serafin erstmalig Abstriche an der Umsatzgröße gemacht. Mit sieben Mio. Euro Jahresumsatz ist Keil die bislang kleinste Übernahme.


„Wir wollen gemeinsam die Digitalisierung vorantreiben“

Interview mit Jörg Frommeyer, Geschäftsführer Heller Tools GmbH

Unternehmeredition: Herr Frommeyer, wie ergänzt sich Heller mit dem Zukauf von Keil?

Frommeyer: In der Tat sind wir ähnlich aufgestellt, was die Produktion betrifft, und ergänzen uns mit unserer Produktpalette bei gewerblichen Bohrern. Beide Unternehmen sind mit ihren Namen auf unterschiedlichen Märkten präsent. Das ergibt sehr gute Synergieeffekte bei der Erschließung von Auslandsmärkten, aber vor allem auch im Einkauf, bei der Logistik und Produktion.

Welche Aktivitäten werden Sie zukünftig gemeinsam mit Keil realisieren?

Wir werden gemeinsam die Digitalisierung vorantreiben. Aus dem veränderten Kaufverhalten des Handwerkers ergeben sich mittelfristig weitere Chancen, die wir uns erschließen wollen. Wichtig ist, dass wir den Handel bei seinen Aktivitäten unterstützen und wir unsere Produkte in dessen Webshops einbinden.

Wann soll die Integration von Keil innerhalb der Serafin-Gruppe abgeschlossen sein?

Vor dem Hintergrund, dass es sich bei dem Engagement von Serafin um ein langfristiges Investment handelt, werden wir in den kommenden sechs Monaten die Zukunftsplanungen vorantreiben. Wie jetzt bei Heller gehen wir davon aus, dass wir auch bei Keil in zwei, drei Jahren ein jährliches Wachstum zwischen acht und zehn Prozent erreichen.


Kurzprofil Heller & Keil Bohrergruppe

Gründungsjahr Heller 1849, Keil 1965
Branche Werkzeuge
Unternehmenssitz Dinklage
Umsatz (Gruppe)
32 Mio. Euro
Mitarbeiterzahl 210

www.hellertools.com, www.keil.eu

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