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Rüstzeug fürs Unternehmertum

Es war ihr großer Tag: Für die 36 Schüler, die am Wettbewerb „Schüler im Chefsessel“ teilgenommen und Aufsätze über ihren Tag mit einem Unternehmer verfasst hatten, fand am 8. Mai die Siegerveranstaltung statt.
Ausgezeichnet wurden diejenigen, die ihren Tag im Chefsessel am spannendsten, lebendigsten und interessantesten beschrieben hatten. Aber natürlich wurde auch geprüft, welche Lehren die jungen Leute aus dem direkten Einblick in den Unternehmeralltag gezogen hatten. Können sie sich selbst ein Leben als Chef vorstellen? Welche Fähigkeiten muss ein Unternehmenslenker haben? Die Antworten fielen unterschiedlich aus.
Es war der Moment, auf den alle gewartet hatten: Wer gewinnt den ersten Platz? Es war Leon Schlagintweit, und auf die Bühne kam – sein Vater. Leon befand sich zum Zeitpunkt der Preisverleihung bei einem Schüleraustausch in der Ukraine, sollte für den Fall der Fälle aber unbedingt eine würdige Vertretung haben. So nahmen seine Eltern die Ehrung für einen Text entgegen, der vor allem durch handwerkliches Können besticht und an eine journalistische Reportage erinnert. Ganz geheuer war Leon der bevorstehende Tag nicht, als er morgens vor der Tür von Loxxess Pharma in Wolfratshausen stand. Wie würde er sein, der Chef, der „Proto-Kapitalist“, mit dem er nun einen Tag verbringen würde? Geschickt lässt Leon gängige Klischees und Mythen Revue passieren, ehe er in den Text einsteigt und sie den eigenen Erlebnissen gegenüberstellt. Das Resultat: Der Leser wird förmlich in den Text „hineingezogen“ und kann gar nicht anders als weiterzulesen. Somit werden wir zwangsläufig zu Zeugen des Selbstversuchs „Unternehmersein“ und nehmen an jedem Gedankenzug des Jungen teil.

Improvisation durch Münchner Feierabendverkehr

Veranstaltungsort der Siegerehrung waren die Räumlichkeiten der Baader Bank in Unterschleißheim bei München, wo im tropischen Foyer unter Palmenwedeln und exotischen Pflanzen ein erstes Kennenlernen untereinander
stattfand. Denn viele Schüler sahen sich zum ersten Mal: Der Wettbewerb wurde für Schulen aus ganz Bayern aus – gerichtet. Nachdem sich auch die letzten Spätankömmlinge durch den Münchner Feierabendverkehr gekämpft hatten, ging es los. Daniel Mannstedt, Landesvorsitzender des Bereichs Bayern der „Jungen Unternehmer – BJU“, führte in den Abend ein, der von Markus Rieger moderiert wurde, Vorstand der GoingPublic Media AG und ebenfalls Gastgeber für eine Schülerin im Chefsessel. Da Hauptredner Martin Schoeller, Geschäftsführender Gesellschafter der gleich namigen Unternehmensgruppe, noch im Stau steckte, musste improvisiert werden. Das tat dem Geist der Veranstaltung aber keinen Abbruch. Geschickt nutzte Markus Rieger die Zeit, um eine Blitzumfrage unter den Schülern vor versammeltem Publikum zu starten. Wie hatten sie ihren Tag im Chefsessel erlebt? Unternehmer sein, ja oder nein? Ja, war der Tenor, aber vorher erst noch eigene Dinge erleben.

Mut zur Lücke

Dass dies eine Einstellung ist, die einem späteren Leben als Firmenlenker nicht im Weg stehen muss, bestätigte Nico Baader, Vorstandsvorsitzender der gleichnamigen Bank und Gastgeber des Abends. Er hatte das Geldinstitut einst vom Vater übernommen, war sich aber lange Zeit unschlüssig, wohin die Reise gehen soll: „Ich war nicht besonders fleißig, habe sogar das Gymnasium abgebrochen“, gab er offenherzig zu. Nach einer Banklehre bei der damaligen Vereinsbank hat er sich dann gegen ein Studium und für die Praxis entschieden, er stieg beim Vater ein. Eine Entscheidung, die damals gerechtfertigt war, da er sowieso keine Karriere in einem großen Betrieb machen wollte. „Ohne abgeschlossenes Studium hätte ich heute jedoch vermutlich keine Chance mehr, Bankvorstand zu werden“, mahnte er die Schüler. Auch der Mut zu Umwegen will eben gut durchdacht sein.

Ständiges Pioniersein

Einen Vortrag mussten die Schüler noch aushalten, bevor es endlich zur Prämierung ging: Martin Schoeller traf zwar spät, aber nicht zu spät ein, um von seiner Sicht auf das Leben eines Firmenlenkers berichten. Er hatte das eigene Familienunternehmen 1982 während einer Krise übernommen, eine Tatsache, der er rückblickend viel Gutes abgewinnen kann: „Es ist besser, in einer schwierigen Situation in ein Unternehmen einzusteigen, dann weiß man gleich, wie es richtig geht.“ Unternehmertum ist für ihn ohnehin wie der Aufbruch zu einer großen Wanderung: Man weiß nicht, wie steil der Berg und die Strecke sind, die vor einem liegen, aber man wird belohnt, wenn man weitergeht. Verblüffend einfach konnte er den Schülern Lust auf die Tätigkeit als Unternehmer machen: „Sie müssen entdecken, kombinieren und Leute überzeugen. Nichts anderes macht ein Unternehmer den ganzen Tag.“

Die Preisverleihung

Der zweite Platz ging an Julia Klüpfel, verliehen von Tobias Schorr, Redaktionsleiter der Unternehmeredition. Julia verbrachte ihren Tag im Chefsessel bei der Firma Bauer Elektrounternehmen, die u.a. die Elektroinstallation des Münchner Flughafens und – ganz aktuell – von Geschäften der Münchner Innenstadt, etwa Abercrombie & Fitch, durchführte. Um bis zu 38,5 Mio. EUR ging es bei diesen Aufträgen – Summen, die sich Julia fast nicht vorstellen konnte, die für einen Unternehmenslenker aber alltäglich sind. Ein Unternehmer hat deshalb viel Macht, aber auch viel Verantwortung, schließt Julia in ihrem Aufsatz: Für die Mitarbeiter und für die Kunden, für sich selbst und für die Familie. Denn die darf bei all dem Arbeiten auch nicht aus den Augen verloren werden.
Carla Wüsthof, Gesellschafterin des Familienunternehmens Teekanne und Mitglied des Regionalvorstands Südbayern beim BJU, prämierte die beiden dritten Plätze, Matthias Haag und Pauline Gutzki. „Allerlei Nützliches“ habe er von seinem Chef für einen Tag gelernt, berichtet Matthias in seinem Aufsatz, sei es für den „künftigen Chef oder für die Freundin“. Außerdem habe er einmal mehr gesehen, dass in der Wirtschaft alles ein Geben und ein Nehmen sei. Solche Beobachtungen wollten die Juroren von „Schüler im Chefsessel“ hören.

Unternehmerisch denken lernen

Für alle, deren Aufsätze nicht prämiert wurden, hatte Daniel Mannstedt den passenden Trost bereit: „Ihr seid schon allein deshalb Gewinner, weil ihr heute hergekommen seid und euch und eure Erfahrungen präsentiert“, so der Unternehmer. Und was sagen die Schüler selbst? „Es war natürlich eine sehr gute Erfahrung, aber ich denke, dass es mich mehr in die journalistische Richtung zieht“, sagt etwa Janne Mika, die ihren Tag im Chefsessel bei Sixt Autoland GmbH verbrachte. Doch auch für diese Erkenntnis ist „Schüler im Chefsessel“ gut, letztendlich geht es auch darum zu lernen, was man nicht will. Und um Engagement. Und da kann Janne auf jeden Fall mithalten. Sie hat schon mehrere Praktika absolviert, dadurch konnte sie sich u.a. die freie Mitarbeit in der Jugendredaktion ihrer Heimatzeitung sichern. Und auch unseren Redaktionsleiter Tobias Schorr quetschte sie beim Get-Together nach der Siegerehrung gehörig aus. Janne ist eben doch eine Unternehmerin, die ihr ganz eigenes Geschäftsmodell verfolgt und konsequent vermarktet: ihre Talente und sich selbst.
Verena Wenzelis
wenzelis@unternehmeredition.de

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