Restrukturierung in fremden Kulturkreisen

Ein Krisenunternehmen zu übernehmen ist schwer genug. Kommt der Auftrag aus dem Ausland, muss neben dem Maßnahmenkatalog auch der Umgang mit einer anderen Mentalität stimmen. Ein Erfahrungsbericht aus Brasilien.

 Die deutsche Industrie hat seit dem in den 80er-Jahren begonnenen Boom der circa zehn Schwellenländer (Russland, Korea, Malaysia, Süd-Afrika, Brasilien, …) verstärkt Investitionen in diesen Ländern getätigt. Niedrigere Produktionskosten und gute potenzielle Vertriebs- und Absatzchancen waren der Anreiz. Über 1.300 namhafte deutsche Unternehmen und bedeutende Mittelständler haben etwa im Schwellenland Brasilien investiert. Für die meisten lohnten sich die Investitionen schon allein wegen der enormen Kaufkraft von knapp 200 Mio. Einwohnern sowie des Zugangs zum südamerikanischen Markt – und die Markteinschätzungen wurden dabei sogar übertroffen. Andere Unternehmen haben sich wieder verabschiedet oder liegen infolge der andauernden politischen Krisensituation oder falscher Managemententscheidungen weit hinter ihren Zielen zurück.

Die Führung und Steuerung von komplexen Unternehmen in einem fremden Kulturkreis erfordert ein anderes Management-Know-how. In einer Restrukturierungssituation – sobald betriebswirtschaftliche Kennzahlen und KPIs deutliche nachhaltige Verluste signalisieren – sind schnelle, sofort wirksame Maßnahmen notwendig. Um das Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen, muss es den Geschäftsführern vor Ort gelingen, die Führungsmannschaft hinter sich zu bringen und die notwendigen Maßnahmen schnell umzusetzen.

Steuerung internationaler Tochterunternehmen

Am Beispiel einer Restrukturierung eines brasilianischen Autohandelsunternehmens (Eigentümer ist eine deutsche Unternehmerfamilie), von einem der zehntgrößten VW-Händler Brasiliens mit elf Filialen und über 600 Mitarbeitern, durch einen Interim-Manager soll aufgezeigt werden, welche besonderen Managementmethoden wirkungsvoll sind.

Den Weg aus der Krise bahnen

Das Unternehmen hatte nach vielen erfolgreichen Jahren aufgrund einer langen Rezession, Managementfehlern und des steigenden Wettbewerbs sehr zu kämpfen. Strukturen und Abläufe mussten neu aufgebaut werden, um den Turnaround zu schaffen. Für diese Aufgabe gewann der Kunde einen Interim-Manager, der sofort das Tagesgeschäft übernehmen konnte und die Kultur und Sprache des Landes kannte.

Das vorhandene Management bestand aus einem brasilianischen Geschäftsführer und circa 14 Abteilungsleitern. Keine der Führungskräfte hatte die notwendige Erfahrung, um die dringend notwendige Restrukturierung zielgerichtet und schnell umzusetzen.

Zu Beginn galt es, kurzfristig und schonungslos, mit klaren Zahlen und Fakten belegt, die Ursachen der Krise und die bis dahin fehlende adäquate Reaktion darauf darzustellen. Dies dauerte wenige Tage, und sofort wurde begonnen, geeignete strategische Maßnahmen einzuleiten, die sowohl kostenals auch umsatzseitige Verbesserungen beinhalteten. Oberste Priorität war es, die Liquidität zu sichern.

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