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„Wir haben offen kommuniziert“

Die Bekum Maschinenfabriken GmbH gehört zu den weltweit führenden Herstellern für Extrusions-Blasformanlagen. 2014 musste eine Restrukturierung her – ungünstige wirtschaftliche Randbedingungen machten eine Neuausrichtung des 1959 gegründeten Unternehmens notwendig. 

Unternehmeredition: Herr Kandt, Sie sind als Geschäftsführer 2013 ins Unternehmen zurückgekehrt. Warum sind die Bekum Maschinenfabriken in Schwierigkeiten geraten?

Kandt: Zum einen stagniert die Branche. Länder wie England, Spanien oder Frankreich investieren nicht mehr im gleichen Maße in neue Maschinen wie in der Vergangenheit. In England sind heute Maschinen in Betrieb, die wir vor 30 Jahren dorthin geliefert haben. Zum anderen haben zahlreiche Unternehmen sich bei der Wahl der Verpackungen für PET-Flaschen entschieden und so Marktanteile errungen, die den Extrusionsblasformen verloren gingen. Zudem waren die Kostenstrukturen im Unternehmen nicht optimal. Wir haben an drei Standorten produziert – in Berlin, dem österreichischen Traismauer in der Nähe von Wien und in den USA.

Im September 2014 haben Sie dann die Notbremse gezogen und einen Antrag auf ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung gestellt. Wie haben Ihre Kunden auf diese Nachricht reagiert?

Wir haben das sehr schnell und offen kommuniziert. Wir haben den Gedanken der Neuausrichtung und Restrukturierung in den Vordergrund gestellt und unsere Pläne sehr transparent erklärt. Natürlich waren Kunden, die unmittelbar vor der Insolvenz in unser Equipment investiert hatten, nicht so begeistert. Aber unsere Entscheidung, offen mit diesen Veränderungen und Plänen umzugehen, ging auf. Kein Kunde ist von seinen Investitionen abgesprungen, und wir hatten somit die Luft, um die Restrukturierung und die Insolvenz in Eigenregie weiter durchziehen zu können.

Extrusions-Blasformanlage: Mit ihr lassen sich Verpackungen und technische Teile herstellen. (© BEKUM Maschinenfabriken GmbH)

Wie reagierten die Banken?

Unser großer Vorteil war, dass wir keine Bankverbindlichkeiten hatten. War eine Erweiterung von Bankgarantien erforderlich, ist die Inhaberfamilie mit Absicherungen eingesprungen. Unsere größten Gläubiger waren die Bundesagentur für Arbeit, die Mitarbeiter und einige Lieferanten von Komponenten für unsere Maschinen. Rückblickend können wir aber sagen, dass es uns gelungen ist, eine 100-prozentige Befriedigung aller Gläubiger zu erreichen.

Eine solche Quote ist relativ selten. Wie haben Sie das geschafft?

Wir haben schnell ein klares Konzept zur Weiterführung erstellt, sehr eng mit unserem Sachwalter zusammengearbeitet und natürlich ausgesprochen sparsam gehaushaltet. Jede Ausgabe, jede Investition kam auf den Prüfstand und musste abgesegnet werden. Zu jeder Zeit haben wir unsere Mitarbeiter über den Fortschritt der Restrukturierung in Kenntnis gesetzt.Die Bekum Maschinenfabriken GmbH gehört zu den weltweit führenden Herstellern für Extrusions-Blasformanlagen. 2014 musste eine Restrukturierung her – ungünstige wirtschaftliche Randbedingungen machten eine Neuausrichtung des 1959 gegründeten Unternehmens notwendig. 

Welche Zugeständnisse musste die Belegschaft machen?

Mit der Konzentration auf nur noch zwei Produktionsstandorte in Österreich und den USA waren wir gezwungen, in Berlin etwa 40 Mitarbeiter abzubauen. Betriebsbedingte Kündigungen konnten wir leider nicht vermeiden. Um die wirtschaftlichen Nachteile zu mildern, haben wir zusätzliche Mittel für die Bildung einer Transfergesellschaft zur Verfügung gestellt. Unsere Auszubildenden konnten ihre Ausbildung in anderen Betrieben fortsetzen. Wir haben dann in unseren österreichischen Standort sieben Mio. Euro investiert und dort 60 Mitarbeiter neu eingestellt, darunter auch Mitarbeiter, die zuvor in Berlin beschäftigt waren. Letztlich haben sämtliche Mitarbeiter im Zuge der Restrukturierung ihren Arbeitslohn in voller Höhe erhalten, wenn auch erst im Nachgang. Auch das Insolvenzgeld der Bundesagentur für Arbeit haben wir vollständig zurückgezahlt.

Wie ist das Unternehmen jetzt aufgestellt?

In Österreich hatten wir bis zur Restrukturierung ausschließlich Großblasanlagen gebaut. Jetzt werden dort auch kleinere Verpackungsmaschinen, etwa zur

Werk von Bekum: Mittlerweile gibt es nur noch zwei Produktionsstandorte. (© BEKUM Maschinenfabriken GmbH)

Herstellung von Nahrungsmittel-, Pharma- und Kosmetikverpackungen, produziert. In Berlin sind wir an einen neuen Standort gezogen, wo wir künftig die Forschung und Entwicklung sowie den Vertrieb und Service weltweit abwickeln. Wir sind jetzt dabei, die Prozesse zur effektiven Abwicklung der Maschinenaufträge und Projekte neu zu gestalten, das Unternehmen auch in Bezug auf ein geeignetes Produktprogramm, die Marktposition und andere Kostenstrukturen neu aufzustellen.

Im März 2016 hat man das Unternehmen aus dem Insolvenzverfahren entlassen. Ist damit der Restrukturierungsprozess abgeschlossen?

Ja, die Insolvenz in Eigenverantwortung, die es ja erst seit 2012 gibt, ist für uns abschlossen. Jetzt stehen Themen wie Standardisierung, Kosten- und Prozessoptimierung auf der Agenda. Auch werden wir permanent die Fertigungstiefe überprüfen.

Welche Ziele haben Sie für die nächste Zeit?

In zwei bis drei Jahren wollen wir unseren Umsatz auf 80 Mio. Euro steigern. Zudem steht ein Generationswechsel im Unternehmen an. Der jüngste Sohn des Firmengründers Michael Mehnert, der 2014 nach abgeschlossenem Maschinenbaustudium ins Unternehmen eingestiegen und heute einer der Geschäftsführer in Traismauer ist, und ein älterer Sohn, Andreas Mehnert, der für das Wachstum in Asien verantwortlich ist, werden das Unternehmen als Familienbetrieb weiterführen.


Zur Person

Andreas Kandt ist Geschäftsführer der BEKUM Maschinenfabriken GmbH. Nach seinem Maschinenbaustudium an der Technischen Universität Berlin arbeitete er von 1981 bis 1994 bei BEKUM. 19 Jahre später kehrte er nach Stationen bei anderen Unternehmen in Deutschland und den USA wieder zu BEKUM zurück und begleitet den Restrukturierungsprozess des Unternehmens. Heute arbeiten in der BEKUM-Gruppe weltweit über 330 Mitarbeiter an drei Standorten. 2015 wurde ein Umsatz von 60 Mio. Euro erreicht. www.bekum.de

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