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„Regionalität ist ein großer Pluspunkt“

Fast wäre es schiefgegangen für Dinkelacker-Schwabenbräu: Die Hand mehrerer Konzerne hat das Konzept der größten Brauerei Baden-Württembergs verwässert. 2007 entschied sich die Familie zum Rückkauf. Geschäftsführer Bernhard Schwarz und Brauerei-Spross Christian Dinkelacker erzählen von der bewegten Zeit.

Herr Schwarz, Sie werben seit Längerem mit einem Bayern, der weint, weil er in München kein Weizen Ihrer Marke Sanwald bekommt. Warum sollte es in Bayern kein gutes Bier geben?

Schwarz: In Bayern gibt es sicherlich gute Biere, das Ganze muss man mit einem Augenzwinkern sehen (lacht). Bayern hat gewiss eine sehr lange Weißbiertradition. Sanwald hat die längste in Baden-Württemberg. Es wurde zum ersten Mal 1903 gebraut. Wir sind die größte Weizenbierbrauerei in Baden-Württemberg. Die bayerischen Weizenbieranbieter sind bundesweit tätig geworden, als die Spezialität bekannter wurde. Wir hingegen sind weiterhin nur im Ländle zu finden – das ist unser Attribut.

Welche Rolle spielt die Regionalität im deutschen Biermarkt?

Schwarz: In den letzten Jahren eine sehr große. Sie wird immer wichtiger. Die Konsumenten haben es eher satt, Einheitsbier der Kategorie Pils von den großen Anbietern zu trinken. Die sind geschmacklich kaum mehr voneinander zu unterscheiden. Daraus ergeben sich gute Ansätze für kleinere Brauereien, sich mit regionalen Landwirten zusammenzutun, um Rohstoffe vor Ort zu beziehen und die Wege kurz zu halten. Es herrscht ein großes Vertrauensverhältnis, auch den Konsumenten gegenüber. Das wird mittlerweile ja nicht nur beim Bier honoriert, sondern generell bei Lebensmitteln.

War das ein Grund dafür, dass die Familie Dinkelacker 2007 die Brauerei vom Weltkonzern Inbev zurückgekauft hat?

Schwarz: Ja, damals war abzusehen, dass Regionalität ein großer Pluspunkt wird. Wir sahen damals die Chance, die Biermarke weiterzuentwickeln. Wir konnten mit unseren Marken wachsen – entgegen dem Markttrend, der war rückläufig. Zu Zeiten der Wiedervereinigung lag der Bierverbrauch pro Kopf bei 145 Litern, mittlerweile sind es etwa 106 Liter. Das ist ein Riesenproblem für die überregionalen Brauereien, gerade im Vergleich zu den kleineren. Denn die kennen ihre speziellen Märkte sehr gut und können sie bearbeiten.Fast wäre es schiefgegangen für Dinkelacker-Schwabenbräu: Die Hand mehrerer Konzerne hat das Konzept der größten Brauerei Baden-Württembergs verwässert. 2007 entschied sich die Familie zum Rückkauf. Geschäftsführer Bernhard Schwarz und Brauerei-Spross Christian Dinkelacker erzählen von der bewegten Zeit.

Im Kommen sind auch unkonventionelle, hausgemachte Biersorten, sogenanntes Craft Beer. Gerade in Großstädten machen an vielen Ecken kleine Hausbrauereien auf. Ist das auch eine Herausforderung für Sie?

Schwarz: Wir sind ja selbst fast eine Craft-Beer-Brauerei. Bei der Marke Dinkelacker integrieren wir vollständig regionale Rohstoffe, etwa Malz von der

Führung bei Dinkelacker: Die Schwaben sind die größte Bierbauerei in Baden-Württemberg. (© Dinkelacker-Schwabenbräu GmbH & Co. KG)

Schwäbischen Alb oder Hopfen aus Tettnang. Bei der Marke Wulle haben wir ein sehr junges Thema positioniert: Wir haben sie wiederbelebt und so an den Markt gebracht, wie sie vor 37 Jahren eingestellt wurde. Also ohne klassische Werbeaufwendungen, bekannt gemacht wurde sie nur durch einen roten VW-Bus mit Wulle-Aufschrift, der durch das baden-württembergische Nachtleben zog. Das ist zurzeit unsere erfolgreichste Marke. So hat jedes Markensegment einen eigenen Craft-Beer-Charakter – es sind alles Spezialitäten.

Hatten Sie diese Flexibilität unter Inbev nicht?

Schwarz: Inbev hatte damals im Grunde nur ein Ziel: Ihre größten deutschen Marken Franziskaner und Becks weiter zu internationalisieren. Alle anderen Marken waren dem untergeordnet. Für Dinkelacker oder Sanwald gab es überhaupt keine Marketingausgaben. Wären wir länger Teil der Gruppe gewesen, wären die beiden Marken total in Vergessenheit geraten. Nach dem Rückkauf hatten wir die Chance, sie wieder relativ schnell zu emotionalisieren, weil dann auch die Familie Dinkelacker mit ihrem Namen dahinter stand.

War diese Entwicklung für Sie vor dem Kauf nicht absehbar?

Schwarz: Nein. Zum Zeitpunkt des Kaufs waren wir Teil der Münchner Spatenbräu, die 2003 von der belgischen Interbrew-Gruppe geschluckt wurde. Allen Brauereien im Konzern wurden viele Freiheiten gelassen und ihre Regionalität unterstützt. Nach einem Jahr fusionierte Interbrew mit der brasilianischen AmBev-Gruppe. Von da an war der Fokus nur auf die großen Marken gerichtet. (Christian Dinkelacker kommt hinzu.)Fast wäre es schiefgegangen für Dinkelacker-Schwabenbräu: Die Hand mehrerer Konzerne hat das Konzept der größten Brauerei Baden-Württembergs verwässert. 2007 entschied sich die Familie zum Rückkauf. Geschäftsführer Bernhard Schwarz und Brauerei-Spross Christian Dinkelacker erzählen von der bewegten Zeit.

Wenn man die Geschichte Ihrer Brauerei anschaut, könnte man andererseits meinen, dass Zukäufe schon immer dazugehört haben: In Ihre heutigen Form sind Sie aus vier unterschiedlichen Brauereien entstanden.

Dinkelacker: Das gehört zum Biermarkt dazu. Es gibt immer wieder Überkapazitäten, viele kleinere Brauereien haben auch Nachfolgeprobleme. Ich denke aber,

Kaufte das Familienerbe zurück: Christian Dinkelacker. (© Dinkelacker-Schwabenbräu GmbH & Co. KG)

mittlerweile geht die Entwicklung weg von der Gier nach schierer Größe, wie es vor etwa zehn Jahren der Fall war und die Konzerne auf Einkaufstour waren. Andererseits muss man zugeben, dass selbst die großen deutschen Biermarken weltweit gesehen so gut wie keine Rolle spielen.

Vertreiben Sie Ihr Bier auch im Ausland?

Schwarz: Ja, seit drei Jahren haben wir wieder damit angefangen, mit Italien. Dann ging es weiter mit den USA und China. Nach China exportieren wir mittlerweile knapp 30.000 Hektoliter Sanwald Weizen. China ist der wichtigste Markt für obergärige Biere wie Weizen. Untergärige Biere wie Lager brauen die selbst in Unmengen. Wir sind da sehr erfolgreich und haben gute Importeure. Unsere Exportquote liegt wieder bei 20 Prozent. Das wollen wir weiterentwickeln.

Dinkelacker: Bis zum Kauf durch Inbev waren wir schon immer stark im benachbarten Ausland, etwa in Spanien, Österreich und der Schweiz. Heute sind wir dort erst wieder ganz spärlich vertreten. Teilweise sind das Verbindungen von damals, die also doch jahrzehntelang gehalten haben.

Wie viel Umsatz machen Sie mittlerweile in der Gruppe?

Schwarz: Etwa 70 Mio. Euro. Das haben wir in den letzten Jahren immer leicht steigern können. Unter Inbev gab es einen Einbruch. Damals wurde auch vertriebsseitig das Ziel ausgegeben, alles auf Franziskaner umzustellen.

Dinkelacker: Durch die Umstellung haben wir sicherlich drei bis vier Prozent Absatz verloren. Es ist schon eine Erfolgsgeschichte, die letzten acht Jahre gerade in diesem Markt mit dem starken Preisdruck so bestanden zu haben.


Zu den Personen

(© Dinkelacker-Schwabenbräu GmbH & Co. KG)

Bernhard Schwarz ist seit 2009 Geschäftsführer der Dinkelacker-Schwabenbräu GmbH & Co. KG. Im Unternehmen selbst ist er seit über zwanzig Jahren. Christian Dinkelacker ist Gesellschafter der Brauerei. Er und sein Bruder hatten ihre Anteile Anfang der neunziger Jahre an die Spatenbrauerei aus München verkauft. Nachdem diese 2003 in die Hände der belgischen Brauerei Interbrew und später Inbev ging, entschied die Familie 2007, das Unternehmen zurückzukaufen. Heute ist Dinkelacker vollständig in Familienhand. www.privatbrauerei-stuttgart.de

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