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Refinanzierung von Mittelstandsanleihen

Wer eine auslaufende Mittelstandsanleihe mit einer neuen refinanzieren will, hat es mitunter schwer: Nach einer Vielzahl von Ausfällen haben Investoren das Vertrauen in den Mini-Bond-Markt verloren. Emittenten müssen sich zeitnah und intensiv mit alternativen Refinanzierungsoptionen vertraut machen, um die Liquidität zu sichern. 

Aufgrund des Auslaufens von Mittelstandsanleihen müssen von 2016 bis 2019 120 Emittenten ein Volumen von bis zu 6.150 Mio. Euro refinanzieren. Der durch Mini-Bonds finanzierte Mittelstand steht damit vor einer großen Herausforderung: Die Banken sind durch Basel III eingeschränkt und wesentlich restriktiver in ihrer Kreditvergabe, die hohe Ausfallquote bei Mittelstandsanleihen macht die Platzierung von neuen Anleihen teurer und zunehmend schwieriger. Zudem stellen Wirtschaftsprüfer frühzeitig die Frage nach der Refinanzierbarkeit der Anleihe, welche für die Fortführungsprognose erforderlich ist. Emittenten müssen sich zeitnah, das heißt in der Regel zwei Jahre vor Fälligkeit, mit der Refinanzierung ihrer Kapitalstruktur auseinandersetzen.

Vertrauensverlust durch Insolvenzen

Das aktuelle Marktumfeld ist geprägt von Insolvenzen (Windreich, RENA, MS-Deutschland) und dem daraus entstandenen Vertrauensverlust. So musste etwa die SAG Motion GmbH ihre für Dezember 2014 geplante Anleiheemission mangels Investoreninteresse kurzfristig absagen. Dagegen konnte die Neue ZWL Zahnradwerk Leipzig GmbH bereits nach einer Stunde ihre Anleihe in Höhe von 25 Mio. Euro voll platzieren. Das zeigt, dass zwar grundsätzlich Liquidität im Anleihemarkt vorhanden ist, diese aber nur noch sehr partiell zur Verfügung gestellt wird. Trotz vergleichbarer Ratings und ähnlicher Covenants hat der Markt unterschiedlich reagiert.

Klassische Refinanzierung greift nicht mehr

Grundsätzlich steht den Unternehmen für die Refinanzierung ihrer Anleihen am Markt eine Vielzahl von Optionen zur Verfügung, die alle Vor- und Nachteile mit sich bringen.

Die klassische Refinanzierung durch eine neue Mittelstandsanleihe wird in der Regel vom ursprünglichen Berater der Emittentin vorgeschlagen. Die Kosten belaufen sich dabei je nach Größe der Anleihe auf ca. 4 bis 6 Prozent des Emissionsvolumens. Auch die Bonität spielt eine große Rolle: Unternehmen mit ausgezeichnetem Rating und Kapitalmarkterfahrung haben niedrigere Marketingkosten, und auch der Discount für institutionelle Investoren ist wesentlich geringer.

Wer eine auslaufende Mittelstandsanleihe mit einer neuen refinanzieren will, hat es mitunter schwer: Nach einer Vielzahl von Ausfällen haben Investoren das Vertrauen in den Mini-Bond-Markt verloren. Emittenten müssen sich zeitnah und intensiv mit alternativen Refinanzierungsoptionen vertraut machen, um die Liquidität zu sichern.

Diese Option der Refinanzierung steht aber vermutlich nur 10 bis 15 Prozent der Emittenten zur Verfügung. Nicht umsonst hat die Börse Stuttgart, immerhin Erfinderin der Mittelstandsanleihe, das Segment bondm für tot erklärt. Aktuell gibt es zwei Trends im Markt. Unternehmen mit hoher Bonität nutzen das günstige Zinsumfeld zu ihrem Vorteil. So konnte die Dürr AG im April 2014 eine 300-Mio.-Euro-Anleihe mit einem Coupon von 2,875 Prozent zu einem Ausgabekurs von 99,2 Prozent vollständig platzieren. Das Angebot war vierfach überzeichnet. Zudem nutzte Dürr die Gelder aus der neuen Anleihe, um ihre alte Anleihe (ursprüngliche Laufzeit bis 28. September 2015) frühzeitig zu kündigen. Die 2010 ausgegebene Anleihe hatte einen Coupon von 7,250 Prozent. Allerdings ist Dürr kaum mit den sonstigen Unternehmen am Markt für Mittelstandsanleihen vergleichbar, weshalb dieses Ausnutzen der aktuellen Zinskonditionen eher die Ausnahme als die Regel bleiben wird. Unternehmen mit niedrigerer Bonität müssen deutlich kreativer vorgehen, um ihre Refinanzierung zu sichern und ihre Kapitalkosten zu optimieren. Das ist bei der Mehrzahl der Emittenten der Fall. Für sie kommt eine Rückzahlung oder echte Tilgung der Anleihe aus dem Cashflow nicht in Frage. Die Refinanzierung am Markt ist unsicher, riskant und teuer. Bleibt die Frage nach den Alternativen.

Anpassung durch Aufwertung

Für genau diese Fälle eignet sich das neue Schuldverschreibungsgesetz. Sofern bestimmte Quoten (50 Prozent Präsenz in der ersten, 25 Prozent in einer zweiten Gläubigerversammlung) sowie eine 75-prozentige Mehrheit erreicht werden, können alle wesentlichen Anleihebedingungen wie Laufzeit, Zins, Sicherheiten und Covenants verändert werden. Sogar ein „Haircut“, das heißt eine Reduzierung des Anleihebetrages, ist möglich. Diese Beschlüsse oder „Anpassungen“ sind bindend für alle Anleihegläubiger, auch wenn sie sich nicht an der Abstimmung beteiligt haben. Um bei den Investoren Zustimmung für diese „Anpassungen“ zu erhalten, muss die Anleihe jedoch meist durch eine „Aufwertung“ qualitativ verbessert werden. So können Emittenten beispielsweise weitere Sicherheiten stellen oder einen unabhängigen gemeinsamen Vertreter mit Reporting-Funktion – wie bei der gewöhnlichen Bankenkommunikation – installieren. Durch eine Besicherung lässt sich unter Umständen sogar der Zinssatz reduzieren. Zudem ermöglicht die Stellung von Sicherheiten gegebenenfalls auch eine Aufstockung der bestehenden Anleihe.

Neue Wege sind gefragt

Die kreative und strukturierte Verlängerung einer bestehenden Anleihe, gepaart mit weiteren Sicherheiten und einem gemeinsamen Vertreter, resultiert in der Regel nicht nur in weitaus niedrigeren Finanzierungskosten, sondern ist auch zu deutlich niedrigeren Transaktionskosten (ca. 50 Prozent gegenüber einer Neuemission) darstellbar.

Zusammenfassend stellt die Refinanzierungswelle der auslaufenden Mittelstandsanleihen für viele Emittenten eine signifikante Herausforderung dar. Das aktuelle Marktumfeld ist schwierig und Investoren fühlen sich durch die vielen Insolvenzen verunsichert. Emittenten müssen sich daher heute mehr denn je frühzeitig mit validen Refinanzierungsoptionen beschäftigen und intensiv alle Optionen zur Refinanzierung und gegebenenfalls Restrukturierung prüfen. Oftmals eignet sich heutzutage die offensichtlichste Lösung des „Haus-und-Hof-Beraters“ nicht für eine erfolgreiche und günstige Refinanzierung einer auslaufenden Mittelstandsanleihe.


Zur Person 

Frank Günther ist Geschäftsführender Gesellschafter von One Square Advisors und verfügt über 25 Jahre Corporate Finance und Restrukturierungserfahrung. Er war unter anderem Deutschland-Chef von SalomonSmithBarney und Co-Head von Morgan Stanley in München. One Square Advisors ist Marktführer für die Refinanzierung und Restrukturierung von Mittelstandsanleihen sowie sonstiger deutscher Distressed Assets. www.onesquareadvisors.com

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