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Rechtzeitige Vorsorge schützt vor Verdruss

Zwischen 2014 und 2018 scheiden in rund 135.000 Unternehmen die Eigentümer aus. Ein Nachfolgeproblem erwartet das IfM Bonn jedoch – wenn überhaupt – nur auf dem Lande und im Handwerk.

Viele Unternehmer schieben den Zeitpunkt ihres Ausscheidens stetig nach hinten, weil sie entweder nicht loslassen können, Angst vor der Zukunft haben oder keine alternative Beschäftigung für sich nach ihrem Ausscheiden sehen. Das Problem: Denken die Eigentümer zu spät über ihre Nachfolge nach, kann dies zu negativen Folgen sowohl für das Unternehmen als auch für die Belegschaft und unter Umständen für die Region, in der das Unternehmen beheimatet ist, führen.

Nach Schätzungen des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn werden bis 2018 in Deutschland jährlich etwa 27.000 Unternehmen zur Übergabe anstehen, weil ihre Eigentümer entweder aufgrund von Alter, Krankheit oder Tod ausscheiden. Davon werden rund zwei Millionen Mitarbeiter betroffen sein. Seit Mitte der 1990er Jahre ermittelt das IfM Bonn regelmäßig mittels eines selbst entwickelten Schätzverfahrens die Anzahl der Unternehmensnachfolgen, da es keine verlässlichliche amtliche Statistik über das Nachfolgegeschehen gibt.

Nachfolge-Schwerpunkt Westdeutschland

Vor allem Unternehmen in Westdeutschland (84,0%) werden nach IfM-Schätzungen bis 2018 nach einem neuen Besitzer suchen. Auf Ostdeutschland einschließlich Berlin entfallen rund 16% der Übergaben. Dies ist etwas weniger als aufgrund des Anteils Ostdeutschlands am Unternehmensbestand (18%) zu erwarten wäre. Das Ergebnis ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die Unternehmen in Ostdeutschland im Durchschnitt etwas kleiner sind und infolgedessen seltener als übernahmewürdig eingestuft werden können. Entsprechend werden in den ostdeutschen Unternehmen auch verhältnismäßig weniger Mitarbeiter von Übergaben berührt sein.

Da sich im größten Bundesland Nordrhein-Westfalen die meisten Unternehmen befinden, werden mehrheitlich hier in den kommenden Jahren Nachfolger gesucht werden – am wenigsten dagegen im Stadtstaat Bremen. Folglich sind auch in Nordrhein-Westfalen deutlich mehr Arbeitsplätze vom Erfolg einer Übergabe abhängig als in Bremen oder im Saarland.

Am häufigsten wird die Nachfolge im Dienstleistungssektor zu klären sein, gefolgt vom Produzierenden Gewerbe und dem Handel. Wird allerdings berücksichtigt, wie viele Unternehmen es in den Wirtschaftsbereichen insgesamt gibt, dann stehen weitaus mehr Übergaben im Produzierenden Gewerbe und im Handel an als im Dienstleistungssektor an.Familieninterne Lösung bevorzugt

Prinzipiell versuchen die meisten Eigentümer (54%) zunächst familienintern ihre Nachfolge zu regeln und ihre eigenen Kinder bzw. andere Familienmitglieder hierfür zu gewinnen, wie eine Analyse von vollzogenen Nachfolgelösungen gezeigt hat. Gelingt ihnen dies – aus welchen Gründen auch immer – nicht, streben sie eine unternehmensexterne Übernahmemöglichkeit (29%) an. Alternativ bemühen sie sich häufig auch darum, ihr Unternehmen an einen Mitarbeiter zu verkaufen (17%).

Allerdings sind die Zahlen der notwendigen Nachfolgelösungen auch unter dem Gesichtspunkt des demografischen Wandels zu sehen: Da die Personen an der Spitze der Familienunternehmen zunehmend altern, ist grundsätzlich von einer höheren Anzahl an Übergaben auszugehen. Dennoch rechnet das IfM Bonn in den kommenden Jahren nicht mit einer generellen Nachfolgerlücke – auch wenn die Zahl der geeigneten Übernahme-Interessierten niedriger sein wird als früher. Rein rechnerisch wird die Anzahl der potenziellen Nachfolger weiterhin die der übernahmewürdigen Unternehmen übersteigen.

Warum Übergaben scheitern

Findet sich kein Nachfolger, kann dies zum einen daran liegen, dass die ökonomischen Grundvoraussetzungen fehlen: So lässt sich prinzipiell nur dann ein Übernehmer gewinnen, wenn das Unternehmen auch gute Zukunftsaussichten hat und den Renditeerwartungen des Interessenten entspricht. Gerade diese Anforderungen erfüllen viele Kleinstunternehmen bzw. Handwerksbetriebe, deren Gewerke nicht mehr stark nachgefragt sind, häufig nicht. Zum anderen kann es unter Umständen auch entscheidend sein, in welcher (ländlichen) Region ein Unternehmen angesiedelt ist.Fazit

Abgesehen von gewissen regionalen und branchenspezifischen Einschränkungen wird in den nächsten Jahren kein Nachfolgenotstand erwartet. Allerdings empfiehlt es sich, dass Unternehmer sich rechtzeitig mit der Frage beschäftigen, in welcher Weise das eigene Unternehmen nach ihrem Ausscheiden weiterbestehen soll. Schließlich ist dies nicht nur für den Eigentümer von elementarer Bedeutung, sondern auch für die finanzielle Absicherung der eigenen Familie, für die Sicherung der bestehenden Arbeitsplätze sowie häufig auch für die wirtschaftliche Entwicklung der Region, in der das Unternehmen angesiedelt ist.


Zur Person
Dr. Rosemarie Kay ist stellvertretende Geschäftsführerin des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn. Sie analysiert seit Jahren das Nachfolgegeschehen im deutschen Mittelstand. www.ifm-bonn.org

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