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Quo vadis, Personalpolitik?

Unternehmen hadern mit der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung. Die Rente mit 63 oder der Mindestlohn belasten sie.  Dazu kommt der Fachkräftemangel in Deutschland. Wir befragten vier Experten zu den Themen.

Handelt es sich beim Fachkräftemangel um einen Mythos?

Martina Szautner, Leiterin Corporate Human Resources, Dachser SE

(© Privat)

Einen generellen Fachkräftemangel gibt es in Deutschland aus unserer Sicht nicht. Wir haben in der Regel keine Schwierigkeiten, offene Stellen adäquat zu besetzen. Es gibt aber einige Berufe – wie den Berufskraftfahrer – bei denen tatsächlich mit einem Mangel an qualifiziertem Personal zu rechnen ist. Hier haben wir gezielt und vorausschauend in eine Image- und Ausbildungsinitiative investiert, um die Menschen wieder für diesen wichtigen Logistikberuf zu begeistern.


Harald Smolak, HR-Director, Atreus GmbH

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Nein. Die digitale Transformation zieht sich durch alle Branchen. Im IT-Bereich beispielsweise gibt es daher einen erheblichen Fachkräftemangel. Auch etwa Ingenieure werden händeringend gesucht. Ebenso verhält es sich in Handwerksberufen, die für den Nachwuchs wenig attraktiv erscheinen. Aus den disruptiven Veränderungen aller Märkte resultiert ein neuer Anspruch an Führungskompetenz – wir müssen verstärkt auf Aus- und Weiterbildung setzen.


Dr. Klaus Eierhoff, Mitglied des Beirats, TEMPTON Holding GmbH

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Nein, er ist Realität und in der demografischen Entwicklung begründet. Dabei stellt sich die Situation regional unterschiedlich dar: in Süddeutschland haben wir in einer Hochkonjunktur nahezu Vollbeschäftigung – hier fehlen Arbeitskräfte. In strukturschwachen Regionen dagegen gibt es Fachkräfte. Eine Möglichkeit bietet die Zuwanderung. Wir müssen ein attraktives Zuwanderland für gut ausgebildete Menschen werden. Hier fehlt aber noch der rechtliche Rahmen.


Dirk Klädtke, Geschäftsführer und Inhaber, Klädtke Metallverarbeitung GmbH

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Er ist kein Mythos, sondern bittere Realität. Genau hier gegenzusteuern, wird in Zukunft über mögliches Wachstum und Erfolg eines Unternehmens entscheiden. Wir sind im Bereich Sondermaschinenbau tätig. Daher gibt es kaum wiederkehrende Aufgaben für die Mitarbeiter, sondern jeden Tag neue Aufgaben. Dies ist nur mit Fachkräften darstellbar – mit angelernten Hilfskräften oder Zeitarbeit ist dies nicht ansatzweise zu bewerkstelligen,

Unternehmen hadern mit der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung. Die Rente mit 63 oder der Mindestlohn belasten sie.  Dazu kommt der Fachkräftemangel in Deutschland. Wir befragten vier Experten zu den Themen.

Rente mit 63 – wie wirkt sie sich auf die Unternehmen aus?

Martina Szautner

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Erfahrene Mitarbeiter sind für jeden Betrieb wertvoll, ein früheres Ausscheiden lässt sich meist nicht so leicht kompensieren. Das gilt auch für Dachser mit seiner relativ jungen Altersstruktur und einer Ausbildungsquote von zehn Prozent. Vor dem Hintergrund der Rente mit 63 werden Konzepte rund um die betriebliche Gesundheitsvorsorge an Bedeutung zunehmen.


Harald Smolak

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Ich sehe darin die Chance, jungen Talenten in Unternehmen die Möglichkeit zu bieten, verantwortliche Positionen früher anzutreten. Know-how-Träger, die ihre Kompetenz weiterhin am Markt einbringen wollen, bietet Interim Management eine interessante Möglichkeit, Projekte für Unternehmen auf Zeit zu übernehmen. Dieser Markt wächst um zehn Prozent pro Jahr. Verstärkt wird der Trend angesichts des projektspezifischen Arbeitens durch die Digitalisierung.


Dr. Klaus Eierhoff

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Sie wird den Fachkräftemangel noch verstärken, denn sie entzieht dem Arbeitsmarkt qualifizierte Arbeitskräfte. Bei körperlich anspruchsvollen Berufen wird die Rente mit 63 am ehesten den Fachkräftemangel verstärken. Sie bietet aber auch Chancen: ältere Arbeitnehmer, die nach ihrem 63. Lebensjahr arbeiten wollen – vielleicht aber nicht mehr Vollzeit – können dem Arbeitsmarkt erhalten bleiben. Die Zeitarbeitsbranche ist prädestiniert, dies zu managen.


Dirk Klädtke 

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Aufgrund unseres recht jungen Teams sind die Auswirkungen auf unser Unternehmen recht gering. Trotz dessen verlieren auch wir erfahrene Mitarbeiter zeitiger als geplant. Entsprechende Nachfolger zeitnah zu finden, ist durch den bestehenden Fachkräftemangel sehr schwierig. Leider ist die Verlässlichkeit der von der Politik vorgegebenen Richtung seit Längerem nicht mehr gegeben, so ist es schwierig, sich darauf einzustellen. Während zuerst das Thema Rente mit 67 umgesetzt werden soll, kommt kurze Zeit später die Rente mit 63.Unternehmen hadern mit der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung. Die Rente mit 63 oder der Mindestlohn belasten sie.  Dazu kommt der Fachkräftemangel in Deutschland. Wir befragten vier Experten zu den Themen.

Ist der Mindestlohn tatsächlich ein Fluch für Mittelständler?

Martina Szautner

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Der Mittelstand ist auf gut ausgebildete, motivierte Arbeitskräfte angewiesen und zahlt in der Regel faire Löhne und Gehälter. Von daher wirkt sich der Mindestlohn in vielen Fällen nicht primär auf die Lohnkosten aus. Es ist vielmehr der dadurch entstehende administrative Mehraufwand, der bewältigt werden muss und zum Teil beträchtliche Kosten verursacht.


Harald Smolak

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Zumindest bedingt der Mindestlohn ein Umdenken in der Auswahl von Arbeitskräften – und auch in der Gestaltung der Arbeitsprozesse. Damit steigt der Anspruch an einen gezielten Einsatz der Ressourcen und eine umfassende Einarbeitung der Mitarbeiter, um bei höheren Kosten die Arbeitsleistung zu steigern. Aus HR-Sicht könnte man auch behaupten: Der Mindestlohn ist ein Segen – denn er sorgt auf lange Sicht für effektiveres und effizienteres Arbeiten.


Dr. Klaus Eierhoff

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Da in vielen Regionen Deutschlands Fachkräftemangel herrscht, kann man nicht von einem Fluch für den Mittelstand sprechen. Aufgrund des knappen Angebots von qualifizierten Mitarbeitern mussten Arbeitgeber schon zuvor mehr zahlen. Natürlich hat sich in einigen Regionen und Branchen die Arbeit verteuert. Dies sind aber eher Ausnahmen.


Dirk Klädtke

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Für unser Unternehmen ist das weder Fluch noch eine positive Entwicklung. Es hat schlicht kaum Auswirkungen. Ein wenig mehr Statistik – die sich aber mit der vorhandenen IT problemlos abbilden lässt. Inhaltlich wird diese Entwicklung jedoch dazu führen, dass besonders unqualifizierte oder weniger leistungsfähige Menschen noch größere Schwierigkeiten bekommen werden, eine dauerhafte Beschäftigung zu bekommen.

 

 

 

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