“Das Oktoberfest trägt kein seriöses Bild von Bayern mehr in die Welt”

Prinz Luitpold von Bayern gehört der Familie der Wittelsbach an und führt mit der König Ludwig Brauerei die Biertradition der Familie fort. Im Interview spricht er über sein vermaledeites Verhältnis zum Oktoberfest und erklärt, wieso er in der Craft-Beer-Szene nicht den Retter der Bierkultur sieht.

Prinz Luitpold, gehen Sie noch auf die Wiesn?
Prinz Luitpold von Bayern: Nur noch, wenn ich aus beruflichen Gründen muss. Die Wiesn ist inzwischen ein touristischer, bayerischer Karneval. Gehen Sie mal an den Eingang von der Festwiese, da haben sich große Karnevalsunternehmen angesiedelt, die in China billigste Dirndl und Lederhosen herstellen lassen, mit denen sich die Touristen dann eindecken. Ich glaube, dass das Oktoberfest kein seriöses Bild von Bayern mehr in die Welt trägt.

Ihre Vorfahren Kronprinz Ludwig und Prinzessin Therese feierten im Jahr 1810 anlässlich ihrer Hochzeit das erste Oktoberfest. Obwohl das es auf die Familie der Wittelsbacher zurückgeht, dürfen Sie Ihr Bier auf der Theresienwiese nicht verkaufen – weil Ihre Brauerei nicht in München, sondern im Umland sitzt.
Die Stadt München hat in den Betriebsvorschriften für die Gastronomen auf der Wiesn festgelegt, dass nur die Biere bestimmter Brauereien ausgeschenkt werden dürfen. Meiner Ansicht nach ist das kartellrechtlich hoch bedenklich, weil das inzwischen durch Übernahmen und Fusionen nur noch vier Betriebe sind. Mir ist sogar einmal angeboten worden, ein Zelt gastronomisch zu betreuen – unter der Auflage, Bier  eines zugelassenen Wettbewerbers zu beziehen. Klar hätte ich damit Geld verdient, aber da hätten sich die Menschen doch totgelacht, wenn ich als Chef einer Brauerei ein Zelt habe und dort das Bier der Konkurrenz verkaufe.

Ihre König-Ludwig-Brauerei ist vor allem für ihr dunkles Bier und ihr Weißbier bekannt. Radler oder andere Biermixgetränke stellen Sie hingegen nicht her. Sollte man mit Bier nicht experimentieren?
Ich bin der Meinung, dass man das Cocktailmixen den Wirten überlassen sollte. Man kann an der Bar so vieles zaubern, aber eine Biermarke sollte eine Biermarke bleiben und nicht für andere Produkte stehen. Das heißt aber nicht, dass wir nicht gerne ab und zu mit Bier experimentieren. Zum Beispiel haben wir zum 500. Jubiläum des Reinheitsgebots eine limitierte Auflage auf den Markt gebracht und die fertigen Biere in alten Portweinlagerfässern weitergelagert – ähnlich, wie man das beim Cognac macht.

Besonders gerne tüfteln gerade die vielen kleinen Craft-Beer-Brauereien mit Bier herum. Wie blicken Sie auf diesen Trend?
Craft bedeutet ja nichts anderes als handwerkliche Braukunst. Nun haben wir in Deutschland mehrere Universitäten und Braumeisterschulen, an denen junge Menschen diese Braukunst erlernen und Meister ihres Handwerks werden. Wenn so jemand mit dem Produkt Bier meisterhaft umzugehen versteht, dann kann der sich gerne als Craft Brewer bezeichnen – all das ist aber nichts Neues, sondern in Deutschland schon seit Jahrhunderten Standard. Was mich stört: Viele Vertreter der Craft-Beer-Szene haben einen vier- bis sechswöchigen Lehrgang gemacht,  ihr Brauwissen sonst aus dem Internet bezogen und meinen jetzt, das Bier neu erfinden zu müssen. Das sind für mich Zauberlehrlinge.

Kann man das so pauschal sagen?
Es gibt darunter bestimmt welche, die seriös arbeiten und interessante Experimente machen. Nur: Wir haben in Bayern das Reinheitsgebot, welches dafür gesorgt hat, dass der Begriff Bier präzise definiert ist als ein Getränk aus Hopfen, Malz, Wasser und Hefe. Mit diesen Produkten können Sie die unterschiedlichsten Geschmäcker herstellen – es gibt allein 100 verschiedene Hopfensorten. Ich bin kein Gegner der Innovation. Aber wenn Craft-Brewer glauben, das Reinheitsgebot grenze ihre Fähigkeiten ein und sie müssten das Bier mit neuen Rohstoffen  brauen, dann dürfen sie es halt nicht als Bier bezeichnen.


Prinz Luitpold von Bayern, geboren 1951 in Schloss Leutstetten unweit des Starnberger Sees, ist der Urenkel des letzten Bayernkönigs Ludwig III. und in direkter Linie Nachfahre von König Ludwig I. Im Alter von 25 Jahren übernahm Prinz Luitpold die Betriebsleitung der Brauerei auf Schloss Kaltenberg. Heute werden die Marken König Ludwig und Kaltenberg vertrieben. Seit 2001 teilt sich Prinz Luitpold die Gesellschafteranteile mit der Warsteiner Brauerei. Neben König Ludwig Bier ist Prinz Luitpold auch für die Porzellanmanufaktur Nymphenburg verantwortlich.

www.koenig-ludwig-brauerei.com

 

 

 

 

Autorenprofil

Felicitas Wilke ist Absolventin der Deutschen Journalistenschule und schreibt als Autorin für die Unternehmeredition.

Vorheriger ArtikelGeringerer Anlagebedarf bei Mittelständlern
Nächster ArtikelPensionsverpflichtungen als Dealbreaker