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Phönix aus der Asche?

Mezzanine hat vor einigen Jahren einen wahren Boom als alternatives Finanzierungsinstrument für den Mittelstand erlebt. Während das individuelle Mezzanine unbehelligt weiterläuft, liegen die großvolumigen Standard-Mezzanine-Programme, die den Löwenanteil des deutschen Marktes ausmachten, seit Mitte letzten Jahres auf Eis.

Zum einen haben einige Insolvenzen finanzierter Unternehmen wie etwa Nici oder Schieder diese vor allem von Großbanken aufgelegten Programme in Verruf gebracht. Zum anderen machte die im Sommer 2007 einsetzende Subprimekrise die Verbriefung sämtlicher Finanzprodukte nahezu unmöglich. Von Experten schon totgesagt, stehen jetzt die nächsten Programme in den Startlöchern.

Insolvenzen setzen Programme unter Druck

Kurz und heftig verlief die bisherige die Geschichte der mezzaninen Standard-Programme in Deutschland. Nach dem Startschuss durch PREPS (Capital Efficiency Group/HypoVereinsbank (HVB)) im Jahr 2004 kamen weitere Anbieter hinzu, meist auf Initiative von Banken: u. a. H.E.A.T. (HSBC), Equinotes (IKB/Deutsche Bank) und CBMezzCAP (Commerzbank). Der Wettbewerb um Marktanteile wurde vor allem über den Preis geführt. Für negative Schlagzeilen sorgte im Mai 2006 die Insolvenz der Nici AG, dem Hersteller des WM-Maskottchens Goleo, von dem sogar drei Standardprogramme gleichzeitig betroffen waren. Weitere Pleiten folgten, z. B. Rohde und Schieder, wie bei Nici war meist Bilanzbetrug im Spiel. Marktbeobachter schätzen die Zahl der Konkurse inzwischen auf 15 bis 20 Firmen. Besonders heikel, dass manche Pleiten die Banken doppelt trafen: Neben Standard-Mezzanine hatten sie zusätzlich Kredite oder andere Mittel in ähnlicher Höhe an die späteren Bankrotteure vergeben. Hier trat die Nachrangigkeit von Mezzanine als Crux für die Geldgeber deutlich zu Tage, denn im Insolvenzfall werden erst die Banken und andere Gläubiger bedient, die Mezzanine-Geber stehen an vorletzter Stelle, wenn es meist nichts mehr zu verteilen gibt. So geriet diese Finanzierungsform bei den Investoren zunehmend unter Druck. Als letzte Transaktionen wurden im Frühjahr 2007 PREPS 2007-1 und H.E.A.T. I-2007 aufgelegt. Danach machte die Subprimekrise generell Verbriefungen und damit auch weitere Standard-Mezzanine-Programme bis heute unmöglich.

Billiges Geld, kein risikoadäquates Pricing

“Der Markt für Standard-Mezzanine ist zumindest aktuell tot”, sagt Dr. Klaus Weigel, Managing Partner der WP Board & Finance GmbH. Der Finanzexperte beobachtet den Standard-Mezzanine-Markt bereits seit einigen Jahren kritisch und ist Co-Autor eines in kürze erscheinenden Buches über Mezzanine-Finanzierung (Fußnote: “Mezzanine Kapital: Praxishandbuch für individuelles und standardisiertes Mezzanine-Kapital”, von Jürgen Brokamp, Klaus Weigel u. a., Verlag Franz Vahlen, erscheint im Juli 2008.) Abgesehen von Subprimekrise und Insolvenzen waren seiner Meinung nach auch aus anderen Gründen Probleme vorprogrammiert. Zum einen wurde das Geld zu billig vergeben, der Preis entsprach nicht dem Risiko: In der heißen Phase lagen die Zinsen zwischen 6,5 und 7% und damit eher in der Bandbreite von Fremdkapital als Eigenkapital, obwohl Mezzanine aufgrund der Nachrangigkeit ja eher einen Eigenkapital-ähnlichen Charakter hat. “Die Margen waren zu klein und wurden den Ausfallrisiken, die heute erkennbar sind, nicht gerecht. Das drückt die Renditen nach unten. Deshalb stehen die betroffenen Investoren nun im Regen und überlegen sich gut, ob sie noch einmal investieren werden”, erklärt Dr. Weigel.

Unzureichende Prüfmechanismen

“Kritik gab es auch an den teilweise unzureichenden Prüfmechanismen und einer nicht hinreichenden Risikoanalyse der finanzierten Firmen”, erklärt Andreas Rams, Manager und Prokurist, PricewaterhouseCoopers Corporate Finance in Düsseldorf. Als Eintrittskarte für Standard-Mezzanine müssen sich die Unternehmen einem Rating, etwa von Moody’s, unterziehen und gewisse Bonitätsklassen erreichen. Diese Ratings reichen als Grundlage nicht aus, da sie eine rein vergangenheitsbezogene Analyse liefern, lautet ein häufiger Vorwurf. Manche Experten raten, schärfer zu prüfen und die Vergabe von Standard-Mezzanine auf Basis einer Due Diligence zu entscheiden. Der Geldgeber muss herausfinden, ob das Unternehmen auch künftig mit hoher Wahrscheinlichkeit ein stabiles Umfeld und stabile Cashflows haben wird. Schließlich muss es über die gesamte Laufzeit von meist sieben Jahren hinweg die jährlichen Zinszahlungen leisten und am Ende den Gesamtbetrag auf einen Schlag zurückzahlen. Die Frage, ob damit auch die geschickt gemachten Bilanzfälschungen entdeckt worden wären, steht auf einem anderen Blatt. Andererseits hat man es den Unternehmern durch die reine Zahlengläubigkeit sicher auch zu leicht gemacht, schnell an viel Geld zu kommen.

Drohende Rückzahlungsprobleme am Laufzeitende

“Die Mehrzahl der Problemfälle wird erst noch kommen”, prophezeit Dr. Weigel. Viele Unternehmen werden am Ende der Laufzeit nicht aus eigener Kraft in der Lage sein, die zehn, 15 oder 20 Mio. Euro auf einen Schlag zurückzuzahlen. Wenn ihnen dann keine anderen Refinanzierungsmöglichkeiten wie Bankkredite, weiteres Mezzanine oder Ähnliches zur Verfügung steht, wird es eng, so Dr. Weigel. Zahlreiche Beteiligungsgesellschaften bereiten sich schon heute auf diesen Tag x der Fälligkeiten vor, wenn so manches Unternehmen händeringend nach einer Anschlussfinanzierung suchen wird. Dann könnten unter Druck stehende Firmen Minderheitsbeteiligungen sogar Unternehmensbewertungen aufgeschlossen gegenüberstehen, die sie vorher niemals in Betracht gezogen hätten.

Lessons learned

Damit sich der Markt wieder belebt, sind sich die Experten einig, müssen in erster Linie die Prüfprozesse verschärft, die Einflussmöglichkeiten der Geldgeber während der Laufzeit verbessert und die Zinsen deutlich erhöht werden – von 6,5 – 7,5% in den Hochphasen auf mindestens 10%. Aber damit könnte Standard-Mezzanine an Attraktivität für den Mittelständler einbüßen, der daran ja gerade die niedrigen Zinsen, die laxen Prüfprozesse und geringen Einflussmöglichkeiten geschätzt hat, sagt Dr. Weigel. Um das Vertrauen der Investoren wieder zu gewinnen, bräuchte man breitere Programme, hinter denen mehrere Häuser stehen. Unerlässlich ist eine bessere Risikodiversifizierung (im Fachjargon: eine höhere Granularität), so dass ein einzelner Ausfall nicht mehr so gravierend aufs Gesamtportfolio durchschlägt. Nun stehen die ersten Anbieter wieder am Start. “Unter der Voraussetzung erhöhter Transparenz wird sich der Markt wieder beruhigen. Im Zuge eines Ausklingens der Kreditkrise werden neue Emissionen möglich werden. Mezzanine-Kapital bietet nachhaltig Potenzial”, sagt Andreas Rams von PricewaterhouseCoopers Corporate Finance.

Ante portas: H.E.A.T. Mezzanine I-2008 von HSBC und CEG

Als Eisbrecher wollen die Marktführer und Pioniere HSBC Trinkaus (H.E.A.T.) und Capital Efficiency Group (CEG/PREPS) eine neue und erstmals gemeinsame Mezzanine-Transaktion auflegen. Damit soll der Markt für Standard-Mezzanine wiederbelebt werden. Das Portfolio für H.E.A.T. Mezzanine I-2008 soll aus etwa 60 mittelständischen Unternehmen bestehen und ein Volumen von rund 250 Mio. Euro umfassen. Die teilnehmenden Unternehmen sollen Mitte Juni feststehen, die Platzierung soll Ende Juli abgeschlossen sein.Durch den gemeinschaftlichen Ansatz können wir dem Markt ein ausgewogenes Portfolio mit geringen Einzelrisiken bieten”, sagt Dr. Ferdinand Rust, Vorstand der Capital Effiency Group. “Das Interesse institutioneller Investoren am deutschen Mittelstand ist nach wie vor groß. Und Ziel von Programm-Mezzanine ist es, den Kapitalmarkt für den breiten Mittelstand zu öffnen. Deswegen bin ich von dem langfristigen Erfolg dieses Produkts überzeugt”, so Dr. Rust. Laut Michael Auracher, Head of Structured Solutions Group und Leiter der Transaktion bei HSBC Trinkaus (siehe Interview Seite XX), wurde von vielen Investoren bereits Interesse signalisiert. CEG und HSBC zufolge ist die Transaktion der Beginn eines lang erwarteten Konsolidierungs- und Standardisierungsprozesses im deutschen Mezzanine-Markt.

Conpair

Als weiterer Anbieter plant der Essener Mittelstandsfinanzierer Conpair ein neues Mezzanine-Programm für den Mittelstand aufzulegen. Die Zielgröße des Portfolios liegt bei rund 250 Mio. Euro und 80 Unternehmen, die Refinanzierung soll Ende Juni erfolgen. Conpair hatte mit SME Growth relativ spät im April 2007 erstmals ein Standard-Mezzanine Programm aufgelegt. Die Essener konnten das ursprünglich mit einem Volumen von 350 Mio. Euro geplante Portfolio im letzten Herbst jedoch wegen der Kapitalmarktflaute nicht gemeinsam mit Lehman Brothers bei CDO-Investoren platzieren und starteten dieses Jahr einen neuen Anlauf. “Da der klassische Verbriefungsmarkt auch im 1. Quartal 2008 noch eine hohe Zurückhaltung bei Neuengagements gezeigt hat, haben wir uns entschlossen, neue Investorenklassen anzusprechen”, sagt Prof. Dr. Michael Nelles, CEO Conpair AG. Mit ACP Capital konnte Conpair einen Investor mit Sitz auf Jersey als Ankerinvestor gewinnen, der über eine ausgeprägte Finanzierungsexpertise bei der Assetklasse Mittelstand verfügt. Außerdem hat ACP Capital in einem mehrwöchigen, intensiven und transparenten Due Diligence-Prozess alle Portfoliounternehmen durchleuchtet. Diese strenge Prüfung und weitere speziell auf das Investoreninteresse zielende Produktmodifikationen haben dazu geführt, dass auch weitere Investoren insbesondere für die Senior-Tranchen wieder Vertrauen in diese Assetklasse gewonnen haben”, sagt Prof. Nelles.

Fazit
Auch im Bereich der Standard-Mezzanine-Programme scheint sich ein an den Kapitalmärkten typischer Zyklus von Boom, Überhitzung und Crash mit anschließender Normalisierungsphase zu wiederholen. Auch hier wurden in der Euphorie Fehler gemacht. Jetzt kommt es darauf an, aus diesen Fehlern zu lernen. Die Hausaufgaben scheinen gemacht, neue Programme stehen bereit. Bleibt abzuwarten, ob es den Anbietern gelingt, die Investoren wieder zu überzeugen. Davon wird es abhängen, ob den Unternehmen auch künftig Standard-Mezzanine-Programme als Ergänzung im Finanzierungsmix zur Verfügung stehen werden.

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