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Perspektivlosigkeit im Nachfolgeprozess?

Ein Gründerchef geht, ein junger Nachfolger mit Veränderungsdrang tritt an und langgediente Führungskräfte hoffen auf ihre Chance: Erfolgreiche Nachfolgeprozesse berücksichtigen die Perspektiven aller handelnden Personen.

In vielen Fällen scheitert die Unternehmensübernahme an verschiedenen Vorstellungen über die Zukunft des Unternehmens. Die Balance zwischen Erfahrung und Neuem stellt die Führungsherausforderung für die Übernehmer im Nachfolgeprozess dar. Jede Entscheidung muss hierbei objektiv und professionell aus der unternehmerischen als auch aus der persönlichen Positions- und Zielbestimmung abgeleitet werden. Jeder der Beteiligten sollte sich darüber im Klaren sein, was er durch diese Entscheidung gewinnt und was er verliert: Nur wer die Alternativen kennt, trifft eine echte Entscheidung.

Seniorgeneration – Vertrauen in das Neue

Zwei Seelen schlagen in der Brust eines Seniors, der sein Unternehmen an den Nachfolger übergeben soll. Einerseits erfüllt ihn der brennende Wunsch, das Lebenswerk in die Hände eines kompetenten Nachfolgers zu legen, um das eigene Werk in den kommenden Generationen gesichert und gewürdigt zu wissen. Zugleich ist er von Skepsis erfüllt, inwieweit diese Aufgabe durch den Nachfolger wirklich erschöpfend ausgeübt werden kann.

Geschäftsmodell, Unternehmenskultur, Führungsstil und Bonität – alle diese Dinge sind in aller Regel stark durch den alten Inhaber geprägt. Der bisherige Chef ist oft genug im wahrsten Sinne des Wortes der wichtigste Bonitätsfaktor überhaupt – und damit nicht ohne weiteres zu ersetzen, obwohl auch der Nachfolger natürlich baldmöglichst das Vertrauen der Banken gewinnen muss. Mehr noch: Die Banken müssen zu der festen Überzeugung gelangen, dass der Generationswechsel im Unternehmen zu keinerlei Brüchen führt.Ein Gründerchef geht, ein junger Nachfolger mit Veränderungsdrang tritt an und langgediente Führungskräfte hoffen auf ihre Chance: Erfolgreiche Nachfolgeprozesse berücksichtigen die Perspektiven aller handelnden Personen.

Juniorgeneration – Bewahrung eines Lebenswerkes

Nachfolger in Familienunternehmen treten oft ein fast janusartiges Erbe an. Einerseits sind sie durch die familiäre Nähe zum Betrieb und dessen Leitung von Klein auf mit dem Unternehmen vertraut und treten ihre Führungsfunktion daher mit einem gewissen Startvorteil an. Zugleich fällt es ihnen gerade aufgrund dieser gewachsenen Verbundenheit wesentlich schwerer, nach dem prägenden Vorgänger eine eigene Positionierung vorzunehmen.

Was aber soll und was kann der Nachfolger ändern? Wie kann er dem Unternehmen seinen eigenen Stempel aufdrücken, ohne alles Bisherige über Bord zu werfen? Seine Kompetenzen und Qualitäten als Führungskraft werden dabei nicht selten daran bemessen, wie sehr er die vom Vorgänger gelebte Rolle bruchlos fortführen kann. Der Nachfolger muss jedoch seinen eigenen Stil haben dürfen und sein Führungsverständnis sowie seine eigenen Wertvorstellungen im Unternehmen verankern. Der Spagat zwischen der Akzeptanz als Vorgesetztem einerseits und dem gerade in inhabergeführten Unternehmen so wichtigen familiären Umgang andererseits ist für viele Nachfolger nur sehr schwer auszuhalten. Bei alledem ist auch die Motivationslage des potenziellen Nachfolgers – von Pflichtgefühl gegenüber der Familie bis hin zu unternehmerischer Leidenschaft – zu bedenken. Der Anteil der Nachfolgen aus Pflichtgefühl gegenüber dem Unternehmervater, ohne dass unbedingt Leidenschaft für das Unternehmerische bzw. eine entsprechende Identifikation mit dem Familienbetrieb an sich besteht, ist immer noch relativ hoch.Ein Gründerchef geht, ein junger Nachfolger mit Veränderungsdrang tritt an und langgediente Führungskräfte hoffen auf ihre Chance: Erfolgreiche Nachfolgeprozesse berücksichtigen die Perspektiven aller handelnden Personen.

Management – Spagat zwischen Führen und Dienen

Im Spannungsfeld zwischen der übergebenden und der übernehmenden Generation ist auch die Perspektive der Führungskräfte sehr bedeutsam, zumal es häufig vorkommt, dass die ein oder andere Führungskraft auf die Geschäftsführerposition und die Nachfolge spekuliert.

Führungskräfte mit Ambitionen auf die Führungsnachfolge verfügen in der Regel über langjährige Branchen- und Lebenserfahrung. Kompetenzen also, über die ein (junger) Nachfolger meist noch nicht vollständig verfügt. Die Chancen und Risiken sowie die Zukunftsvision für das Unternehmen sind solchen ambitionierten Führungskräften meist sehr klar, ebenso das Anforderungsprofil, das an die nachfolgende Generation gestellt wird – unabhängig davon, ob es sich um ein Familienmitglied handelt.

Fazit

Eine erfolgreiche Unternehmernachfolge setzt an erster Stelle einen Unternehmer voraus, der den genannten Ansprüchen genügt und über eine eigene unternehmerische Vision verfügt, da es in aller Regel nicht reicht, das Erworbene bloß zu verwalten. Sieht man zudem im Zusammenspiel von Übergeber, Nachfolger und Führungskräften Chancen, die ein neues strategisches Konzept, eine geänderte Führung bzw. eine Neustrukturierung des Gesellschafterkreises bieten, dann sollte bei rechtzeitiger und professioneller Gestaltung des Nachfolgeprozesses auch die Zukunftssicherung des Unternehmens gewährleistet sein.


Zu den Personen 

Prof. Dr. Norbert Wieselhuber ist Vorsitzender der Geschäftsführung und Gustl F. Thum ist Mitglied der Geschäftsleitung bei der Dr. Wieselhuber & Partner GmbH. W&P ist die führende Top-Management-Beratung für Familienunternehmen in Deutschland mit Büros in München, Düsseldorf und Hamburg. www.wieselhuber.de

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