Website-Icon Unternehmeredition.de

Pensionsrückstellungen unter Druck

Je niedriger die Zinsen, desto höher steigen die Pensionsrückstellungen. Die Auswirkungen auf Bonität und Ergebnis sind erheblich.

Die Unternehmen im Mittelstand bilanzieren überwiegend nach handelsrechtlichen Bilanzvorschriften. Seit dem Inkrafttreten des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) zum 01. Januar 2009 sind Rückstellungen für unmittelbare Pensionsverpflichtungen mit einem marktnahen Zins zu bewerten.

Rückstellungen steigen um zehn bis 25 Prozent

Der Zinssatz nach §253 HGB (Laufzeit 15 Jahre) © Südvers Vorsorge GmbH

Anfänglich herrschte noch ein allgemein hohes Zinsniveau vor: Der anzuwendende Zins betrug im Dezember 2008 noch 5,25 Prozent und stieg zwischenzeitlich sogar noch leicht an. Seitdem aber die sehr hohen Renditen nach und nach aus dem Durchschnittszeitraum der letzten sieben Jahre herausfallen, sinkt der Rechnungszinssatz seit der Jahresmitte 2012 immer schneller! Ende 2015 betrug dieser Zinssatz 3,89 Prozent nach 4,53 Prozent 2014. Bis zum Jahr 2017 wird voraussichtlich ein Zinssatz von circa 2,8 Prozent erreicht. Was sich zunächst nicht dramatisch anhört, wirkt sich durch Zins und Zinseszinseffekte erheblich aus. Es gilt die Faustregel: Sinkt der Zins um ein Prozent, dann steigen die Pensionsrückstellungen in der Handelsbilanz um circa zehn bis 25 Prozent. Die konkreten Auswirkungen können für den Einzelfall exakt berechnet werden. Dabei spielt insbesondere das Alter der Versorgungsberechtigten eine erhebliche Rolle.

Diese zusätzliche Belastung ist unabhängig von der automatischen Progressionskurve der Rückstellungen zu sehen und kann steuerlich nicht geltend gemacht werden.

Gesetzesentwurf bringt keine „echte Entlastung“

Die bislang gültige Regelung, den Zinssatz auf Basis eines Durchschnitts über sieben Jahre zu ermitteln, soll nun durch eine Regelung, den Durchschnitt über zehn Jahre zu ermitteln, abgelöst werden. Vorgesehen ist eine Ausschüttungssperre für den Unterschiedsbetrag aus einer Bewertung mit dem siebenjährigen und dem zehnjährigen Durchschnittszins. Erste Auswertungen ergeben bei Nutzung des Wahlrechtes eine Steigerung auf 4,3 Prozent zum 31.12.2015. Die neue Regelung soll für Geschäftsjahre gelten, die nach dem 31.12.2015 enden, wahlweise auch schon für zuvor liegende Bilanztermine.

Allerdings wird bei einer anhaltenden Niedrigzinsphase dadurch das „Problem“ nur aufgeschoben statt aufgehoben. In der Praxis werden die Unternehmen nämlich von diesen Zusatzbelastungen im Nachhinein überrascht, da die erforderlichen versicherungsmathematischen Gutachten erst nach dem Bilanzstichtag erstellt werden und somit in der Planung unberücksichtigt waren.Je niedriger die Zinsen, desto höher steigen die Pensionsrückstellungen. Die Auswirkungen auf Bonität und Ergebnis sind erheblich.

Wie schlimm die steigenden Rückstellungen sind, hängt von der wirtschaftlichen Situation im Einzelfall ab. Zunächst mindern die Belastungen den Gewinn und damit die Ausschüttungshöhe. Es werden Bilanzkennzahlen, wie Eigenkapitalquote und Umsatzrendite, beeinflusst und durch eine einhergehende Verschlechterung der Bonität auch weitere Zusatzbelastungen bei der Refinanzierung ausgelöst. Bei niedriger Eigenkapitalausstattung kann die Situation allerdings existenzbedrohend werden. Durch die steigenden Rückstellungen wird das Eigenkapital aufgezehrt und kann im schlimmsten Fall zur Überschuldung führen.

Erschwerend hinzu kommt in der Regel, dass die getroffene Vorsorge zur Ausfinanzierung bzw. Rückdeckung der Verpflichtungen hinter den prognostizierten Ablaufleistungen zurückbleibt. Je niedriger die am Markt erreichbare Verzinsung ist, desto mehr Mittel müssen aus dem laufenden Geschäft eingesetzt werden.

Mangelnde Liquidität der Ausfinanzierung

Durch eine Umstellung der Zusage von einer Altersrente in eine Kapitalleistung werden die Pensionsrückstellungen in der Handelsbilanz erheblich reduziert. Ein weiterer Vorteil ergibt sich auch bei einem Verkauf oder einer Übergabe an die Kinder. Mit der Einmalzahlung zum Rentenbeginn wird ein klarer Schlussstrich gezogen. Allerdings verliert der Versorgungsberechtigte dabei einen nicht unwesentlichen Wert seiner Altersversorgung.

Eine weitere Möglichkeit, die Belastungen zu reduzieren, ist ein Teilverzicht auf die Versorgung. Wichtig ist dabei, diesen auf den zukünftig noch nicht erdienten

Die Entwicklung der Steuer- und Handelsbilanz (© Südvers Vorsorge GmbH)

Teil zu beschränken. Dabei wird der Quotient aus tatsächlicher und möglicher Dienstzeit ab Zusagezeitpunkt gebildet und mit dem Vollanspruch multipliziert. Diese Änderung sollte immer von Juristen und Mathematikern begleitet werden, kann aber im Ergebnis zu einer deutlichen Entlastung führen, insbesondere wenn der Renteneintritt noch in weiter Ferne liegt.

Desweiteren kann die Bilanz durch die Auslagerung auf einen externen Versorgungsträger wie den Pensionsfonds und/oder die Unterstützungskasse bereinigt werden. In der Praxis scheitert dies jedoch meistens an der mangelnden Liquidität. Die Ausfinanzierung ist dabei oft die bessere, weil flexiblere Alternative. Je nach Ertragslage kann eine flexible Dotierung erfolgen, und im vorzeitigen Todesfall des Versorgungsberechtigten und der Hinterbliebenen können die verbleibenden Vermögenswerte an das Unternehmen zurückfließen. Zweckgebundenes Vermögen (Plan Asset) kann dabei mit den Verpflichtungen in der HB (Handelsbilanz) saldiert werden. In Zeiten des Niedrigzinses und einer ausreichenden Liquidität sicher eine interessante Variante.Je niedriger die Zinsen, desto höher steigen die Pensionsrückstellungen. Die Auswirkungen auf Bonität und Ergebnis sind erheblich.

Was im Einzelfall die beste Lösung ist, lässt sich nur durch eine qualifizierte Beratung feststellen. Dabei hat sich in der Praxis folgende Vorgehensweise bewährt:

  1. Pensionszusagen-Check und Prognoserechnung
    Arbeits- und steuerrechtliche Prüfung der Zusage sowie eine Finanzierungsanalyse zur Bestimmung des Rückdeckungsgrades. Außerdem
    Prognoseberechnung zur zukünftigen Entwicklung der Rückstellungen, dann ist der Status quo klar und greifbar.
  2. Änderung der Zusage
    Aufbauend auf der Analyse und den Motiven des Gesellschafter-Geschäftsführers wird nun nach der passenden Lösung gesucht. Eine Umstellung auf Kapitalleistung wird geprüft, eine mögliche Reduzierung und auch die Alternativen der Auslagerung und Ausfinanzierung berechnet. Die Vorgehensweise wird mit verbindlicher Auskunft mit dem Finanzamt abgestimmt und die Änderungen in einem Nachtrag und Gesellschafterbeschluss vorbereitet.
  3. Umsetzung
    Nach erfolgter Genehmigung vom Finanzamt können die Änderungen im Nachtrag und Gesellschafterbeschluss unterzeichnet werden. Parallel können die Rückdeckungsmittel durch Ausfinanzierung angepasst oder die Auslagerung durchgeführt werden.

Zur Person

(© Südvers GmbH)

Felix Hänsler ist seit Januar 2014 Leiter der Südvers Vorsorge GmbH Au/Freiburg im Breisgau. Als Dozent für die Bereiche praxisorientiertes Finanzrechnen und betriebliche Altersversorgung ist er ein gefragter Referent in der Branche. www.suedvers.de/versorgung

Die mobile Version verlassen