Brexit schockiert Wirtschaft

Dass es knapp werden könnte, dürfte allen klar gewesen sein. Doch dass die Brexit-Befürworter gewinnen, hätten wohl die wenigsten gedacht. Die Reaktionen der Wirtschaft schwanken zwischen Entsetzen und Rufen zur Besonnenheit.

„Der Brexit ist für die deutsche Wirtschaft ein Schlag ins Kontor. Bei einem ihrer wichtigsten Handelspartner müssen sich die deutschen Unternehmen auf erhebliche Veränderungen einstellen“, kommentierte Dr. Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, die Entscheidung der Briten. Kurzfristig sei zu befürchten, dass der Absatz deutscher Produkte in Großbritannien schwächer werde. „Wir bedauern zutiefst das Ergebnis des Referendums. Das Resultat ist ein Alarmsignal an uns Europäer, die EU wettbewerbsfähiger zu machen“, stimmte ihm Markus Kerber, Hauptgeschäftsführer des Bundesverband der Deutschen Industrie. Die British Chamber of Commerce respektiert zwar, dass wohl auch einige Unternehmer unter den Brexit-Befürwortern waren. Umso mehr erwartet sie jetzt von der britischen Regierung einen detaillierten Fahrplan für den Austritt, der die Wirtschaft stützt und das Vertrauen der Investoren bewahrt. Nun müssen der Marktzugang zur bestehenden EU und zahlreiche regulatorische Standards neu verhandelt werden. Diese Verhandlungen müssen zügig geführt werden, um die Phase der Unsicherheit zu begrenzen. Der britische Leitindex FTSE lag am Morgen nach dem Referendum mit acht Prozent im Minus – der größte Kursrutsch seit der Finanzkrise. Der EuroStoxx 50 lag neun Prozent im Minus, der DAX brach um zehn Prozent ein.

So klar die Meinung der Wirtschaft, so empfänglich war ein Teil der britischen Bevölkerung für die Argumente der Brexit-Befürworter. Die EU koste nur Geld, sei ein Bürokratiemonster und führe zu unkontrollierbarer Migration – so deren wichtigste Argumente. 51,89 Prozent stimmten für den Austritt, 48,11 Prozent waren dagegen. Als Protestwahl der Arbeiterklasse bezeichnete die Times den Ausgang des Referendums, die damit ihre Wut über „Globalisierung, Einwanderung und Elitentum“ zeigen wollte. Wie geteilt das Königreich ist, zeigt sich auch daran, dass Schottland und Nordirland nun ihrerseits Referenden über den Austritt aus UK in Erwägung ziehen. Denn durch den Brexit sehen sie ihre wirtschaftlichen Chancen schwinden, gemeinsam mit dem Großraum London hatten sie mehrheitlich für einen Verbleib in der Union gestimmt. 

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