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Ohne Export geht es nicht

Deutschland lebt weiterhin vom Export, auch wenn das binnenwirtschaftliche Umfeld derzeit so freundlich ist wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr. Ein Problem?

Auch wenn der deutsche Aktienmarkt momentan eine etwas andere Sprache spricht: Das wirtschaftliche Umfeld in Deutschland ist momentan so günstig wie lange nicht. Dazu trägt zum einen das Beschäftigungswachstum bei, das derzeit knapp ein Prozent beträgt und dank der kräftigen Nachfrage der Dienstleistungssektoren in den nächsten Monaten auf hohem Niveau verharren wird. Zum anderen expandieren die Stundenlöhne mit 2,5 Prozent in robustem Tempo. Auch hier ist der Trend aufwärtsgerichtet. Das gilt schließlich noch mehr für die übrigen Einkommensquellen wie Renten, Sozialleistungen und Gewinne. Berücksichtigt man die niedrige Teuerung, werden die Realeinkommen der Konsumenten 2016 voraussichtlich um mehr als drei Prozent zulegen. Dies ist zugleich das Potenzial für den Anstieg des privaten Verbrauchs.

Damit aber nicht genug, der Staat lässt sich dieses Jahr ebenfalls nicht lumpen. Der anhaltende Zustrom von Flüchtlingen erfordert öffentliche Mehrausgaben für Unterkunft, Verpflegung und medizinische Versorgung von mindestens zehn Mrd. Euro. Wir rechnen vor diesem Hintergrund im laufenden Jahr mit einer Zunahme des Staatskonsums um etwa vier Prozent. Das dritte Standbein der Binnennachfrage – die Baukonjunktur – rundet das freundliche Bild ab: Sämtliche Indikatoren (Auftragseingänge, Geschäftsklima, Baugenehmigungen) deuten auch hier auf eine Belebung hin. Die Bauinvestitionen sollten deshalb 2016 um drei Prozent zulegen.Deutschland lebt weiterhin vom Export, auch wenn das binnenwirtschaftliche Umfeld derzeit so freundlich ist wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr. Ein Problem?

Alles paletti also?

Kann Deutschland nach mehreren mageren Jahren (durchschnittliches Wachstum zwischen 2012 und 2015: 1,1 Prozent) wieder zwei Prozent Wachstum erreichen? Ein Selbstläufer ist das leider nicht. Auch wenn viele Konjunkturexperten das Erstarken der Binnennachfrage begrüßen, Deutschland lebt nach wie vor vom Export: Weite Teile des verarbeitenden Gewerbes sowie des Dienstleistungssektors sind von der Auslandsnachfrage abhängig. Gerade dort hat es zuletzt gehakt. Das Wachstum im Export ist im zweiten Halbjahr 2015 spürbar abgesackt. Darüber hinaus ließen die Unternehmensumfragen vom Januar (ifo-Barometer und Einkaufsmanagerindex) Anfang 2016 noch keine Wende zum Besseren erkennen. Dies ist mehr als ein Schönheitsfehler. Ist der Export schwach, fehlen nicht nur die Impulse vom Außenhandel, die Unternehmen werden sich darüber hinaus mit Investitionen in Maschinen und Anlagen zurückhalten. Der Aufschwung läuft dann weiterhin nicht auf allen Zylindern. 2016 könnte daher wieder ein enttäuschendes Jahr werden.

Wir sind indes zuversichtlich, dass in den nächsten Monaten eine weltwirtschaftliche Erholung stattfindet. In den USA dürfte sich der Wachstumseinbruch im vierten Quartal als temporärer Durchhänger erweisen. Darüber hinaus mehren sich aber auch die Hinweise, dass die Stimulierungsmaßnahmen der chinesischen Regierung endlich Wirkung zeigen und der konjunkturelle Abwärtstrend im Reich der Mitte zumindest vorrübergehend zum Stillstand kommt. Der Rückenwind vom Außenhandel sollte entsprechend im Laufe des ersten Quartals zunehmen und das Wachstum in Deutschland zur Jahresmitte auf zwei Prozent zusteuern. Dies ist auch nach wie vor die zentrale Botschaft unserer Frühindikatoren, die für die nächsten Monate eine konjunkturelle Belebung signalisieren.


Zur Person

(© privat)

Dr. Daniel Hartmann ist Senior Analyst Economics der Bantleon Bank AG. Er verantwortet den Bereich Wirtschaftliche Entwicklung und Geldpolitik in der Eurozone, in Osteuropa und in der Schweiz. Im Jahr 2005 startete er als Analyst Economics. www.bantleon.com

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