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„Nachhaltigkeit ist ein Riesenthema in unserer Gruppe“

Foto: © Icruci_AdobeStock

Als börsennotierte mittelständische Beteiligungsgesellschaft konzentriert sich die INDUS Holding AG auf die langfristige Entwicklung ihrer Portfoliounternehmen. Trotz einiger Schwierigkeiten, besonders im Bereich Fahrzeugtechnik, ist man hier bislang gut durch die Krisen gekommen. Wir sprachen mit dem Vorstand Rudolf Weichert.

Unternehmeredition: Herr Weichert, beschreiben Sie uns bitte kurz Ihren Investmentstil. Für welche Unternehmensphasen und welche Größenklasse von Unternehmen ist Indus der richtige Investor und wie sieht Ihr „Sweet Spot“ aus?

Rudolf Weichert: Wir investieren in den deutschen produzierenden Mittelstand, vorzugsweise kümmern wir uns um Nachfolgeregelungen von vormals familiengeführten Unternehmen. Das sind eher kleinere KMU. Unser Sweet Spot liegt zwischen 15 und 70 Mio. EUR Umsatz. Das sind Unternehmensgrößen, mit denen wir uns wohlfühlen. Wir investieren nur in schon etablierte gut laufende Unternehmen, nicht in Restrukturierungsfälle und in der Regel auch nicht in Start-ups, die eine andere Herangehensweise erfordern. Wir suchen nach Zukunftsunternehmen, die von der Größenordnung zu uns passen, und schauen nach Zukunftsgeschäftsfeldern, die wir gerne zu unserem Portfolio addieren möchten. Unser Blick ist langfristig und nachhaltig, d.h. wir achten darauf, welche Unternehmen sich entwickeln können, welche Geschäftsmodelle skalierbar sind und welche Wachstumschancen sich in den nächsten fünf bis zehn Jahren ergeben.

Wie setzt sich Ihr Portfolio hinsichtlich der einzelnen Sektoren zusammen?

Nach dem Strategie-Update „PARKOUR perform“ setzt sich das INDUS-Portfolio seit dem 1. Januar 2023 aus drei Kernsegmenten zusammen: Engineering, Infrastructure und Materials. Der Fokus liegt dabei auf Industrietechnik-Unternehmen mit klaren Technologieschwerpunkten. Bei den jährlich zwei bis drei Zukäufen und der Entwicklung der aktuell 47 Beteiligungen orientieren wir uns an verschiedenen Zukunftsthemen. Diese leiten sich aus den großen Megatrends Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Mobilität und Urbanisierung sowie Demografie und Gesundheit ab.

Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit?

Das ist ein Riesenthema bei uns in der Gruppe, es wird von einem eigenen Vorstandsressort betreut, und eine eigene Mitarbeiterin in der Holding kümmert sich Vollzeit darum. Alle unsere Unternehmen sind auf den Klimaschutzplan verpflichtet. Unser Ziel ist es, im Einklang mit dem nationalen Klimaschutzplan spätestens bis 2045 Klimaneutralität zu erreichen, und wir haben Reduktionspläne mit jedem einzelnen Unternehmen vereinbart, monitoren diese und unterstützen im Rahmen einer internen Nachhaltigkeitsförderbank Investitionen in diesem Bereich. Konkret geht es dabei um Investitionen, die zur signifikanten Reduktion von CO2 beitragen. Zur Förderung solcher Projekte stellen wir jährlich bis zu 3% vom Konzern-EBIT bereit.

Darüber hinaus haben wir ein Nachhaltigkeitsrating durch ISS-oekom und die Finanzierungen, die wir aufnehmen, sind ESG-linked. Das heißt, wenn wir Schuldscheine aufnehmen, verlinken wir diese mit unserem Nachhaltigkeitsrating. Kurz gesagt: Wenn wir im Nachhaltigkeitsrating abrutschen, zahlen wir mehr Zinsen, und wenn wir besser werden, zahlen wir weniger Zinsen.

Wie unterscheidet sich Ihr Modell des börsennotierten Private-Equity-Hauses denn von dem des klassischen Private-Equity-Fonds?

Als börsennotierte Beteiligungsgesellschaft haben wir eine wesentlich höhere Transparenz. Wir haben ein regelmäßiges Reporting, eine Quartalsfinanzberichterstattung und eine sehr transparente Governancestruktur mit einem komplett mitbestimmten Aufsichtsrat mit Arbeitnehmervertretern. Und das ist im Grunde auch ein Vorteil für unsere Stakeholder und für unsere Zielgruppe, die Familienunternehmen, die sich natürlich auch darüber informieren, mit wem sie es zu tun haben. Die Anforderungen, denen wir als börsennotiertes Unternehmen unterliegen, sind hoch. Mit unseren 10.000 Mitarbeitern weltweit, aktuell 47 Beteiligungen und grob 2 Mrd. EUR Umsatz werden wir immer als großer Konzern angesehen, das heißt wir unterliegen allen Regularien. Ein Beispiel ist das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, das seit 1. Januar 2023 in Kraft ist. Das müssen wir als Konzern schon umsetzen und so üben wir hier auch eine Vorreiterrolle für andere Unternehmen aus.

Im Rahmen des Strategieprogramms PARKOUR perform prüft Indus Unternehmensverkäufe und setzt sich bis 2025 ehrgeizige Ziele wie ein Gruppenumsatz deutlich über 2 Mrd. EUR und eine EBIT-Zielmarge von über 10%. Was davon wurde bereits umgesetzt und welche Vorhaben sind noch offen?

Wir halten diese Ziele für absolut realistisch, wahrscheinlich heute sogar mehr als noch vor anderthalb Jahren. Die Coronakrise hat uns in Teilen stark betroffen. In Summe haben wir aber immer noch eine gute Performance in der gesamten Gruppe erzielt. 2021 hatten wir rund 1,7 Mrd. EUR Umsatz und 2022 erwarten wir eine deutliche Steigerung auf 1,9 bis 2 Mrd. EUR Umsatz.

Es gab seit 2019 eine Baustelle, die heißt Fahrzeugtechnik, und zwar geht es um die automobilen Serienzulieferer. Das Umfeld hat sich hier deutlich gewandelt. Aus INDUS-Gesamtsicht war das in den letzten Jahren der am wenigsten performende Bereich mit dem höchsten Risiko und den größten Investitionen. Mit PARKOUR perform haben wir die Entscheidung getroffen, das bisherige Segment Fahrzeugtechnik aufzulösen. Bei zwei Unternehmen, die nicht mehr in die strategische Ausrichtung passen, arbeiten wir an einem Verkauf bis zum Jahresende 2023.

Wie sind Ihre Geschäftserwartungen für 2023?

Unser Ausblick 2023 ist verhalten optimistisch. Wir gehen weiter davon aus, dass die Segmente und die Unternehmen operativ gut performen werden. Zwar rechnen wir im Segment Infrastructure mit einem leichten Rückgang aufgrund der Baukonjunktur. Aber ansonsten gehen wir davon aus, dass die Geschäfte auf einem guten Niveau weiterlaufen werden.

Wir danken Ihnen für das interessante Gespräch!


ZUR PERSON

Rudolf Weichert (geb. 1963) ist seit Juni 2012 Vorstand der INDUS Holding AG. Davor war er neun Jahre als Partner für die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG tätig. Hiervon verbrachte er knapp drei Jahre in Detroit/USA und betreute dort im Wesentlichen Unternehmen der Automobilindustrie, des Maschinen- und Anlagenbaus und des Werkstoffhandels. Insgesamt arbeitete der studierte Kaufmann rund 20 Jahre für KPMG.

 

https://indus.de/

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