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Nachfolge – Vorbereitung entscheidet!

Die Regelung der eigenen Nachfolge ist für mittelständische Unternehmer mit die größte persönliche Herausforderung im Arbeitsleben. Es ist sinnvoll, sich damit bereits frühzeitig offen zu beschäftigen und das Gespräch mit engen persönlichen Wegbegleitern zu suchen.

Bekanntermaßen bilden mittelständische Unternehmen das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, und die weitaus meisten mittelständischen Firmen werden von ihren Inhabern geführt. Dabei macht die viel zitierte Überalterung unserer Gesellschaft auch vor mittelständischen Unternehmern nicht halt. Gemäß entsprechenden Studien umfasst diese vermeintlich kleine Bevölkerungsgruppe in Deutschland immerhin so viele Personen, dass alljährlich viele Tausend Firmeninhaber in das Alter kommen, in dem sie ihre Nachfolge als Unternehmenslenker und gegebenenfalls auch als Unternehmenseigner regeln müssen bzw. sollten.

Nachfolge wird verdrängt

In unzähligen Publikationen sowie wirtschaftlichen und politischen Initiativen wird das Thema der Nachfolgeregelung von Unternehmern in Deutschland aufgegriffen. Ursache hierfür ist einerseits die hohe gesamtwirtschaftliche Bedeutung, die dem erfolgreichen (Fort-)Bestand des deutschen Mittelstands zukommt, und andererseits das weithin bekannte Phänomen, dass die Übergabe eines Unternehmens an einen Nachfolger mit Problemen und Hindernissen einhergehen kann.

Die größten Probleme bzw. Herausforderungen in Zusammenhang mit der Unternehmer-Nachfolgeregelung sind die Bestimmung des richtigen Zeitpunktes, die Persönlichkeit des Unternehmers und damit zusammenhängend das „Verdrängungsproblem“ sowie die Notwendigkeit der umfassenden und systematischen Bearbeitung und Herangehensweise.

Für Unternehmer existiert kein gesetzliches Rentenalter. Anders als die meisten Arbeitnehmer sind sie grundsätzlich frei in der Entscheidung, zu welchem Zeitpunkt sie in den sogenannten dritten Lebensabschnitt übertreten möchten. Diese Undefiniertheit und Freiheit führen bei vielen allerdings dazu, dass sie die grundsätzliche Notwendigkeit der Nachfolgeregelung verdrängen.

Bei erfolgreichen Unternehmern finden sich in deutlicher Häufung Persönlichkeitsmerkmale wie Selbstsicherheit, Souveränität, Entscheidungsfreude und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Doch gerade diese Merkmale führen dazu, dass menschentypische Alterungserscheinungen tendenziell ausgeblendet oder negiert werden. Auch wird die Rolle des angesehenen Unternehmenslenkers nur sehr ungern gegen die des Privatiers bzw. Rentners eingetauscht. Daher wird die Beschäftigung mit der Regelung der eigenen Nachfolge oft aufgeschoben oder von der mit zunehmendem Alter immer zeitraubenderen Tagesarbeit erstickt.Die Regelung der eigenen Nachfolge ist für mittelständische Unternehmer mit die größte persönliche Herausforderung im Arbeitsleben. Es ist sinnvoll, sich damit bereits frühzeitig offen zu beschäftigen und das Gespräch mit engen persönlichen Wegbegleitern zu suchen.

Beteiligte einbinden

Jedoch trägt ein Unternehmer in Gesellschaft und Wirtschaft ein überdurchschnittliches Maß an Verantwortung: gegenüber Mitarbeitern, Lieferanten, Kunden und dem sonstigen wirtschaftlichen Umfeld des Unternehmens. Ein zu langes Festhalten an der Führungsfunktion schadet aber der Firma, kann im Extremfall sogar zu ihrem Niedergang führen. Dabei wird dann regelmäßig auch der Unternehmenswert des Unternehmens und damit des Familienvermögens signifikant belastet. Angesichts der Verantwortung gegenüber allen Interessensparteien des Unternehmens und letztlich auch gegenüber der eigenen Familie ist ein Verdrängen des eigenen Älterwerdens bzw. der rechtzeitigen Nachfolgeregelung nicht akzeptabel.

Ab dem Lebensalter von 55 sollte ein Unternehmer gemeinsam mit einem engen Vertrauten, etwa einem befreundeten Unternehmer, langjährigen Freund, langjährigen oder spezialisierten Berater und natürlich auch mit allen nahestehenden, betroffenen Familienangehörigen über die folgenden Fragen diskutieren und einen Plan definieren:

Wer soll die Leitungsfunktion im Unternehmen übernehmen? Wo kann diese Person gefunden werden? Wie lange dauert die Einarbeitung? Welcher Zeitpuffer existiert, falls die erste definierte Nachfolgeperson nicht reüssiert? Wann ist mit der Suche zu beginnen?

Auf Notfälle gefasst sein

Wie sieht die finanzielle Versorgung des Unternehmers im dritten Lebensabschnitt aus? Soll das Unternehmen veräußert werden? Sind steuerliche Aspekte zu berücksichtigen und noch rechtzeitig umzusetzen (oftmals erfordern steuerliche Umstrukturierungen fünf Jahre Übergangs-/Wartezeit)? Sollen noch Immobilien in das Unternehmen eingebracht oder aber herausgelöst werden?

Welchen Aufgaben/Beschäftigungsfeldern (etwa Beratungs-, Beirats-, Aufsichtsratsaufgaben, Tätigkeit als Business Angel, Verbandsarbeit, Immobilienentwicklung, Sport/Golf, Sprachen oder karitative Aufgaben) kann und möchte sich der Unternehmer im dritten Lebensabschnitt zuwenden? Je früher er sich mit neuen Aufgaben für die Zeit nach der aktiven Arbeit im Unternehmen beschäftigt, desto erfolgreicher und damit positiver wird er sich auf diesen Feldern entwickeln können.Die Regelung der eigenen Nachfolge ist für mittelständische Unternehmer mit die größte persönliche Herausforderung im Arbeitsleben. Es ist sinnvoll, sich damit bereits frühzeitig offen zu beschäftigen und das Gespräch mit engen persönlichen Wegbegleitern zu suchen.

All diese Fragen, überhaupt das Gesamtthema der Organisation der eigenen Nachfolge, sind ähnlich unangenehm und „sperrig“ wie die Erstellung von ebenso dringenden und wichtigen Dokumenten wie „Notfall-Koffer“, Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung, Testament, Anweisungen zur eigenen Bestattung. Doch je früher all diese Themen offen und systematisch überdacht, entschieden und angegangen werden, desto leichter fällt die Beschäftigung damit. Außerdem erweisen sich die wichtige Suche nach dem geeigneten Nachfolger sowie die Bereitschaft, sich ein Stück weit auf ihn einzustellen und ihn einzuarbeiten, als umso schwieriger, je älter der Unternehmer wird.

Abschließend kann nicht oft und klar genug betont werden, wie wichtig die rechtzeitige dezidierte Beschäftigung mit dem Gesamtthema ist. Definitiv wird die Bearbeitung und Festlegung von positiven Lösungen mit zunehmendem Alter des Unternehmers immer schwieriger. Leider sind in der Praxis immer wieder Fälle zu beobachten, in denen Unternehmer noch im Alter von über achtzig Jahren im operativen Tagesgeschäft tätig sind. Dies ist sicher selten optimal.

Neben dem Unternehmer selbst sind langjährige, enge Vertraute wie Steuerberater, Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer gefordert, ältere Unternehmer auf die dringende Notwendigkeit der aktiven Beschäftigung mit der Nachfolge hinzuweisen und sie gegebenenfalls zu unterstützen.

Fazit

Verdrängen nicht erlaubt! Tun Sie es jetzt! Holen Sie sich Unterstützung. Gehen Sie das Thema offen an. Es gibt kein „zu früh“ für die vorausschauende Beschäftigung mit dem Thema der eigenen Unternehmernachfolge.


Zur Person 

(© Angermann M&A International AG)

Dr. Lutz Becker ist Vorstand und Partner bei Angermann M&A International. Seit 25 Jahren ist er tätig im Bereich Corporate Finance/M&A bei Angermann M&A International AG, Hamburg, dem ältesten deutschen M&A-Beratungsunternehmen mit Fokus auf mittelständische Unternehmensverkäufe und -käufe. Als deutsches Team der Weltorganisation M&A International, Inc. besitzt Angermann führende Expertise bei der Beratung international ausgerichteter Mandate und Transaktionen. www.angermann-ma.de

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