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Nachfolge mit einem Investor

Familieninterne Unternehmensübergaben werden immer seltener. Man kann diese Entwicklung mit einem traurigen oder verständnisvollen Auge betrachten. In jedem Fall wirft sie die dringende Frage nach externen Alternativen zur Sicherung des Unternehmens auf.

Der Verkauf an einen industriellen Investor ist in den Köpfen der Unternehmer meist die naheliegendste Alternative zur familieninternen Nachfolge. Sie bietet die Chance, das eigene Unternehmen durch Kombination strategischer Werte auf eine nächste Entwicklungsstufe zu heben. Hierbei können die Unternehmen gegenseitig zum Beispiel vom Zugang in neue Märkte oder vom jeweiligen technologischen Know-how profitieren.

Oftmals ist damit auch die Hoffnung auf eine „strategische Prämie“ verbunden. Darunter versteht man die Erzielung eines Verkaufspreises, der den intrinsischen Wert des Unternehmens übersteigt, da der Käufer auch einen Teil der erwarteten Synergiewerte bezahlt.

In nahezu jeder Branche finden sich Transaktionen, in denen von außen betrachtet ein „Wahnsinnspreis“ gezahlt wurde. Erklären lässt sich dies oft durch hohen Investitionsdruck aufseiten des Käufers und eine Eigenschaft des Targets, die es einzigartig macht. So zahlte OSRAM für den unprofitablen Leuchtenbauer Siteco einen derart hohen Preis, da der Zukauf für die Weiterentwicklung des bedrohten Geschäftsmodells als absolut notwendig eingeschätzt wurde und Siteco schlicht das einzig verfügbare Target relevanter Größenordnung war.

In den allermeisten Fällen fordert der industrielle Investor die sofortige Übernahme von 100 Prozent der Anteile, um sich folglich die uneingeschränkte Gestaltungsfreiheit zu sichern.

Verteufeltes Private Equity

Möchte der verkaufende Unternehmer noch etwas länger operativ am Ruder bleiben, genießt er mit einem Finanzinvestor an der Seite einen weitaus größeren Handlungsspielraum als nach dem Verkauf an einen industriellen Investor. Übernimmt ein Finanzinvestor das Unternehmen, bleibt es weiter eigenständig und unter bekanntem Namen am Markt tätig.Familieninterne Unternehmensübergaben werden immer seltener. Man kann diese Entwicklung mit einem traurigen oder verständnisvollen Auge betrachten. In jedem Fall wirft sie die dringende Frage nach externen Alternativen zur Sicherung des Unternehmens auf.

Immer noch leiden Private-Equity-Häuser unter dem schlechten Ruf, den ihnen ein paar schwarze Schafe ihrer Zunft eingebracht haben. Unter Finanzinvestoren lässt sich zweifelsohne eine große charakterliche Vielfalt feststellen. Doch ein Großteil der in diesem Geschäft tätigen Menschen hat sich bereits über viele Jahre als professioneller, fairer und vertrauenswürdiger Partner erwiesen. Die vielen guten Erfahrungen mit Private Equity werden von den Medien ungleich seltener transportiert als die wenigen schlechten Erlebnisse.

Viel gelobte Family Offices

In den letzten Jahren wurden Family Offices als Alternative zu klassischen Finanzinvestoren immer populärer. Das in Direktbeteiligungen investierte Kapital großer Familienvermögen verspricht ein langfristiges Engagement und einen unternehmerischen Ansatz. So haben Family Offices in der Tat keine fest vorgegebenen Fondslaufzeiten wie die meisten institutionellen Finanzinvestoren und können so Unternehmensbeteiligungen sehr flexibel und theoretisch auch unbegrenzt lange halten.

Von Family Offices wird häufig ausgeprägtes „unternehmerisches Denken“ erwartet. Dahinter steht jedoch oft die übertriebene Hoffnung, dass ein ehemaliger Unternehmer den Wert des eigenen Unternehmens eher erkennt und höher einschätzt als vermeintlich zahlenfixierte Private-Equity-Investoren. Erfahrungsgemäß gehen Family Offices in Sachen Bewertung jedoch deutlich konservativer vor als institutionelle Investoren, die ihre Rendite aus dem erfolgreichen Wiederverkauf ziehen können.

Finanzinvestoren als Chance

Der Verkauf an einen Kapitalinvestor empfiehlt sich, wenn das Unternehmen nicht unbedingt Zugang zu strategischen Synergien benötigt, sondern aus eigener Kraft bzw. mit zusätzlichem Kapital weiter prosperieren kann. Wenn, wie zurzeit, die Banken finanzierungsfreudig sind und der Anlagedruck der Private-Equity-Häuser hoch ist, bieten diese zudem oftmals attraktivere Preise als strategische Investoren.Familieninterne Unternehmensübergaben werden immer seltener. Man kann diese Entwicklung mit einem traurigen oder verständnisvollen Auge betrachten. In jedem Fall wirft sie die dringende Frage nach externen Alternativen zur Sicherung des Unternehmens auf.

Finanzinvestoren bieten auch die Option eines zweistufigen Unternehmensverkaufs. Hierbei kann der Unternehmer bereits heute einen wesentlichen Teil des im Unternehmen gebundenen Vermögens „über die Brandmauer“ bringen, bleibt aber weiterhin wesentlich beteiligt. Mit frischem Kapital des Investors kann er die Entwicklung des Unternehmens mit eigenen Händen beschleunigen. Die bei ihm verbliebenen Anteile erfahren dabei die gleiche Wertentwicklung wie jene des Investors.

Oft unterschätzt: MBO

Der Verkauf des Lebenswerkes an das eigene Management (MBO = Management Buy-out) hat oft besonderen Charme. In der Regel vertraut der Eigentümer seinem Management aufgrund der jahrelangen Zusammenarbeit und weiß, dass seine unternehmerischen und ethischen Werte geteilt werden.

Unter Hinzunahme eines spezialisierten Finanzinvestors und bei intelligenter Schnürung eines attraktiven Beteiligungspaketes kann die meist bestehende Finanzierungslücke zur Erzielung eines fairen Unternehmenswertes überbrückt werden. Ein vom Unternehmer akribisch vorbereiteter Übergabeprozess ist jedoch Voraussetzung, um die inhärenten Interessenkonflikte mit dem Management stets in konstruktiven Bahnen zu halten.

Fazit

Die Spielarten der Transaktionsgestaltung mit Investoren sind äußerst vielfältig und auf die ganz persönlichen Bedürfnisse des Unternehmers sowie jene des Unternehmens abzustimmen. Möglichst alle Alternativen für diesen entscheidenden Schritt zu kennen und im besten Fall von einem erfahrenen Spezialisten anonym prüfen zu lassen, trägt entscheidend zum Gelingen der Nachfolge bei. Heinz von Foersters ethischer Imperativ hat wohl auch hier seine Gültigkeit: „Handle stets so, dass die Anzahl der Wahlmöglichkeiten größer wird.“


 

Martin Kanatschnig ist Mitbegründer und Vorstand der Aquin & Cie. AG, eines M&A-Beratungshauses für mittelständische, eigentümergeführte Unternehmen. Er ist spezialisiert auf den Kauf und Verkauf technologieorientierter Gesellschaften, Management-Buy-outs sowie Wachstumsfinanzierungen. www.aquin-cie.com

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