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Nachfolge im Herzen der Unternehmen regeln

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Jede Unternehmensnachfolge ist auf ihre Weise komplex – für Private-Equity-Gesellschaften wie Novum Capital und Zielunternehmen gleichermaßen. Manchmal ist es der harte Zugriff der Banken, der Unternehmen in ihrer Handlungsfreiheit hemmt. Manchmal erhöhen rechtliche und steuerliche Strukturen die Komplexität und verstellen den Blick für das Wesentliche. Dann wiederum blockieren komplizierte, festgefahrene Gesellschafterverhältnisse das unternehmerische Handeln oder Unternehmen hängen so stark vom Wissen und der Erfahrung einzelner Personen ab, dass eine geordnete Übergabe sehr anspruchsvoll ist.

Komplexe Nachfolgekonstellationen kennen wir bei Novum Capital aus unterschiedlichen Praxisfällen. Die gute Nachricht lautet: Solche Ausgangssituationen machen Unternehmensübergaben zwar herausfordernd, doch sie lassen sich zum Vorteil aller Beteiligten bewältigen. Dazu braucht es Mut – und den festen Entschluss, Unternehmen auf tiefe Weise zu verstehen. Was das konkret bedeutet und was potenzielle Unternehmensverkäufer daraus lernen können, zeigen die folgenden Beispiele aus der Novum-Praxis.

Im Dickicht der Finanzkennzahlen

Ein Unternehmenseigentümer hatte eine komplexe Stiftungsstruktur geschaffen. Sie bestand aus sieben Einzelstiftungen mit 26 Tochtergesellschaften – insgesamt 33 Einzelgesellschaften! Die Struktur mag einst Vorteile gebracht haben, doch für die Unternehmensnachfolge war sie sehr nachteilig, unter anderem weil die Geschäftsführer der einzelnen Stiftungen weitgehend unabhängig voneinander handelten. Die Folge: Das Geflecht war intransparent, das Unternehmen im Grunde handlungsunfähig, weshalb schließlich auch die Banken immer stärker darauf drängten, das Unternehmen zu verkaufen. Da die Einzelgesellschaften auch miteinander handelten, tauchten in den Bilanzen manche Umsätze bis zu fünfmal auf. Die Finanzkennzahlen lieferten kaum verlässliche Erkenntnisse über die tatsächliche wirtschaftliche Situation.

Diese gewann das Team von Novum Capital, indem es das Dickicht der reinen Finanzzahlen ignorierte – und stattdessen das operative Geschäft von Grund auf nachvollzog. Es füllte eine leere Excel-Tabelle nach und nach mit allen benötigten Informationen. Dazu ging das Team alle Unternehmensstandorte durch: Wie viele Mitarbeiter arbeiten vor Ort, in wie vielen Schichten, wie lauten die genauen Absatzzahlen et cetera. Nach zwei Wochen lagen alle erforderlichen Informationen vor, das Geschäft war quantifiziert. Und nicht nur das: Es war auch von innen heraus verstanden, mit allen Ecken und Kanten.

Tipp eins: Auch auf die Operations schauen

Verkäufer sollten den Mut haben, ernsthaft interessierten, unternehmerisch denkenden Finanzinvestoren – im Wortsinn – die Türen zu öffnen und ihnen tiefe Einblicke in das operative Geschäft gewähren. Umgekehrt werden Investoren, die nur nach Finanzkennzahlen fragen, komplexe Nachfolgesituationen für alle Beteiligten nur schwerlich befriedigend lösen können – vor allem dann, wenn die reinen Zahlen mehr verschleiern als verraten. In Goethes Worten: Willst du dich am Ganzen erquicken, so musst du das Ganze im Kleinsten erblicken.

Blockaden lösen

Bei einer weiteren Transaktion bestand die Herausforderung in einer komplexen Gesellschafterstruktur mit scheinbar unvereinbaren Positionen. Die Unternehmensanteile waren auf vier Parteien verteilt. Das führte zu einer über Jahre gewachsenen Pattsituation. Keine der Parteien hatte die unternehmerische Hoheit, die Gesellschafter waren faktisch handlungsunfähig – und gefährdeten so die eigentlich starke Position des Unternehmens in einer Marktnische. Die Konstellation glich einem gordischen Knoten.

Um diese Nachfolgesituation im Sinne aller Beteiligten zu bereinigen, trat Novum Capital statt als Investor zunächst mehr als Vermittler zwischen den sich gegenseitig blockierenden Parteien auf. Wichtig war dabei, sensibel und unvoreingenommen zu bleiben – und mit allen Beteiligten gemeinsam, aber auch jeweils einzeln zu sprechen, denn nicht alles kam gleich zur Sprache und mitunter änderten sich die Einstellungen der Beteiligten zu bestimmten Fragen auch im Zeitverlauf. Die Lösung bestand schließlich in einem attraktiven Ausstiegsszenario für drei der vier Parteien.

Tipp zwei: Die Interessen der handelnden Personen erforschen

Private-Equity-Unternehmen sollten die Bedürfnisse und Interessen der beteiligten Personen im Übergabeprozess detailliert verstehen, sensibel darauf eingehen und offen für neue Einsichten bleiben. Das ist die Basis, um den Blick der handelnden Personen für neue, versöhnende Lösungen zu öffnen – und handlungsunfähige Unternehmen wieder handlungsfähig zu machen.

Drei Manager ersetzen den Dirigenten

Auf den ersten Blick günstiger waren die Ausgangsbedingungen bei einer dritten Transaktion: Der Inhaber eines Traditionsunternehmens hatte seine Firma lange Jahre mehr aus Verantwortungsgefühl gegenüber seinem Vater denn aus echter Leidenschaft geführt. Mit einigen Hundert Mitarbeitern und Umsätzen im dreistelligen Millionenbereich war es profitabel, das Geschäftsmodell war etabliert und bot Wachstumspotenzial. Mit 60 Jahren suchte der kinderlose Unternehmer eine Nachfolgelösung.

Diese war zunächst schwer zu finden, denn das Unternehmen war, wie viele inhabergeführte Mittelständler, sehr auf die Person des Unternehmers ausgerichtet. Die Preisfindung, der Einkauf, die gesamte Produktionsplanung – all das und vieles mehr existierte nur im Kopf des Entscheiders. Fach- und Branchenwissen, Arbeitsabläufe und Entscheidungswege waren nicht verschriftlicht, dokumentiert und in (IT-)Prozesse übertragen. Das erschwerte die Analyse des Unternehmens und in der Folge auch seine Übergabe. Und: Wie ließe sich dieser Dirigent seines Firmenorchesters ersetzen?

Zur Lösung gehörte eine regelrechte Transformation des Geschäfts von intuitiver Führung auf modernes Management. Sie bestand vor allem darin, das Wissen, das nur im Kopf des Inhabers existierte, in für Dritte nachvollziehbare Abläufe zu gießen. Nach einer Übergangsfrist füllten drei erfahrene Manager als CEO, CFO und COO die Rollen aus, die der „Dirigent“ über viele Jahre allein gespielt hatte.

Tipp drei: „Kopfmonopole“ erkennen – und auflösen

Bei solchen „Kopfmonopolen“ befinden sich die relevantesten Informationen ausschließlich in den Köpfen einzelner Personen. Das kommt gerade in Familienunternehmen mit starker Führungspersönlichkeit häufig vor. Um diese Monopole aufzulösen und eine geordnete Unternehmensübergabe zu ermöglichen, sollten potenzielle Verkäufer sich rechtzeitig um die Wissensweitergabe kümmern. Auch hier gilt: Finanzinvestoren müssen bereit sein, das operative Geschäft des jeweiligen Unternehmens in aller Tiefe zu verstehen – und es in geeignete Strukturen und Prozesse überführen, damit das Geschäft transparent, nachvollziehbar und in der Folge auch für Nachfolger steuerbar wird.

FAZIT

Um langfristig tragfähige und zum jeweiligen Unternehmen passende Lösungen zu finden, sollten Private-Equity-Akteure sich als Unternehmer auf Zeit verstehen. Und dazu führt sie der Weg direkt in die Tiefen des operativen Geschäfts – ins Herz des Unternehmens.

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