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„Nach Anfangsverlusten arbeiten wir profitabel“

Paul Cvilak gründete das Sozialunternehmen AfB, das Daten gebrauchter Computer löscht und die Hardware dann weiterverkauft. Mittlerweile beschäftigt das Unternehmen 200 Mitarbeiter und schreibt schwarze Zahlen. 

Unternehmeredition: Herr Cvilak, wie kommt man auf die Idee, ein Sozialunternehmen zu gründen?

Cvilak: Es stand nicht die Idee im Vordergrund, ein Sozialunternehmen zu gründen, sondern vielmehr die Geschäftsidee. Wenn man dann feststellt, dass die Tätigkeiten durchaus von Menschen mit Behinderungen sehr gut erbracht werden können, stellt sich nur die Frage, ob man rein wirtschaftlich operieren, also nach Gewinnmaximierung streben, oder ein gemeinnütziges Unternehmen mit all den Vorteilen, die der Gesetzgeber hierzu anbietet, gründen will.

Unternehmen spenden Ihnen ihre alten IT-Anlagen. Dafür löscht AfB sämtliche Daten und verkauft die Hardware dann günstig weiter. Hört sich simpel an. Muss man, damit diese Idee funktioniert, Sozialunternehmer sein?

Nein, wir haben viele wirtschaftliche Konkurrenten in Deutschland, die aber meistens die Aufgaben wie Datenlöschung wegen der Personalkosten in Billigländern durchführen lassen. Unsere Kunden bestehen aber darauf, dass die komplette Wertschöpfungskette in Deutschland erbracht wird, und zwar von behinderten Menschen in der Region unserer Kunden. Unsere großen Kunden können diese Zusammenarbeit im Rahmen ihrer CSR-Strategien ihren Mitarbeitern, Partnern und Konsumenten klar und deutlich kommunizieren.

Die ersten Finanzierungsgespräche mit Banken im Jahr 2005 waren ja nicht gerade Erfolg versprechend. Warum nicht?

Zum Start von AfB fanden die Banken die Geschäftsidee zwar gut und das Konzept der Gemeinnützigkeit toll. Aber ohne Bilanzen der letzten drei Jahre war das Kreditwesengesetz die Ausrede der Banken. Wir mussten uns über Darlehen der Gesellschafter behelfen.

Was hat sich seitdem geändert?

Nach fünf Jahren mit Anfangsverlusten ist die AfB mittlerweile profitabel und die regionalen Banken stehen mit Avalkrediten und kleineren Kreditlinien zur Verfügung. Die Gesellschafterdarlehen werden zurückgeführt.

Wie finanziert sich AfB?

Wir haben mit der Bonventure einen Investor gewonnen, der insbesondere bei gemeinnützigen Unternehmen als Finanzierungspartner zur Verfügung steht. Die Finanzierung über Gewinn, also den eigenen Cashflow, ist die zukünftige Refinanzierungsart. Als gemeinnützige Firma hat man insbesondere bei der Arbeitsplatzausstattung und den Investitionen in Fuhrpark und IT die Unterstützung der Sozialbehörden.Als Europas erstes gemeinnütziges IT-Systemhaus wurde AfB mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2012 ausgezeichnet. Was waren die Gründe?

Wir sind in den Bereichen Social, aber auch Green IT ein Vorzeigeunternehmen der Branche geworden, weil wir unsere Konzepte und auch unsere Strategien nicht auf kurzfristige Trends, sondern auf langfristige und nachhaltige Konzeptionen aufbauen und dies auch immer wieder mit neuen Projekten unter Beweis stellen.

Kalkulieren Sie genauso knallhart wie traditionelle Unternehmen?

Wir unterscheiden uns hierbei nicht von anderen Unternehmen. Unsere Kunden finden sicherlich unser Konzept gut, aber wir müssen dies mit Qualität und Leistung auch täglich zeigen. Im Verkaufsbereich bei Endkunden muss der Preis stimmen, sonst sind wir nicht marktkonform.

Sie haben mittlerweile 200 Beschäftige und arbeiten profitabel. Wohin geht die Reise?

Unser Ziel ist es, 500 Arbeitsplätze für behinderte Menschen zu schaffen. Der Markt ist da und wir wollen mit neuen Niederlassungen in München, Hamburg, Frankfurt und Dortmund auch in diesem Jahr weiter wachsen. Mit neuen Geschäftsideen wie im Handysegment wollen wir unsere Kunden in allen IT-Bereichen unterstützen.

Wie gelingt es Ihnen, eine Balance zwischen Menschen mit Behinderung und ohne zu schaffen?

Bei uns gilt die Regel, dass jeder zweite Arbeitsplatz ein Arbeitsplatz für einen behinderten Mitarbeiter ist. Wir unterscheiden hierbei nicht nach der Behinderung, sondern nach guten und weniger guten Mitarbeitern. Natürlich tickt ein Unternehmen mit 50 Prozent Menschen mit Behinderungen etwas anders, aber wir leben die Inklusion und sprechen nicht täglich darüber.

Ist die Philosophie des Unternehmens Wachstum desselben oder geht es um das Wachstum der Idee?

Wir können nur Arbeitsplätze schaffen, wenn uns große Unternehmen gebrauchte Computer zurückgeben. Andererseits geben sie uns die Geräte nur zurück, wenn wir in der Region des Kunden auch Arbeitsplätze für behinderte Menschen schaffen. Von daher ist Wachstum für uns eine Notwendigkeit und die Voraussetzung dafür, dass wir unsere Ziele erreichen.

Mal ehrlich: Gutes tun und Geld verdienen, passt das zusammen?

Bisher hat man eine gemeinnützige Firma mit folgenden Attributen belegt: Hinterhof, tun was Gutes, langhaarig und leben von Spenden. Man hat einem gemeinnützigen Konzept einfach nicht zugetraut, nach wirtschaftlichen Kriterien zu operieren, und niemals gedacht, dass ein gemeinnütziges Unternehmen sich am Markt wirtschaftlich behaupten kann. Warum sollte eine Firma die 50 % Menschen mit Behinderungen beschäftigt, nicht auch wirtschaftlich erfolgreich sein, also Leistung bringen? Der einzige Unterschied zu anderen Unternehmen ist die Tatsache, dass wir keine Steuern auf den Gewinn abführen, sondern diese Gelder für unsere Zukunft verwenden können.

 

Zur Person

Paul Cvilak hat die Firma AfB 2004 mit zwei Mitarbeitern als gemeinnütziges Unternehmen gegründet. Heute hat AfB Niederlassungen in zehn deutschen Städten sowie in Frankreich, Österreich und der Schweiz. Mit 200 Mitarbeitern betreut AFB DAX-Konzerne, aber auch Mittelstandsfirmen sowie Kommunen und Ministerien. In München sind mindestens 40 Arbeitsplätze für behinderte Menschen geplant. Alle Mitarbeiter erhalten unbefristete Arbeitsverträge. www.afb-group.eu

 

 

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