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Mittelstand und Private Equity

Baden-württembergische Beteiligungskapitalgeber und Familienunternehmen passen besser zusammen als man zunächst glaubt. Allerdings haben viele Unternehmer immer noch Vorbehalte. Diese gilt es abzubauen. Von Claudius Darge und Prof. Dr. Christian Möbius

Die Mehrheit aller Unternehmen in Deutschland sind mittelständische Familienunternehmen, weshalb deren wirtschaftlicher Erfolg für unser Land von zentraler Bedeutung ist. Diese Firmen weisen jedoch spezifische Probleme wie die fehlende innerfamiliäre Unternehmensnachfolge oder eine starke Bankenabhängigkeit auf. Private-Equity-Gesellschaften könnten für diese Themen Lösungen anbieten, doch noch immer herrschen Vorbehalte gegenüber dem jeweils anderen Partner. In Baden-Württemberg gibt es allerdings Wege der Annäherung.

Besonderheiten und Konflikte

Aufgrund der engen Verknüpfung zwischen der Unternehmerfamilie und dem Unternehmen sind bei Familienunternehmen einige Spezifika zu beobachten. Besonders deutlich wird dies bei der Entscheidungsfindung und der Unternehmenskultur. Stereotypisch gelten Familienunternehmen als emotional, verschwiegen und risikoavers. Finanzinvestoren werden als renditegetrieben und unsensibel charakterisiert. Familienunternehmer investieren in der Regel den Großteil ihres Vermögens in das eigene Unternehmen und dessen Erhalt hat für sie oberste Priorität. Hieraus resultieren eine Langfristorientierung und der Wunsch nach Unabhängigkeit. Nicht-finanzielle Ziele nehmen einen hohen Stellenwert ein. Private-Equity-Geber erwarten für deren risikobehaftete Kapitalbereitstellung eine zweistellige Rendite sowie Mitsprachemöglichkeiten und streben den mittelfristigen Exit aus dem Unternehmen an. Diese inkongruenten Zielhierarchien bieten ausreichend Raum für Konflikte.

Beteiligungsanlässe

Ein klassischer Anlass für Beteiligungskapital ist die Bilanzstrukturveränderung. Das neu eingebrachte Eigenkapital erhöht die Eigenkapitalquote und verbessert die Bonität des Unternehmens. In der Folge erschließen sich erst neue Fremdkapitalmittel und es verbessern sich deren Konditionen. Weiter ist es mittlerweile kein Geheimnis mehr, dass der familiengeführte Mittelstand ein Nachfolgeproblem hat. Falls aus der Familie kein geeigneter Nachfolger zur Verfügung steht, kann die Einbindung einer Private-Equity-Gesellschaft in den Unternehmensverkauf eine sinnvolle Alternative sein. Bei Unternehmen in der Krise sind die Banken meist restriktiv und die Liquidität ist ein knappes Gut. Beteiligungsgesellschaften können in dieser Phase frisches Geld und entsprechende Restrukturierungserfahrung mitbringen. Ähnlich verhält es sich bei Wachstumsfinanzierungen, welche den gewohnten Finanzierungsrahmen überschreiten. Das ohne Sicherheiten bereitgestellte Private Equity ist zwar teurer als Kredite und Darlehen, jedoch oftmals die einzige Möglichkeit, große Wachstumsschritte überhaupt gehen zu können.

Erfahrungen und Einstellungen zueinander

Diesen Erkenntnissen zugrunde liegt eine Untersuchung, die auf persönlich geführten Interviews basiert. Die befragten regionalen Player sind alle Captive und Semi-Captive, sind also keine Private-Equity-Fonds, sondern haben alle einen oder wenige Eigentümer, was den Markt Baden-Württemberg sehr gut widerspiegelt. Die Identifikation der Interviewpartner erfolgte systematisch nach im Vorfeld festgelegten Kriterien und lieferte folgende wesentlichen Ergebnisse:

Der Kenntnisstand von Familienunternehmern zu Private Equity ist nach wie vor eher schlecht, allerdings in den vergangenen Jahren von Verbesserungstendenzen geprägt. Eine künftige Nutzung ist vorwiegend bei Wachstumsfinanzierungen und Nachfolgeregelungen denkbar. Familienunternehmer verbinden mit Beteiligungskapital die Einschränkung ihrer Unabhängigkeit und hohe Kosten. Vorbehalte lassen sich am ehesten über Transparenz, eine klare vertragliche Regelung und gelebte Partnerschaftlichkeit abbauen. Darüber hinaus ist den Familienunternehmern wichtig, dass der Private-Equity-Partner aus der Region kommt und erfolgreiche Referenzen vorweisen kann. Nahezu alle Befragten gingen von einem steigenden künftigen Bedarf für Private Equity aus.

Regionaler Private-Equity-Markt

Der Zugang zum baden-württembergischen Private-Equity-Markt wird als gut eingeschätzt. Die Informationsverfügbarkeit und die Chance auf Kapitalbereitstellung sind sehr hoch. Allerdings ist es überraschend, dass nur wenige Beteiligungsgesellschaften ihren Sitz in einem wirtschaftlich so starken Bundesland haben. Hier wird Nachholbedarf gesehen. Mittelständische Familienunternehmen erhalten Beteiligungen fast ausschließlich von regionalen oder nationalen Playern. Für internationale Gesellschaften oder gar Private-Equity-Fonds ist diese Zielgruppe aufgrund der geringen Investitionsgrößen kaum interessant. Die regionalen Beteiligungsgesellschaften sind in ihrem Auftreten sehr auf den Mittelstand ausgerichtet. Sie bieten vorwiegend Minderheitsgesellschaften und Mezzanine-Kapital an, weshalb auch die beschriebenen Zielkonflikte weniger stark ausgeprägt sind. Angebot und Nachfrage haben seit der Finanzkrise wieder zugenommen. Es gibt jedoch mehr Angebot als nachgefragt wird.

Fazit

Der Kenntnisstand von Familienunternehmern zu Beteiligungskapital sollte verbessert werden, um die teilweise unberechtigten Bedenken zu reduzieren. Informationen sind ein Erfolgsfaktor. Die steigende künftige Bedeutung von Private Equity für Familienunternehmen wird aufgrund der unsicheren Finanzierungssituation und Bankenabhängigkeit gesehen. Das mittelstandskonforme Angebot in Baden-Württemberg bietet zudem eine große Chance der Akzeptanz. Mit der Umsetzung der aufgezeigten Möglichkeiten des Vorbehaltsabbaus könnte die Nachfrage nach Private Equity steigen und so der Standort Baden-Württemberg weiter gestärkt werden.


Zu den Personen

Claudius Darge (M.A.) ist Risikomanager für Firmenkreditengagements bei der Kreissparkasse Göppingen, Prof. Dr. Christian Möbius ist Professor für Finanzwirtschaft an der DHBW Karlsruhe und Lehrbeauftragter an der FOM Hochschule für Oekonomie und Management in Stuttgart. www.dhbw.de

 

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