Website-Icon Unternehmeredition.de

Mittelständische Anlagetrends

Die Unternehmer nutzen die gute Konjunktur, um ins Geschäft zu investieren. Und auch bei den Anlagen zeigt sich ein Trend zur langfristigen Strategie. Das sind nur zwei Ergebnisse der aktuellen Studie zum Anlagemanagement von Mittelständlern. 

Die Anzahl der mittelständischen Unternehmen mit Finanzanlagebedarf ist laut der aktuellen Umfrage der Fachhochschule des Mittelstands (FHM) in Bielefeld – nach einem Abschwung im Vorjahr – wieder gestiegen. Die aktuelle Studie mit dem Titel „Anlagemanagement im Wandel: Neue Technologien ergänzen traditionelle Beratung“ legt offen, dass 52 Prozent der befragten Unternehmen (Vorjahr: 39 Prozent) liquide Mittel anlegen möchten.

Doch während der Anlagebedarf wieder zunimmt, verringert sich das durchschnittliche jährliche Anlagevolumen seit 2013 kontinuierlich: 2018 sinkt es auf 2,5 Mio. Euro (Vorjahr: 3,6 Mio. Euro). Das Anlagevolumen pro Transaktion geht noch deutlicher auf 317.000 Euro zurück (Vorjahr: 1,1 Mio. Euro).

Welche Gründe sind dafür auszumachen? Vor dem Hintergrund des unveränderten Tiefzinsniveaus tätigte ein Teil der Unternehmen im Zuge des guten Konjunkturverlaufes Investitionen, sodass insgesamt weniger Liquidität zur Verfügung stand. Dies führte in der Konsequenz auch zu einer Erhöhung des Working Capital. Bei einigen Unternehmen reduzierte sich der Cashflow infolge gestiegener Personalkosten. Darüber hinaus wurden verstärkt langfristige Beteiligungen eingegangen und Übernahmen getätigt. Fazit: Während die Unternehmer sprichwörtlich mehr unternommen haben, ist auch der Zenit im Anlagebedarf kurzfristiger Gelder überschritten worden. Die im operativen Geschäft freigesetzte Liquidität wird vermehrt für Sachinvestitionen oder Gewinnausschüttungen verwendet. Damit umgehen die Unternehmen teilweise auch Guthabengebühren bei Kreditinstituten.

Nachholbedarf beim Handel von Wertpapieren

Die Studie belegt außerdem, dass Mittelständler künftig deutlich mehr wertpapierbasierte Anlagen online handeln werden. Im Zahlungsverkehr und bei der Verwaltung von Tages-/Termingeldern hat sich Online-Banking im Tagesgeschäft längst etabliert: 61 Prozent der Unternehmen nutzen es für die Verwaltung von Tagesgeldern, 40 Prozent schließen Termingelder elektronisch ab. Doch lediglich acht Prozent kaufen oder verkaufen Wertpapiere über das Internet. 30 Prozent können sich aber vorstellen, diese Geschäfte online zu tätigen. Von dem bestehenden Nachholbedarf können also Banken profitieren, die ihre Digitalisierung konsequent vorantreiben und Kunden früher positive Erfahrungen im E-Commerce von Anlageprodukten bieten können.

Die Unternehmer nutzen die gute Konjunktur, um ins Geschäft zu investieren. Und auch bei den Anlagen zeigt sich ein Trend zur langfristigen Strategie. Das sind nur zwei Ergebnisse der aktuellen Studie zum Anlagemanagement von Mittelständlern.

Insgesamt werden Beratungsangebote von Banken bei Mittelständlern wieder wichtiger: Im Vergleich zu den Vorgängerstudien ist der Beratungsbedarf gestiegen. Die bevorzugten Anlageformen bleiben Sichteinlagen und Termingelder. Darüber hinaus gewinnen Fondslösungen sowie nachhaltige und alternative Anlagen an Bedeutung. Fondslösungen stehen dabei allgemein für die Delegation von Anlageentscheidungen an einen Fondsmanager oder Vermögensverwalter. Diese professionellen Anleger können für ihre Investoren interessante Strategien umsetzen oder haben Zugang zu Anlageinstrumenten, die Einzelinvestoren nicht zur Verfügung stehen, wie beispielsweise zu einem diversifizierten Immobilienportfolio in einem Immobilienfonds.

Stabilität vor Wertentwicklung

Die Unternehmen stellen sehr spezifische Anforderungen an eine Geldanlage. Als wichtigstes Kriterium wird eine hohe Sicherheit aufgrund einer guten Bonität des Emittenten genannt, gefolgt von einer hohen Sicherheit durch Staatsgarantien oder Einlagensicherung. An dritter Stelle rangiert die Anforderung, dass die Anlage keine zwischenzeitlichen Kursschwankungen aufweisen soll. An vierter Stelle steht das Verlangen nach hoher Verzinsung, auf Rang fünf folgt der Wunsch nach Ertragszahlungen zu festgelegten Zeitpunkten.

Die erwartete Mindestverzinsung für das eingesetzte Kapital sinkt im Schnitt gegenüber dem Vorjahr um 0,4 Prozentpunkte auf drei Prozent – liegt damit aber immer noch deutlich über dem Marktzinsniveau. Orientierungspunkte sind eher die bonitätsabhängigen, individuell zu zahlenden Kreditzinsen oder die langfristige Renditeerwartung an das eigene Unternehmen. In den vergangenen Jahren konnten die Unternehmen ihre Gewinne teils deutlich steigern. Dies führte insgesamt zu größeren Erwartungen an Zins und Rendite. Zudem nehmen viele Befragte angesichts der steigenden Zinsen in den USA und der Inflationsentwicklung in der EU eine Zinserhöhung in ihren Erwartungen vorweg. 70 Prozent rechnen in den nächsten ein bis drei Jahren mit einer entsprechenden Reaktion an den Euro-Zinsmärkten

Umschichtung in längerfristige Anlagen

Die Bedeutung längerer Laufzeiten von bis zu zwölf Monaten nimmt für Mittelständler gegenüber Anlagen mit Laufzeiten von unter sechs Monaten zu. Während der Finanzkrise wurde Liquidität möglichst kurzfristig angelegt. Nun zeigt sich der Trend, kurzfristige in länger laufende Anlagen umzuschichten. Geldanlagen unter drei Monaten haben stark an Relevanz verloren, auch der Anteil der Mittelständler, der sich für Anlagen zwischen drei und sechs Monaten entscheidet, ist stark rückläufig. Stattdessen wird eher mittelfristig, also ein bis fünf Jahre investiert. Zwölf Prozent legen mittel- bis langfristig an.

Die Unternehmer nutzen die gute Konjunktur, um ins Geschäft zu investieren. Und auch bei den Anlagen zeigt sich ein Trend zur langfristigen Strategie. Das sind nur zwei Ergebnisse der aktuellen Studie zum Anlagemanagement von Mittelständlern.

Innovative Kommunikationsformen

Ein zentrales Ergebnis in diesem Zusammenhang adressiert auch die Digitalisierung: Die Unternehmen wünschen sich von ihrer Hausbank zunehmend digitale Beratungsleistungen und sie wollen ihre Anlagegeschäfte zunehmend einfach und digital abwickeln. Mehr als 60 Prozent der Befragten würden sich künftig per Video beraten lassen, 53 Prozent würden eine Beratung per Chat nutzen. Den Online-Dialog gebrauchen bereits 24 Prozent – 41 Prozent würden dies in Zukunft tun. Rund 37 Prozent halten eine Beratung über Chatbots, die auf Künstlicher Intelligenz (KI) basieren, für vorstellbar. Innovative Beratungsleistungen kommen also verstärkt zum Einsatz – das Potenzial für die künftige Verwendung ist enorm.

FAZIT

Kurzfristige Liquiditätspolster werden zur Vermeidung von Guthabengebühren im Einklang mit der guten Konjunktur bewusst verringert. Relativ gesehen gewinnen langfristige Anlagen mit dem zurückgehenden Liquiditätspolster an Bedeutung. Bei der Beratung sind Unternehmen an neuen, schnellen Kommunikationsformen interessiert.


ZUR PERSON
Oliver Haibt verantwortet bei der Commerzbank unter anderem das Anlagegeschäft mit mittelständischen Unternehmen. Seine praktischen Erfahrungen im Risiko- und Anlagemanagement hat er nach seinem Abschluss an der Frankfurt School of Finance and Management in der Dresdner Bank und Commerzbank in verschiedenen Funktionen gesammelt.
www.commerzbank.de

 

 

 

 

 

 

Die mobile Version verlassen