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Mit Tradition in die Moderne

Sawade, die älteste Berliner Pralinen- und Trüffelmanufaktur, ging 2013 in die Insolvenz. Das Unternehmerpaar Melanie und Benno Hübel will sie in die Zukunft führen – mit einem straffen Restrukturierungskurs und Unterstützung einer Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft. 

Was August dem Starken sein Radeberger Bier war, kostete sein preußisches Pendant seine Hoheit Prinz Wilhelm von Preußen mit feiner Schokolade und Trüffel aus: Die 1880 von Ladislaus Maximilianus Ziemkiewicz gegründete Pralinenmanufaktur wurde zum Hoflieferanten des Regenten. In Berlins Prachtstraße Unter

Pralinen von Sawade: Sie werden heute noch von Hand gefertigt. (© Sawade GmbH)

den Linden 19 wurde das erste Geschäft für Pralinen, Konfekt und Bonbons eröffnet. Beim Namen ließ sich der Gründer von seiner Herzensdame, Marie de Savadé, inspirieren. Die Confiserie Sawade, deren Markenzeichen handgefertigte Einzelstücke und Kleinserien waren, ist seit nunmehr 135 Jahren ein Markenzeichen Berlins. Fast wäre es aber nicht soweit gekommen.

Sohn vernachlässigte Firmenerbe

In den 50er Jahren übernahm der Sawade-Verkäufer Ulrich Sprengler das Unternehmen, baute 1972 in Norden Berlins ein eigenes Firmengelände und führte das Unternehmen zu alter Blüte. Stets stand die Handwerkskunst im Mittelpunkt. 2003 übergab er das Unternehmen an seinen Sohn Thomas. Doch der versuchte, Discounter und Handelsketten zu beliefern, versäumte eine Neuausrichtung des Unternehmens. Sawade verlor gegenüber den neuen, jungen Confiserien wie Fassbender & Rausch Marktanteile. Zudem waren die Produkte defizitär kalkuliert. Am Schluss fehlte bei einem Jahresumsatz von 3 Mio. Euro das Geld für die Vorfinanzierung größerer Aufträge für die Discounter. 2013 meldete Thomas Sprengler Insolvenz an und verließ das Unternehmen. Der eingesetzte Insolvenzverwalter Prof. Torsten Martini von der Kanzlei Leonhardt Rattunde gab dem Unternehmen eine zweite Chance: „Nicht die Produkte waren das Problem, sondern der uneinheitliche Auftritt und der brachliegende Vertrieb. Auch die Mitarbeiter waren sehr motiviert.“ Martini leitete das Bieterverfahren ein. Der traditionsreiche Name zog. Fast 30 Interessenten wollten das Unternehmen kaufen. Am Schluss blieben noch drei Bewerber übrig.Sawade, die älteste Berliner Pralinen- und Trüffelmanufaktur, ging 2013 in die Insolvenz. Das Unternehmerpaar Melanie und Benno Hübel will sie in die Zukunft führen – mit einem straffen Restrukturierungskurs und Unterstützung einer Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft. 

Den Zuschlag bekamen dann Melanie und Benno Hübel. Das Ehepaar – er gelernter Koch und studierter Betriebswirt, sie Grafikdesignerin – hatten zehn Jahre lang die Digitaldruckerei von Melanie Hübels Eltern geleitet, modernisiert und dann verkauft. Sie suchten nach einer neuen Herausforderung. „Die Confiserie Sawade kannte ich noch aus meinen Kindertagen“, so die gebürtige Berlinerin. Der Restrukturierungsbedarf war allerdings gewaltig. „Wir haben einen zweistelligen Millionenbetrag investiert.“ Ein neues Warenwirtschaftssystem musste installiert, die Logistik verbessert, das Umlaufvermögen gesichert werden. Auch die Kalkulation des Produktsortiments musste gänzlich neu gestaltet werden. „Wir haben die Preise moderat erhöht, obwohl beispielsweise der Preis für Nougat um 50 Prozent gestiegen war.“

Unterstützung durch die MBG

Bei der Übernahme und dem anschließenden Restrukturierungsprozess erhielt das Unternehmerpaar Unterstützung durch die Mittelständische

Schokoladenherstellung: Sawade modernisiert sie Schritt für Schritt. (© Sawade GmbH)

Beteiligungsgesellschaft Berlin-Brandenburg (MBG). Die beteiligte sich im Rahmen einer Stillen Beteiligung mit 300.000 Euro an der Sawade GmbH. Zusätzlich besicherte sie diese Summe über ihre Bürgschaftsbank. MBG-Geschäftsführerin Waltraud Wolf: „Mit intelligentem Marketing kann die Marke Sawade weiterleben.“ An dieser feilt Melanie Hübel trotz begrenzter Mittel. Die Designerin entwarf Pralinenschachteln wie zierliche Hutschachteln, entwickelte eine eigene Linie für Berlin-Touristen. Schrittweise wird jetzt mit der Modernisierung der drei eigenen Läden im Westteil Berlins begonnen. Und jeder der jährlich über 200.000 Besucher von Berlins zweitgrößter Spielstätte, der „Komischen Oper“, erhält eine Sawade-Praline, um sich den Kunstgenuss noch zusätzlich zu versüßen. „Damit rücken wir auch wieder näher an unseren Gründungsstandort heran“, sagt Melanie Hübel. Eines Tages, so planen die beiden, soll es dann auch mal wieder einen Laden Unter den Linden geben. Sawade, die älteste Berliner Pralinen- und Trüffelmanufaktur, ging 2013 in die Insolvenz. Das Unternehmerpaar Melanie und Benno Hübel will sie in die Zukunft führen – mit einem straffen Restrukturierungskurs und Unterstützung einer Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft. 

„Wir müssen uns vom Massenmarkt fernhalten“

Interview mit Benno Hübel, Geschäftsführer, Sawade GmbH

(© Sawade GmbH)

Unternehmeredition: Herr Hübel, weshalb haben Sie die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft mit an Bord genommen?

Hübel: Uns gefällt an der MBG, dass wir unser Eigenkapital stärken können, ohne dass uns jemand, ob als Aufsichtsrat oder Beirat, hineinreden kann. Dadurch können wir die Restrukturierung mit voller Kraft vorantreiben. Mit der Stillen Beteiligung konnten wir zudem weitere Geldgeber überzeugen, sowohl Banken als auch private Investoren.

Was war das Wichtigste im Restrukturierungsprozess?

Dass unsere 350 Fachhändler und unsere Partner in der gehobenen Hotellerie trotz einer Preiserhöhung weiter zu uns gehalten haben und wir unsere Exklusivität bewahren konnten. Als relativ kleines Unternehmen kommt man im deutschen Schokoladenmarkt nur voran, wenn man sich vom Massenmarkt fernhält – und das, obwohl das jährliche Marktvolumen 14 Mrd. Euro beträgt.

Wo soll die Pralinenmanufaktur Sawade in fünf Jahren stehen?

Wir wollen einen Umsatz im zweistelligen Millionenbereich erzielen und die Mitarbeiterzahl verdoppeln. Dann wollen wir neben unserem Hauptmarkt Berlin auch auf ausländischen Märkten präsent sein. Skandinavien und Asien sind da sehr interessant.

Vielen Dank für das Gespräch.

Kurzprofil Sawade GmbH

 Gründungsjahr 1880
 Branche Süßwarenindustrie
 Unternehmenssitz  Berlin
 Umsatz 2014  k.A.
 Mitarbeiterzahl 50

www.sawade.berlin

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