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Mit Konsortialkredit auf Wachstumskurs

In über 60 Jahren Unternehmensgeschichte hat sich Hawe Hydraulik zu einem der führenden reinen Hydraulikhersteller entwickelt. Das Unternehmen bietet Hydrauliklösungen für mobile und industrielle Anwendungen an. Die Produkte kommen in über 70 Branchen zum Einsatz, ob in Werkzeugmaschinen, Mobilkränen, Bohrgeräten, Traktoren oder Solar- und Windenergieanlagen. Genauso wie die Produkte von Hawe war auch das Unternehmen in den letzten Jahren Auf- und Abwärtsbewegungen unterworfen.

Meilensteine

Seit der Gründung durch den Ingenieur Karl Heilmeier und den Kaufmann Wilhelm Weinlein ist das technologische Alleinstellungsmerkmal von Hawe die ausschließliche Verwendung des Werkstoffs Stahl für druckbelastete Teile. Das macht die Hydraulikprodukte geeignet für sehr hohen Druck und zudem kompakt und langlebig. Langlebigkeit ist ein Merkmal, das ebenso auf die Unternehmensführung zutrifft. So war Hawe bis 1996 zu je 50% in Besitz der Gründerfamilien. Dann entschlossen sich die Nachfolger von Wilhelm Weinlein, sich von ihren Anteilen und Funktionen im Unternehmen zu trennen. Ein Teil wurde von Familie Haeusgen, den Nachfolgern von Karl Heilmeier, übernommen, der andere Teil zunächst von der Deutschen Beteiligungs AG (DBAG) – bis 2002 schließlich auch diese Anteile in die Familie übergingen. Seitdem ist Hawe wieder ein hundertprozentiges Familienunternehmen und wird mittlerweile in der dritten Generation von Karl Haeusgen geführt.

Wachstumsstrategie

Aus der kleinen Firma hat sich ein global agierender Mittelständler entwickelt. 2011 erzielte das Unternehmen einen Rekordumsatz von 310 Mio. EUR. Und Hawe will weiterwachsen. Im Zentrum der Strategie steht der Aufbau eines neuen Produktionsstandorts in Kaufbeuren. Erste Schritte in diese Richtung erfolgten bereits 2007. Das Projekt musste allerdings aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise 2009 vorerst gestoppt werden. Als Experte im Umgang mit hohem Druck schaffte es Hawe, der Krise standzuhalten, sodass schon 2010 das Thema wieder aktuell wurde, wenn auch unter veränderten Vorzeichen. Die Finanzierung des neuen Werkes und auch die Finanzierungsstruktur des gesamten Unternehmens mussten neu durchdacht werden.

Der Konsortialkredit

Wolfgang Leiner, Senior-Firmenkundenbetreuer der BayernLB, blickt zurück: „Die Frage stand im Raum, wie eine krisenresistente Finanzierungsstruktur geschaffen werden konnte.“ Aus den Überlegungen ging schließlich die Entscheidung für einen Konsortialkredit hervor. Dazu Marc Steinkat, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Commerzbank, Mittelstandsbank Bayern Süd: „Für den Unternehmer ist es wichtig, dass die Banken trotz konjunktureller Einflüsse und Strukturveränderungen berechenbar bleiben. Diese Stabilität kann über einen Club-Deal erreicht werden.“ An dem Konsortium wollen sich BayernLB, Commerzbank, LBBW, HVB, Postbank und IKB beteiligen und gemeinsam das Gesamtkreditvolumen von 150 Mio. EUR stemmen. Als Konsortialführer und Bookrunner wurden BayernLB und Commerzbank ausgewählt.

Betriebsmittelfinanzierung

Die Commerzbank war führend bei der Neustrukturierung der Working-Capital-Finanzierung, in die das Borrowing-Base-Konzept integriert wurde. Das Konzept beschreibt eine Betriebsmittelfinanzierung mit flexibler Inanspruchnahme, die durch das Umlaufvermögen besichert ist und somit im Gegensatz zu Fixbeträgen mit der Höhe der Sicherheiten „atmet“ (s. S. 70). „Darüber hinaus wurden in die Finanzierung auch Leasingkonstruktionen, Zins- und Währungsoptimierungen sowie Lösungen zur betrieblichen Altersvorsorge integriert“, so Steinkat.

KfW-Fördermittel

Ein wesentlicher Bestandteil der Angebote der Banken war die Einbindung von Fördermitteln zur Finanzierung des neuen Produktionsstandortes. Hier lag die Führung bei der BayernLB. „In den heutigen Zeiten ist es besonders schwer, im Rahmen der Finanzkrise eine langfristige zinsoptimierte Finanzierung zu bekommen. Daher war unsere Kompetenz im Bereich von Fördermitteln eines der Argumente, mit dem wir Herrn Haeusgen von unserem Angebot überzeugen konnten“, beschreibt Leiner. „Ein öffentliches Darlehen über 70 Mio. EUR in die Syndizierung zu integrieren, ist die Musterlösung. Entscheidend war, die umweltpolitische Förderwürdigkeit des Werks gegenüber den Bundesministerien zu verdeutlichen. Wir haben zwölf Jahre Laufzeit bei der KfW bekommen zu einem sehr guten Zinssatz, der deutlich unter dem Kapitalmarkt liegt“, so Leiner weiter. Dem eingeschlagenen Wachstumskurs von Hawe Hydraulik scheint daher zumindest von Finanzierungsseite nichts mehr im Wege zu stehen. „Wir wollten eine krisensichere Finanzierung“
Interview mit Karl Haeusgen, Vorstand, Hawe Hydraulik SE

Unternehmeredition: Wie haben Sie die Krise gemeistert, und wie ist die aktuelle Geschäftsentwicklung?
Haeusgen: 2009 war eine sehr ernste Situation für uns. In wenigen Monaten ist der Auftragseingang um ca. 40% zurückgegangen. Auf Kostenseite mussten wir alle Möglichkeiten auszuschöpfen bis hin zur Freisetzung von Mitarbeitern. Das hatte es in der Geschichte von Hawe noch nicht gegeben. Die Liquiditätsverhandlungen mit den Banken waren aber auch dramatisch. Mit einer Mischung aus Strategie und Glück waren wir in Märkten positioniert, die relativ schnell aus der Krise herausgekommen sind, sodass wir bereits 2011 unseren bisherigen Umsatzrekord von 2008 eingestellt haben. Für dieses Jahr gehen wir von einem Wachstum zwischen 6% und 12% aus.

Unternehmeredition: Wie haben Sie Ihr Finanzierungskonzept neu strukturiert?
Haeusgen: Die wesentliche Lehre aus der Krise und der damaligen Situation mit den Banken war, dass wir eine krisensichere Finanzierung wollten, die uns auch im Falle einer Abwärtsbewegung weniger angreifbar macht und durch den Konjunkturzyklus hindurch stabil ist. Darum haben wir mit einem Bankenkonsortium eine Finanzierung aufgelegt, die sämtliche Fristigkeiten umfasst. Das Neue ist, dass wir nicht mehr mit den einzelnen Banken bilateral verhandeln, sondern mit den zwei MLA’s (Mandate Lead Arrangers). Ein weiterer Finanzierungsbaustein ist Mezzanine in Höhe von ca. 5 Mio. EUR in Form einer stillen Beteiligung der BayBG sowie Genussscheine der BayernMezzanine in Höhe von 7 Mio. EUR. Zudem haben wir eine vernünftige Ertragskraft.

Unternehmeredition: Was wird über den Konsortialkredit finanziert?
Haeusgen: Das Gesamtvolumen von 150 Mio. EUR ist aufgeteilt in drei Tranchen. In den Aufbau des neuen Produktionsstandortes in Kaufbeuren, den langfristigen Bereich, fließen 70 Mio. EUR aus dem KfW-Förderkredit. Die Gesamtinvestition inklusive Grundstückserwerb beträgt 100 Mio. EUR. Die Differenz wird mit Eigenkapital finanziert. Für den mittelfristigen Bereich sind 20 Mio. EUR mit einer klassischen Darlehensstruktur mit ca. fünf bis sieben Jahren Laufzeit vorgesehen. Für den Betriebsmittelbereich stehen insgesamt 60 Mio. EUR zur Verfügung. Hier wurden die Kreditlinien in das neue Produkt Borrowing Base überführt, mit dem Vorteil, dass es keine zeitlich kurz begrenzten Linien sind, sondern die Mittel für fünf Jahre zur Verfügung stehen.

Unternehmeredition: Wie ist Ihre Wachstumsstrategie, und welche Bedeutung hat der neue Produktionsstandort hierfür?
Haeusgen: Durch das neue Werk werden wir deutlich mehr Produktionskapazitäten haben als heute und zudem Lücken in der Wertschöpfungskette schließen. Strukturell werden wir in diesem Werk aus verschiedenen anderen Standorten die gesamte Wertschöpfung für unsere bedeutendste Produktgruppe, die Mobilhydraulik, zusammenfassen. Das ist für uns regional und branchenspezifisch ein sehr starker Wachstumsbereich. Regional sehen wir vor allem in Nordamerika und Asien hohes Wachstumspotenzial. Wachstumsbranchen sind für uns die Bereiche Baumaschinen, Landwirtschaftsmaschinen, Maschinen zur Ressourcenerschließung sowie der Markt der erneuerbaren Energien.

Unternehmeredition: Herr Haeusgen, vielen Dank für das Gespräch.

Artikel und Interview: Johannes Herbert
redaktion@unternehmeredition.de

Kurzprofil: Hawe Hydraulik SE
Gründungsjahr: 1949
Branche: Hydraulikhersteller
Unternehmenssitz: München
Mitarbeiterzahl: 2.100
Umsatz 2011: 310 Mio. EUR
Internet: www.hawe.de

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