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„Mir ist nicht bange“

Die Preise für mittelständische Unternehmen steigen stetig. Warum das Jürgen Abromeit, Geschäftsführer der Industrieholding Indus, kalt lässt, welche Branchen für ihn interessant sind und welche neuen Investoren den Markt erobern wollen, erklärt er im Interview.

Unternehmeredition: Herr Abromeit, die Preise für Mittelständler zogen zuletzt kräftig an. Warum?

Abromeit: Das liegt vor allem am niedrigen Zinsniveau. Alternativen sind rar geworden. Deswegen wird der Kampf um Unternehmen härter. Das Preisniveau zog in der Tat in den vergangenen zwei Jahren deutlich an. Über alle Branchen hinweg werden Multiplikatoren für gute Firmen aufgerufen, wie zur Hochzeit vor sechs bis sieben Jahren.

Was bedeutet das für eine Beteiligungsgesellschaft wie Indus?

Letztlich besteht das Risiko darin, dass zu teuer gekauft wird. Die Schnäppchenjäger, die zu niedrigen Preisen kaufen wollen, haben es im Moment schwer, adäquate Ziele zu finden.

Sind Sie ein Schnäppchenjäger?

Wir kaufen definitiv nicht zu teuer. Eher verzichten wir auf einen Kauf. Wir haben einen anderen Zugang zu den Mittelständlern. Wir suchen immer den Exoten und beteiligen uns nicht an Bieterverfahren. Dem Bieten zu Höchstpreisen gehen wir schon alleine deshalb aus dem Weg.

Trügt der Schein des boomenden Marktes?

Einige Familienunternehmer würden gerne verkaufen. Doch mangelt es an der Anlagealternative. Viele wissen schlicht nicht, wo sie ihr Geld nach einem Verkauf investieren sollen. Der, der über ein florierendes Unternehmen verfügt, fühlt sich genötigt, noch ein, zwei, drei Jahre zu warten, bis er wieder Alternativen am Kapitalmarkt findet. Der Wahnsinn mit den niedrigen Zinsen, den die Europäische Zentralbank veranstaltet, um einige marode Länder zu retten, führt zu diesen Verwerfungen.

Und zu einer großen Nachfrage bei Investoren, die bislang so nicht auf dem Markt waren.

In der Tat. Es bekennen sich mittlerweile Adressen zum Mittelstand, die bislang nicht so stark auf dem Markt aufgetreten sind. Großbanken, Fonds, Konzerne und Familienstiftungen kümmern sich mangels Alternativen um ihn.

Nimmt der Mittelstand den neuen Bietern das Interesse ab?

Das ist ganz unterschiedlich. Die hohen Preise verführen natürlich. Da wirft schon Mal der ein oder andere Unternehmer seine Prinzipien über Bord. Das macht uns als sorgsam auswählendem Investor das Leben schwer.

Wie finden Sie in dieser schwierigen Phase gute Unternehmen?

Wir machen das über drei Kanäle. Nach mehr als 30 Jahren erfolgreichem Track Record sind wir als die Nummer 1 im deutschen Mittelstand bekannt. Wöchentlich rufen Unternehmer bei uns an. Sie wollen mit uns ein Vieraugengespräch führen. Zudem verfügen wir über mehrere Mitarbeiter, die im mittelständischen Geschäft sehr gut vernetzt sind. Wir haben einen Einkaufszettel, der sich auf vier Geschäftsbereiche fokussiert.

Welche sind das?

Das sind die Segmente Medizin und Gesundheit, Infrastruktur und Logistik, Energie und Umwelt und der ganze Bereich Automatisierungstechnik. Wir scannen und analysieren diese Segmente und entwickeln daraus eine Long- und Shortlist. Daraus entsteht ein Wunschzettel, den wir abarbeiten.

Wie viele Unternehmen stehen auf diesem Zettel?

Jedes Jahr schauen wir uns erstmal 100 Unternehmen grob an. 50 davon werden genauer analysiert.

Für wie viele geht es in die Endphase?

Im Schnitt verhandeln wir mit acht Unternehmen. Das Ziel ist, pro Jahr vier bis fünf Transaktionen zu tätigen. Im ersten Halbjahr 2014 kauften wir drei Unternehmen. Darunter ein größeres: Mit Rolko erwarben wir einen Komponentenhersteller für Rollstühle und Rollatoren.

Wie wichtig ist für Sie die Internationalisierung?

Sie ist extrem wichtig. Nicht nur im M&A-Bereich, sondern für alle unserer Tochtergesellschaften. Dabei unterstützen wir unsere Töchter vor allem auf dem Weg in die USA und nach China.

Also kommt für Sie die Transaktion eines Unternehmens, das sich ausschließlich auf den deutschen Markt fokussiert, nicht in Frage?

Es steht auf jeden Fall nicht im Fokus. Es kann nur interessant sein, wenn ganz spezielle Gründe dafür sprechen. Die Internationalisierung ist eines der wichtigsten von insgesamt zehn Entscheidungskriterien, die wir ansetzen.

Müssen denn alle Kriterien passen?

Ja. Alle wesentlichen Investitionskriterien müssen auf Grün stehen. Erst wenn dem so ist und der dreiköpfige Vorstand sich für die Verfolgung des Targets ausspricht, wird es ernst.

Und welches ist das bedeutendste Kriterium?

Ganz oben steht ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell. Es muss etabliert sein und eine Wachstumsperspektive haben. Danach kommt die nachhaltige Ertragskraft. Wir freuen uns über Unternehmen mit einer zweistelligen Ebit-Marge. Die Unternehmen müssen zudem nachhaltig wachsen.

Unternehmen mit einer Ebit-Marge von 15 Prozent haben aber auch ihren Preis.

Das macht nichts. Dafür kaufen wir dann auch einen Hidden Champion. Momentan haben wir dafür 115 Mio. Euro in der Kasse. Indus kauft keine Pflegefälle oder Start-ups.

Wer verkauft denn solche Top-Unternehmen?

Meist handelt es sich um Sondersituationen. Unternehmer sprechen mit uns, weil sie keinen adäquaten Nachfolger haben. In Deutschland gilt es rund 40.000 ungeregelte Nachfolgen. Vielfach trauen sich die Unternehmer auch ein hohes Wachstum nicht zu. Es kostet viel Geld und birgt Risiken. Teilweise sind sie auch mit der Internationalisierung ihrer Gruppe überfordert.

Gehen Sie auch Minderheitsbeteiligungen ein?

Niemals. Wir haben immer die qualifizierte Mehrheit von 75 Prozent. Wir freuen uns auch, wenn das Familienmitglied mit einem gewissen Betrag einsteigt. Die Geschäftsführer und das Managementteam bleiben in der Regel an Bord. Dadurch, dass wir nur Top-Unternehmen erwerben, gibt es auch keinen Druck, etwas zu verändern.

Dann haben Sie ja gar nichts mehr zu tun.

Doch, natürlich. Wir sind im permanenten strategischen Dialog, wie wir das Unternehmen weiterentwickeln. Wir helfen bei Investitionen, bei der Internationalisierung, stellen die Kontakte her und übernehmen die komplette Finanzierung und Rechnungslegung für die Tochtergesellschaften in der Holding. Dazu kommt natürlich das gesamte M&A-Geschäft, nicht nur für das Portfolio der Töchter, sondern auch für deren Töchter. Das sind derzeit 66 Enkeltochtergesellschaften weltweit.

Wird die Konkurrenz durch ausländische Investoren stärker?

Absolut, aber das stört uns nicht. Es sind längst nicht mehr nur deutsche Investoren, die sich um die Targets reißen. Asiaten, US-Amerikaner und Russen kümmern sich mittlerweile um den gesunden deutschen Mittelstand. Gerade die Chinesen wollen den europäischen Markt erschließen. Doch wir sind erster Ansprechpartner und auch bewusst wählerisch. Mir ist nicht bange.


Zur Person

Jürgen Abromeit ist seit 2008 Vorstand der INDUS Holding AG. Im Juli 2012 übernahm er den Vorstandsvorsitz. Nach seiner Ausbildung durchlief der Bankmanager mehrere Stationen bei der Dresdner Bank und der Commerzbank überwiegend im Mittelstands- und Großkundengeschäft, bis er 1998 als Leiter Finanzen zum Stahlkonzern Georgsmarienhütte (GMH) wechselte. Während seiner elfjährigen Tätigkeit für GMH übernahm Abromeit später die Geschäftsführung mehrerer Tochterunternehmen. www.indus.de

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