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„Meine Kinder können eine Firma führen“

Wolfgang Grupp ist bekannt für seine klaren Worte und Taten. Auch die Nachfolge hat er von langer Hand geplant. Selbstverständlich sollen es seine Kinder sein, die bei Trigema künftig das Sagen haben.

Unternehmeredition: Herr Grupp, Sie leiten Trigema jetzt in der dritten Generation und bereiten die vierte auf die Nachfolge vor. Läuft alles nach Wunsch?

Wolfgang Grupp: Meine Tochter und mein Sohn sind jetzt 24 bzw. 22 Jahre alt. Beide haben ihren Master an der London School of Economics gemacht. Sie sind die nächste Generation in der Firma und werden Trigema weiterführen, weil ich es ihnen zutraue. Würden meine Kinder nicht den Betrieb weiterführen wollen, hätte ich versagt.

Wie wichtig ist es, Nachfolgelösungen frühzeitig zu finden?

Generell ist die Nachfolge immer wichtig und wird bei uns lange Zeit vorbereitet. Egal ob es nun um meine Person oder die eines leitenden Angestellten geht. Dessen rechte Hand ist bei uns auch immer der Nachfolger. Alle meine Angestellten waren Lehrlinge bei Trigema, mit Ausnahme des technischen Leiters, der mit 40 zu uns kam und mittlerweile 62 Jahre alt ist. Leisten sie ordentliche Arbeit, werden sie übernommen. Je besser die Leistung ist, desto höher ist die Chance, dass sie konstant aufsteigen.

Wie bereiten Sie Ihre Kinder auf die Aufgabe vor?

Sie lernen alle Bereiche kennen, um sich einen Überblick zu verschaffen, um später größere Aufgaben zu erledigen. Es ist ganz wichtig, dass beide frühzeitig hier sind. Kommen Söhne oder Töchter erst im fortgeschrittenen Alter ins Unternehmen zurück, funktioniert es nicht mehr. Das Problem ist, dass man dann nicht mehr fragen kann. Dann muss man Antworten geben. Meine Kinder müssen Vorbilder werden durch Leistung und nicht durch die Position.Was passiert, wenn sie diese Leistung nicht erbringen?

Überschätzen Sie mich nicht. Ich bin nicht der Cleverste von allen. Kann ich die Firma führen, können es auch meine Kinder. Sie müssen zuhören, fragen und Entscheidungen treffen. Sie haben studiert, um den Geist beweglich zu halten, Schlüsse zu ziehen und nicht um mit hoch komplexen Formeln umgehen zu können. Meine Kinder können eine Firma führen. Die häufigsten Gründe, weswegen Firmen scheitern, ist Gier, Größenwahn und das Nichterkennen eines Wandels. Zudem ist das ewige Streben nach Wachstum ein fataler Fehler.

Inwiefern?

Wider den Größenwahn: Seit 1999 hält Trigema seine Produktionskapazitäten auf gleichem Niveau. Fremdfinanziertes Wachstum ist Wolfgang Grupp fremd.

Ich habe 1999 das letzte Mal die Produktion erweitert und habe mir vorgenommen, das nie mehr zu tun. Seither halten wir die Produktionskapazitäten gleich. Was sich verändert, sind die Produkte. Denn die, die sich gestern gut verkauften, können morgen schon Ladenhüter sein. In der Geschichte von Trigema gab es noch nie rote Zahlen. Diejenigen, die ständig mit dem Geld anderer ihre Kapazitäten erweitern und dann rote Zahlen schreiben, sind unternehmerische Versager. Wenn meine Kinder diesen Weg gehen würden, hätte ich versagt. Die Verantwortung des Unternehmers ist sehr wichtig. Meine Kinder müssen verstehen, dass sie für ihre Entscheidungen haften und dafür gerade stehen.

Wie aufgeschlossen sind Ihre Kinder für die Art, wie Sie Ihr Unternehmen führen?

Würden sie nicht so denken wie ich, hätte ich versagt. Meine Kinder waren zwar im Ausland im Internat und haben auch im Ausland studiert. Die Firma war jedoch schon immer ihr Spielplatz. Dort sind sie ein- und ausgegangen und waren stolz auf das Elternhaus.

Dann ist die Erziehung also entscheidend für die Vorbereitung auf das Berufsleben?

Absolut. Das hat viele Vorteile, natürlich auch viele Nachteile. Sie dürfen vieles nicht, was andere dürfen, weil sie meine Kinder sind. Das mussten sie von Geburt an lernen.Manche Kinder brechen aus diesen Strukturen gerade deswegen aus, um sich gegen die Eltern zu stemmen.

Produktion bei Trigema: Mit “Made in Germany” wurde das Unternehmen bekannt.

Dann stimmt etwas im Verhältnis zu den Eltern nicht. Sie können meine Kinder nachts anrufen und ich würde wetten, dass nicht ein Wort contra Eltern fällt. Sie würden meine Einstellung und das, was ich ihnen vorlebe, verteidigen.

Trigema ist zu 100 Prozent auf Sie zugeschnitten. Wie stellen Sie sich das Leben nach der aktiven Zeit vor?

(lacht) Es wäre fatal, wenn meine Firma auf einen anderen zugeschnitten wäre. Steigen meine Kinder nach und nach auf, rücken natürlich auch sie in den Fokus und die Zeit wird entscheiden, wann ich mich aus dem operativen Geschäft zurückziehe.

Holen Sie sich Berater von außen?

Selbstverständlich nicht. Wenn ich ein Berater holen müsste, weil ich Probleme habe, müsste ich als erster meinen Stuhl räumen. Weiß ein betriebsfremder besser, was in meinem Unternehmen falsch läuft, bin ich fehl am Platz. Wir brauchen Arbeitsplätze in der Produktion, Mitarbeiter, die Leistung bringen und eine Wertschöpfung in den Unternehmen, und keine Berater, die nur schlaue Sprüche klopfen. In den Konzernen wird der Wasserkopf im Management immer größer. Weiter unten werden dafür Arbeitsplätze gestrichen. Das ist der falsche Weg.

Bekannt ist Trigema vor allem für made in Germany. Was würden Sie dazu sagen, wenn Ihre Kinder eine Produktionsstätte im Ausland eröffnen wollten?

Ich kann nur sagen, was ich für richtig halte. Ich habe eine Verpflichtung meinem Heimatland gegenüber und sehe es als meine Aufgabe, auch in einer globalisierten Welt, diese Pflicht zu erfüllen und hierzulande zu produzieren. In meiner Branche gibt es niemanden, der durch eine Auslandsexpansion reicher geworden wäre.Sie geben Ihren Mitarbeitern eine Beschäftigungsgarantie. Wird es die nach Ihrer Ägide immer noch geben?

Das habe ich bis heute 45 Jahre garantiert. Wenn meine Kinder sich nachsagen lassen wollen, dass das, was der Vater gemacht hat, nicht mehr sinnvoll ist, dann müssen sie selbst damit klar kommen. Das habe ich dann nicht mehr zu entscheiden. Sie müssen mit ihren Leistungen leben.

Werden Ihre Kinder gleichberechtigt Trigema übernehmen?

Es können beide im Unternehmen arbeiten. Allerdings kann das Unternehmen nur einem von beiden gehören.

Wie lange werden Sie noch aktiv im Unternehmen sein?

Ich werde jetzt 72 Jahre alt und fühle mich noch fit. In meinen 45 Arbeitsjahren habe ich noch keinen Tag krankheitsbedingt gefehlt. Ich gehe zu keinem Arzt und zu keinem Apotheker. Solange es mir gut geht, bleibe ich im Unternehmen.

Haben Sie eine Notfalllösung?

Meine Frau könnte schon lange das Unternehmen führen. Sie ist auch Alleinerbin. Im Todesfall hat meine Frau die Verantwortung und muss Trigema führen. Sie ist derzeit für die Testgeschäfte verantwortlich und bei jeder gravierenden Entscheidung miteingebunden. Ich möchte nicht, dass meine Kinder automatisch beteiligt werden. Klar war schon immer für mich, dass ich weder meiner Frau noch meinen Kindern jemanden vor die Nase setzen werde.


Zur Person

Wolfgang Grupp ist alleiniger Geschäftsführer von Trigema. Der Hersteller von Sport- und Freizeitmode beschäftigt derzeit rund 1.200 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Produktionsumsatz von knapp 90 Mio. EUR. Der 72-Jährige setzt auf den Standort Deutschland und garantiert den Kindern seiner Angestellten einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz. Das 1912 gegründete Unternehmen soll auch künftig in Familienhand bleiben. www.trigema.de

 

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