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Mehr als ein Messer

Das Schweizer Messer ist weltbekannt. Doch hat das Familienunternehmen Victorinox auch andere Produkte im Sortiment. Eine Smart-Watch soll künftig für weiteres Wachstum sorgen. Einzig der starke Franken bereitet CEO-Carl Elsener momentan Sorgen. 

Zu viel verraten möchte Carl Elsener noch nicht. Nur so viel: Anfang des kommenden Jahres soll eine Smart Watch von Victorinox auf den Markt kommen. „Die Inspiration kommt vom Taschenmesser, allerdings werden wir unseren eigenen Weg gehen, um unsere Uhren noch funktionaler zu machen“, sagt der Chef der Victorinox-Gruppe. Natürlich können die Schweizer mit Hightech-Riesen wie Apple nicht konkurrieren. Doch das wollen sie auch gar nicht. Das Schweizer Familienunternehmen muss einen Kompromiss finden. Bekannt ist es vor allem durch das Schweizer Messer. Es steht für Qualität, Funktionalität, aber auch für Nachhaltigkeit. Ein schnelllebiges Produkt mit kurzen Zyklen würde auch deswegen nicht zur Strategie passen. Elementar würde es die Grundwerte des Unternehmens auf den Kopf stellen. Schließlich ist der Hauptumsatzträger, das Swiss Army Knife, immer noch der Garant für den Unternehmenserfolg. Selbst nach 25 Jahren in Gebrauch ist das rote Messer mit dem weißen Kreuz bei vielen Nutzern noch ein treuer Begleiter.

Stark mit Tradition und Innovation

Das „Schweizer Messer“ von Victorinox: Mit ihm fing alles an. (© Victorinox AG)

Etwas schwer und klobig war es noch, als Firmengründer Karl Elsener 1884 zum ersten Mal das Schweizer Soldatenmesser an die eidgenössische Armee lieferte. Der richtige Run auf die nützlichen Helfer kam nach dem Zweiten Weltkrieg: Victorinox, zusammengesetzt aus dem Vornamen der Mutter des Gründers Victoria und dem rostfreien Stahl Inox, verkaufte das Messer an die PX-Stores, die Geschäfte der Stützpunkte der US-Army. Die im Ausland stationierten Soldaten kauften die Messer und schickten sie in die Heimat – steuerfrei. Daher stammt auch der Name: Swiss Army Knife. Mittlerweile gibt es die Messer auch mit USB-Stick mit 32 Gigabyte-Speicher und LED-Lampe.

Längst hat sich der Begriff in die Köpfe der Leute eingebrannt: Nach eigenen Angaben liegt der Bekanntheitsgrad des „Schweizer Messers“ in den Metropolen dieser Welt bei mehr als 90 Prozent. Anders sieht es allerdings mit dem Firmennamen Victorinox aus. Nach Umfragewerten liegt er weit hinter dem Schweizer Messer. Offen gibt Elsener zu, der Bedeutung des Wiedererkennungswerts einen zu geringen Wert beigemessen zu haben. „Mehr als 100 Jahre waren wir Produzent. Der Tragweite unserer Marke Victorinox waren wir uns lange Zeit nicht so bewusst“, sagt Elsener. Konzentriert haben sich die Schweizer lange Zeit auf Mund-zu-Mund-Propaganda. Vor zwei Jahrzehnten begann das Unternehmen dann, die Marke ins Zentrum zu rücken. „Jetzt und in Zukunft setzen wir alles daran, dass Victorinox als Brand bekannter wird.“ Sowohl über Print- als auch über Onlinekampagnen soll die Bekanntheit gesteigert werden. Für das Unternehmen ist das ungemein wichtig. Denn längst verkauft es nicht mehr nur Messer.Das Schweizer Messer ist weltbekannt. Doch hat das Familienunternehmen Victorinox auch andere Produkte im Sortiment. Eine Smart-Watch soll künftig für weiteres Wachstum sorgen. Einzig der starke Franken bereitet CEO-Carl Elsener momentan Sorgen. 

Stammsitz von Victorinox im Kanton Schwyz: Hier wird das „Schweizer Messer“ produziert. (© Victorinox AG)

Von Victorinox gibt es seit Ende der 80er-Jahre Uhren. Dazu kam Bekleidung, Reisegepäck und Parfüms. „Als wir mit den neuen Produkten auf den Markt kamen, kannten die Leute zwar das Schweizer Messer, jedoch nicht Victorinox“, sagt Elsener. Für alle „Nicht-Messer-Produkte“ wurde deswegen der Slogan eingeführt: „Makers of the Original Swiss Army Knife“. Der Kunde soll so die Assoziation zum Messer und dessen Wert bekommen. Funktionalität, Qualität und Innovation sollen auch bei den neueren Produkten im Fokus stehen. Eigens dafür schafften die Schweizer eine eigene Markenwelt. Vor allem in Ländern wie China und den USA setzen sie auf Investitionen in eigene Stores. Während in Europa über die eigenen Läden nur vereinzelt Akzente gesetzt werden, um die Marke erlebbar zu machen, dienen sie in Asien und den USA vor allem als Vertriebsarm.

Mehr Produkte, mehr Erfolg?

Die Spreizung der Marke hält Elsener für unbedenklich, sein Motto ist klar: Sämtliche Produkte sollen Lebensbegleiter sein. Die Kernwerte will er also auch auf das Reisegepäck und die Bekleidung übertragen. Allerdings mit einem gravierenden Unterschied: Produziert werden sie im Ausland und nicht in der Schweiz. „Das Messer ist stark mit der Schweiz verbunden. Hier könnten wir uns nicht erlauben, im Ausland zu produzieren.“ Von den insgesamt 2.000 Beschäftigten arbeiten 1.200 im Alpenstaat. Ein Großteil davon wiederum in der Messerproduktion. Hier wird gestanzt, geschliffen, gehärtet poliert und letztlich montiert. Aus Granulat werden Formen gegossen, abgekühlt und letztlich auf die Messer gepresst. Ein Entwicklungsteam von 20 Ingenieuren arbeitet täglich daran, neue Produkte zu entwickeln, aber auch daran, eigene Werkzeuge und Maschinen zu verbessern.Das Schweizer Messer ist weltbekannt. Doch hat das Familienunternehmen Victorinox auch andere Produkte im Sortiment. Eine Smart-Watch soll künftig für weiteres Wachstum sorgen. Einzig der starke Franken bereitet CEO-Carl Elsener momentan Sorgen. 

Doch auch mit der Uhrenproduktion in der Schweiz hat das Familienunternehmen viel vor: Bis 2016 investiert es 32 Mio. CHF am Standort Délemont im Kanton Jura. Längerfristig sollen dort 150 neue Stellen geschaffen werden.

Harte Währung tut weh

Momentan kämpft der CEO aber eher darum, Arbeitsplätze zu erhalten. Schuld daran ist der starke Franken. Vor allem Schweizer Markenartikler mit einem großen Exportanteil leiden. Es ist noch gar nicht lange her, da lag der Euro bei 1,60 Schweizer Franken. Jetzt liegt er bei 1,04 Euro und verhagelt Victorinox die Bilanz. „Ende des Jahres wird uns ein zweistelliger Millionenbetrag fehlen“, sagt Elsener. Wie im vergangenen Jahr soll sich der Gruppenumsatz bei 500 Mio. CHF einpendeln. Doch wegen der harten Währung muss Elsener die Preise in verdaubaren Häppchen erhöhen. „Das kann man nur schaffen, wenn man Reserven hat.“ Um Jobs zu sichern, sind er und die Mitarbeiter bereit, den Gürtel enger zu schnallen. Krisenerfahren ist das Unternehmen: Praktisch über Nacht brach dem Markenartikler nach dem Terroranschlag 2001 auf die Türme in New York ein Drittel des Umsatzes weg. „Damals haben wir die Schichtarbeit reduziert, Ferien vorgezogen, Überstunden abgebaut und sogar Mitarbeiter an andere Unternehmen ausgeliehen“, sagt Elsener.

Die Mitarbeiter wissen, dass sie sich auf das Unternehmen verlassen können. Natürlich kann auch Victorinox keine Beschäftigungsgarantie geben. Aber: „Wir wollen mit unseren Mitarbeitern nicht nur gute, sondern auch härtere Zeiten gemeinsam meistern“, sagt Elsener. Und das sind dann eben auch wieder die Vorteile und Werte eines Familienunternehmens. Das größte Potenzial sieht er momentan bei den Haushaltsmessern und dem Reisegepäck. Und wer weiß: Vielleicht wird ja auch künftig die Smart-Watch aus dem Hause Victorinox ein Kassenschlager.


Zur Person

(© Victorinox AG)

Seit 1884 tüftelt Victorinox am perfekten Messer. 1978 stieg Carl Elsener ins Schweizer Familienunternehmen ein. Von der Pike auf lernte der 57-Jährige das Handwerk, arbeitete etwa bei einem Vertriebspartner in den USA und besuchte in Connecticut eine Management- und Markenschule. Seit 2007 führt er Victorinox in der vierten Generation. Am 3. September 2015 erhält er den Markenpreis des internationalen Markenkolloquiums. www.victorinox.com

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