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Nachfolge mit starkem Partner

Rund 120 Jahre nach der Firmengründung wurden bei Kesel die Weichen neu gestellt. Im Zuge eines Management Buy-outs übernahm auf dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise des Jahres 2009 die Beteiligungsgesellschaft Gesco AG gemeinsam mit dem langjährigen Vertriebsleiter und Stellvertretenden Geschäftsführer die Unternehmensanteile.

Nachfolge mit Beteiligungskapital
Pioniergeist gehört zu den Eigenschaften, die fest im Leitbild der Georg Kesel GmbH & Co. KG verankert sind. Das gilt für das Streben nach technischen Verbesserungen der Fräsmaschinen und Spannsysteme ebenso wie für den Aufbau neuer Märkte. „Wir suchen Herausforderungen und nehmen sie auch an“, sagt der Geschäftsführende Gesellschafter Martin Klug. Er selbst hat sich an dieses Leitbild gehalten, seitdem er vor drei Jahren im Zuge eines Management Buyouts die Verantwortung als alleiniger Geschäftsführer übernommen hat. Die Familieneigentümer des Traditionsunternehmens hatten die Firma bereits zum Ende der 90er Jahre an ihren amerikanischen Vertriebspartner JRM International veräußert. Eine Dekade später entschloss sich JRM-Chef James Mattox aus persönlichen Gründen zum Verkauf. Den Zuschlag erhielt die börsennotierte Beteiligungsgesellschaft Gesco AG, die einen starken Fokus auf Maschinenbau legt. Sie überzeugte durch ihr langfristiges Konzept und war ihrerseits vom Potenzial der Allgäuer Firma überzeugt. „Als gesundes, technologisch führendes Unternehmen mit internationaler Ausrichtung passte Kesel hervorragend zu unseren Akquisitionskriterien“, sagt Gesco-Vorstand Dr. Hans-Gert Mayrose.

Mut zum Risiko
Gesco bindet bei seinen Beteiligungen i.d.R. stets das Management ein. Mit Martin Klug, der als Vertriebsleiter und Stellvertretender Geschäftsführer bereits über lange Erfahrungen im Unternehmen verfügte, war die geeignete Führungsperson schnell gefunden. Er erwarb 10% der Anteile – auch weil er die Chance sah, Kesel als Spitzentechnologieanbieter weiter nach vorne zu bringen. „Wenn man mit eigenem Geld involviert ist, treibt man solche Ziele mit besonderer Motivation voran“, unterstreicht Klug. Hatte er zum Zeitpunkt des Kaufs im Frühjahr 2009, also auf dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise, aber nicht auch Sorgen um sein Kapital? Nein, sagt der Manager: „Wir kennen unsere Märkte und pflegen sehr gute Beziehungen mit all unseren Kunden weltweit. Dadurch konnte ich den Markt gut einschätzen, und ein gewisses unternehmerisches Risiko trägt man ohnehin immer.“ Die Zusammenarbeit mit Gesco basiert auf kollegialer Aufgabenteilung. Zwar werden größere strategische Vorhaben gemeinsam besprochen, für das Tagesgeschäft aber gibt es keine Vorgaben. Die Beteiligungsmanager unterstützen mit ihrem Know-how, z.B. bei den quartalsweise erstellten Finanzreportings oder bei der Personalsuche.

Gestärkt aus der Krise
Dank seiner starken Exportquote und insbesondere des Asiengeschäfts hat Kesel die Wirtschaftskrise auch ohne Mitarbeiterentlassungen gut überstanden. Als die Konjunktur dann wieder anzog, haben die neuen Eigentümer unverzüglich Weichen gestellt. Produktion und Verwaltung wurde in eine Halle bzw. Bürogebäude mit größeren Kapazitäten verlegt, die Entwicklung neuer Produkte forciert und die Repräsentanz in Peking in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt. Das Jahr 2011 war mit einem geschätzten Umsatz von rd. 12 Mio. EUR das bisher stärkste der Firmengeschichte. Der Umsatz lag um ca. 8% über dem Niveau des Jahres 2008, die Mitarbeiterzahl ist von unter 50 auf jetzt 70 Beschäftigte gestiegen.

Ausblick
Kesel setzt bei einer Exportquote von bis zu 80% weiter auf ein starkes weltwirtschaftliches Wachstum u.a. in der Stahlindustrie und im Bausektor. Neben den Schwerpunkten in China (Geschäftsanteil 30%) und Europa (50%) will das Unternehmen jetzt v.a. das Geschäft in Indien und Südamerika ausbauen.„Wer nur auf den Preis achtet, ist nicht unser Kandidat“
Interview mit Dr. Hans-Gert Mayrose, Vorstand, Gesco AG

Unternehmeredition: Herr Dr. Mayrose, Sie haben sich an Kesel im Frühjahr 2009 und damit mitten im Konjunkturtief beteiligt. Hat Ihnen das nicht Kopfzerbrechen bereitet?
Mayrose: Das war natürlich ein Risiko. Die Kaufverhandlungen hatten allerdings schon im Jahr davor begonnen, als es dem Maschinenbau noch gut ging. Es kamen dann auch bei Kesel immer mehr schlechte Nachrichten zur Auftragslage und wir haben uns schon gefragt, ob wir in einem solchen Umfeld überhaupt ein Unternehmen kaufen sollten. James Mattox, der amerikanische Eigentümer, hatte aufgrund des Wechselkurses und der steuerlichen Rahmenbedingungen eine hohe Motivation zum Verkauf. Er war bereit, uns Garantien für den Fall des Nichterreichens bestimmter Gewinnziele zu geben. Vereinbart wurden darüber hinaus flexible, vom Ergebnis der Zukunft abhängige Kaufpreiskomponenten. Wir fühlten uns dadurch ausreichend abgesichert. Ohne diese Garantien wäre der Erwerb nicht möglich gewesen.

Unternehmeredition: Außer Ihnen waren noch andere Investoren an Kesel interessiert. Warum war der MBO unter Führung von Gesco aus Sicht des Verkäufers die beste Lösung?
Mayrose: Herrn Mattox war es wichtig, dass Standort und Arbeitsplätze erhalten bleiben. Für ihn stand deshalb ein möglichst hoher Kaufpreis nicht allein an erster Stelle, zumal er mit einer seiner Firmen weiterhin den Vertrieb für die Kesel-Produkte in den USA übernehmen wollte und deshalb auch ein wirtschaftliches Interesse an der Zukunft des Unternehmens hatte. Das wiederum passte perfekt zu unserem Konzept einer langfristigen Ausrichtung.

Unternehmeredition: Wie schätzen Sie aktuell den Bedarf für Nachfolgelösungen in Deutschland ein?
Mayrose: Uns werden derzeit ungewöhnlich viele Unternehmen angeboten. Nicht wenige Eigentümer hatten 2009 und danach ihre Verkaufsabsichten zurückgestellt und trauen sich nach dem erfolgreichen Jahr 2011 jetzt wieder an den Markt. Manche tun es wohl auch mit Blick darauf, dass vielleicht doch bald eine nächste Krise kommen könnte. Häufig ist die Suche nach einer Nachfolgeregelung schon aus Altersgründen akut. Manche suchen aber auch in jungen Jahren aus strategischen Gründen nach einer Lösung – zum Beispiel, weil das Unternehmen nicht abhängig von einer einzelnen Person sein soll.

Unternehmeredition: Worauf legen Sie bei der Auswahl der Unternehmen konkret wert?
Mayrose: Wer als Verkäufer nur auf den Preis fixiert ist, ist eher nicht unser Kandidat. Es gibt aber immer wieder Unternehmer, die auf den Fortbestand der Firma achten. Wenn der Verkäufer das Gefühl hat, dafür den richtigen Helfer gefunden zu haben, kann ihn das von sehr hohen Preisvorstellungen wegbringen. Er sollte zudem auch unsere Kalkulation verstehen. Anders als Private-Equity-Häuser, die mit einem Exit kalkulieren, müssen wir den Kaufpreis inkl. der Finanzierung – die wir nicht auf das Unternehmen übertragen, sondern auf der Gesellschafterebene behalten – in einer überschaubaren Zeitspanne verdienen können. Wichtig bei einem Unternehmen sind für uns seine starken Kundenbeziehungen, Alleinstellungsmerkmale mit Blick auf bestimmte Technologien und gerne auch ein hoher Internationalisierungsgrad. Dies sollte für Potenzial stehen, das man langfristig heben kann. Wichtig ist aber auch, welche Zahlen das Unternehmen bereitstellt und ob es qualifizierte Aussagen zu seinen Märkten liefert. Ebenso entscheidend ist, ob die Qualität im betriebswirtschaftlichen Bereich und nicht zuletzt die Stimmung bei den Mitarbeitern überzeugt. Unverzichtbar ist bei all dem, dass die Chemie zwischen uns und den Eigentümern stimmt und dass man gegenseitiges Vertrauen aufbauen kann.

Unternehmeredition: Herr Dr. Mayrose, vielen Dank für das Gespräch.

Norbert Hofmannredaktion@unternehmeredition.de

Kurzprofil: Georg Kesel GmbH & Co. KG
Gründungsjahr: 1889
Branche: Werkzeugmaschinenbau
Unternehmenssitz: Kempten im Allgäu
Mitarbeiter: 70
Umsatz 2011e: rund 12 Mio. EUR
Internet: www.kesel.com

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