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„Man muss sich erstmal aneinander gewöhnen“

Vor acht Jahren ging das Familienunternehmen Daldrup an die Börse. Vom klassischen Bohrunternehmen entwickelt es sich zum Stromanbieter. Das IPO spülte Geld in die Kasse und sorgte für mehr Bekanntheit. Es gibt jedoch auch negative Aspekte. Vorstandschef Josef Daldrup im Gespräch.

Herr Daldrup, seit acht Jahren sind Sie nun auf dem Börsenparkett. Haben Sie es jemals bereut, an die Börse gegangenen zu sein?

Ich nicht, meine Frau schon. Seither habe ich noch weniger Zeit. In unserer kleinen Community bekam die Geothermie plötzlich ein Gesicht und einen Namen. Das hat Vor- und Nachteile. Vor Kurzem war ich auf einem Forum, es ging dabei um Risiken der Geothermie. Es sollte um eine sachliche Aufklärung gehen. Als ich den Raum betrat, hing ein Schmäh-Plakat an der Wand, mit meinem Namen darauf. Nicht überall ist Geothermie beliebt.

Geothermie ist gefährlich. Das behaupten zumindest Ihre Gegner. Ist dem so?

Josef Daldrup, Vorstandsvorsitzender von Daldrup (© Daldrup & Söhne AG)

Natürlich bedeutet das Bohren von tiefen Löchern einen Eingriff in die Natur. Doch weltweit gibt es rund 170 Geothermiekraftwerke. Und noch nicht ein Mal gab es einen Personenschaden. Welche Technik kann das für sich behaupten?

Woher kommen die Sorgen?

Das ist diffus. Wir bohren überall dort, wo der Boden „gestört“ ist. Also dort, wo die Erde bebt. Hier ist es schwieriger zu Bohren. Allerdings befindet sich das heiße Wasser in den Rissen. Das entnehmen wir dann. Natürlich gibt es Spannungen in der Erde. Lösen sich diese, kann es zu minimalen Verschiebungen der Erdplatten kommen.

Warum sollte sich die Geothermie durchsetzen?

Sie hat einen riesigen Vorteil: Sie ist grundlastfähig. Man ist weder darauf angewiesen, dass die Sonne scheint, um über Solaranlagen Wärme oder Strom zu produzieren. Noch muss der Wind dafür wehen. Zudem bekommen wir den Rohstoff umsonst. Ist das Kraftwerk bezahlt, schlägt sich das voll im Gewinn wieder.Vor acht Jahren ging das Familienunternehmen Daldrup an die Börse. Vom klassischen Bohrunternehmen entwickelt es sich zum Stromanbieter. Das IPO spülte Geld in die Kasse und sorgte für mehr Bekanntheit. Es gibt jedoch auch negative Aspekte. Vorstandschef Josef Daldrup im Gespräch.

Was waren die Gründe für den Börsengang?

Wir wollten wachsen. Nach dem IPO hatten wir das Geld, um modernste Bohrgeräte zu kaufen. Unser großer Vorteil: Wir wussten, was Geothermie ist. Wir kommen aus dem Brunnenbau und haben Erfahrung mit der Gewinnung von heißem Wasser. Die Technik, die wir uns damals zulegten, hatten wir exakt auf Geothermie ausgerichtet. Auch durch den Börsengang haben wir Teile unseres Wettbewerbs verdrängt.

Bohrturm in Unterföhring: Aus der Tiefe holt Daldrup heißes Wasser. (© Daldrup & Söhne AG)

Würden Sie Unternehmen empfehlen, an die Börse zu gehen? Schließlich gibt man Anteile ab, muss Berichte erstellen und Aufsichtsräten Rechenschaft ablegen.

Für unsere Nische war der Börsengang absolut gerechtfertigt und der richtige Schritt. Natürlich muss man Aufsichtsräten berichten. Negativ ist, dass man an der einen oder anderen Stelle nicht mehr so intuitiv entscheiden kann. Zudem konnten wir das Unternehmen viel internationaler ausrichten. Bei den Banken haben wir Kredite bekommen, die es ohne ein IPO niemals gegeben hätte.

Passen Börsengang und Familienunternehmen überhaupt zusammen?

Es sind schon zwei Welten. Man muss sich erstmal aneinander gewöhnen. Ein Banker wollte mir damals erklären, wie ich mein Geschäft führen soll. Ich konnte ihn eines Besseren belehren. Zum Börsengang lief ich durch die Frankfurter Skyline und musste mich kneifen. Unser IPO kam drei Tage nach dem Lehman-Crash. Da können Sie sich vorstellen, was da damals los war.

Als Sie 2007 an die Börse gegangen sind, lag der Ausgabekurs bei 13,80 Euro. Zwischenzeitlich kletterte er auf knapp 40 Euro. Heute steht er unter dem Niveau von damals. Sind Sie dennoch zufrieden?

Nicht ganz. Doch hat die Familie hat während dieser Zeit keine Stücke aus der Hand gegeben. Und irgendwann wird der Kurs auch wieder ein neues Hoch erreichen. Vielleicht nicht in ein bis zwei Jahren, mittelfristig schon. Schaut man sich die Kurse anderer Unternehmen an, die sich mit regenerativer Energie beschäftigen, gibt es kaum welche, die nahezu das Niveau des Ausgabepreises haben. Viele Unternehmen haben mittlerweile sogar Insolvenz angemeldet.Vor acht Jahren ging das Familienunternehmen Daldrup an die Börse. Vom klassischen Bohrunternehmen entwickelt es sich zum Stromanbieter. Das IPO spülte Geld in die Kasse und sorgte für mehr Bekanntheit. Es gibt jedoch auch negative Aspekte. Vorstandschef Josef Daldrup im Gespräch.

Wie hoch ist der Druck von Banken und Analysten?

Im Zweifelsfall kenne ich das Geschäft besser als die Analysten. Und deswegen möchte ich auch keine Chance ungenutzt lassen, wenn ich eine sehe. Meistens setze ich mich dann auch durch (lacht).

Ist es durch den Börsengang und den dadurch gestiegenen Bekanntheitsgrad für Sie einfacher geworden, Personal zu rekrutieren?

Wir sind deutlich attraktiver geworden. In unserer Nische kennen sich die Leute teilweise persönlich. Für uns ist es jetzt einfacher geworden, Spitzenleute ins Unternehmen zu holen. Auch das Know-how ist deutlich gestiegen. Tiefe Bohrungen haben früher 130 Tage gedauert. Heute bohren wir 40 Tage. Wir haben aus unseren Fehlern gelernt.

Haben Sie Tipps für Unternehmer, die an die Börse wollen?

Ein Börsengang ist teuer. Unternehmen sollten sich nicht von den Beratern verrückt machen lassen, sondern den gesunden Menschenverstand einschalten. Zudem sollte man auch die eigene Euphorie – die nach einem Börsengang sicherlich da ist – etwas bremsen. Diese gilt es zu kanalisieren. Man sollte immer daran denken, dass es auch den Tag danach gibt. Man unterschätzt die Arbeit und die Dinge, die sich verändern.

War Ihnen bewusst, wie aufwändig es ist, Vorstand eines börsennotierten Unternehmens zu sein?

Nein, ich hätte mir diese Aufgabe nicht so umfassend vorgestellt. Am Anfang machten wir auch große Fehler.

Welche denn?

Wir hatten etwa die Möglichkeit einer Kapitalerhöhung. Zu einer Zeit, in der unsere Marktkapitalisierung 200 Mio. Euro betrug. Im Nachhinein denke ich, dass wir diese hätten durchführen sollen. Dann hätten wir schon drei bis vier Kraftwerke am Laufen. Stattdessen setzten wir auf organisches Wachstum. Wir wollten den Anteil der Familie am Unternehmen nicht verwässern, die Zwei-Drittel-Mehrheit behalten.Vor acht Jahren ging das Familienunternehmen Daldrup an die Börse. Vom klassischen Bohrunternehmen entwickelt es sich zum Stromanbieter. Das IPO spülte Geld in die Kasse und sorgte für mehr Bekanntheit. Es gibt jedoch auch negative Aspekte. Vorstandschef Josef Daldrup im Gespräch.

Vom Brunnenbohrer zum Stromlieferant – das ist ja ohnehin Ihr Plan für die Zukunft. Wie weit sind Sie denn?

Wir haben die Gebiete abgesteckt. Die Kraftwerke müssen jetzt zum Laufen kommen. In drei bis vier Monaten soll das Kraftwerk Taufkirchen für den zweiten Abschnitt bei München am Netz sein. Dann beginnt für uns eine neue Zeitrechnung. Der nächste Bauabschnitt ist schon geplant. Wir benötigen dann nur noch zwei Bohrungen. Ende kommenden Jahres werden wir damit so weit sein.

Sie haben Ihre Anteile auch wegen des neuen Erbschaftsteuerrechts bereits jetzt an Ihre Kinder überschreiben. Sehen wir diese bald im Vorstand?

Ich bin jetzt 61 Jahre alt und hoffe, dass ich noch ein paar Jahre weitermachen kann. In wenigen Jahren wird einer meiner Söhne in den Vorstand kommen. Ich werde dann in den Aufsichtsrat wechseln. Das ist für mich im Kopf mein größtes Problem. Nicht weil ich nicht abgeben möchte. Doch komplett loslassen kann ich wahrscheinlich auch nicht.

Wie wird das Jahr 2015?

Das erste Halbjahr wird durchwachsen, das zweite Halbjahr wird sehr gut.


Zur Person

Josef Daldrup ist Vorstandsvorsitzender der Daldrup & Söhne AG aus Ascheberg bei Münster. Klassisch kommt das Unternehmen aus dem Brunnenbau. Lange Zeit kannten nur wenige die Gesellschaft. Bis sie dann am 30. November 2007 an die Börse ging. Daldrup & Söhne versorgt etwa riesige Gewächshäuser in den Niederlanden mit heißem Wasser. Mittlerweile ist das Unternehmen selbst Stromproduzent. In Taufkirchen bei München wird in diesem Jahr das selbstentwickelte und errichtete Geothermie-Kraftwerk in Betrieb genommen. Vom reinen Bohrdienstleister will sich Daldrup zum mittelständischen Energieversorger entwickeln. www.daldrup.eu

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