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„Man muss den Mut haben, Nein zu sagen“

Sonnen gilt als Shooting Star unter den deutschen Herstellern für Speicher von regenerativer Energie. Zuletzt erhielten die Allgäuer einen Prestigeauftrag aus Arizona. Geschäftsführer Christoph Ostermann über die weitere Strategie der Internationalisierung und einen etwaigen Börsengang.

Unternehmeredition: Herr Ostermann, haben Sie sich über das Sturmtief Herwart gefreut? Es sorgte für viel Wind und Energie. Als Anbieter von Batteriespeichern kommt Ihnen so ein Unwetter sicherlich nicht ganz ungelegen.

Ostermann: In der Tat war der Sturm für unser Unternehmen nicht schädlich. Unsere Batteriespeicher dienen Haushalten dazu, selbst produzierten Strom auch selbst zu verbrauchen. Dazu kommt, dass wir Betreiber eines virtuellen Kraftwerks sind, das tausende dieser Einheiten miteinander verknüpft. Damit schaffen wir einen großen, virtuellen Pufferspeicher. Gibt es zu viel Strom, kann man diesen zwischenspeichern, braucht man diesen, holt man ihn aus den Speichern. Haushalte können so auch für stabilere Netze sorgen.

Der Traum von Sonnen ist es, sämtliche Haushalte mit regenerativer Energie zu versorgen. In Miethäusern dürfte Ihnen das schwerfallen.

Mittlerweile können auch Speicher ohne eigene Möglichkeit zur Stromerzeugung in unser virtuelles Kraftwerk eingebunden werden. Durch die räumliche Entkoppelung der Solaranlage und des Speichers ist es auch Mietern in der Stadt möglich, Strom aus unserer SonnenCommunity zu erhalten.


“Der große Preisverfall für die Batterien wird langsam auslaufen”

Christoph Ostermann, Geschäftsführer Sonnen GmbH


Nach wie vielen Jahren rechnet sich für einen Haushalt so ein System?

In Australien nach sechs Jahren, in Deutschland derzeit nach zehn Jahren, in den USA vielleicht gar nicht. Der große Preisverfall für die Batterien wird jedoch langsam auslaufen, weil die Rohstoffpreise aufgrund der robusten Weltwirtschaft sowie der hohen Nachfrage bei der Elektromobilität steigen.

Zuletzt erhielten Sie einen Großauftrag aus den USA. In der Nähe von Prescott im Bundesstaat Arizona sollen 3.000 Häuser für ein Stadtentwicklungsprojekt mit Akkusystemen ausgestattet werden. Ein Prestigeauftrag?

Zumindest ist es der erste große in den USA. In diesem Wüstengebiet gibt es derzeit keine Infrastruktur, keine Stromleitungen und auch kein Abwasser. Deswegen ist es auch für den Netzbetreiber wichtig, dass sich die Häuser selbst versorgen können, weil dessen Investitionen dann ganz anders aussehen. Derzeit haben wir in den USA mehrere solche Projekte in der Pipeline.

Sonnen gilt als Shooting Star unter den deutschen Herstellern für Speicher von regenerativer Energie. Zuletzt erhielten die Allgäuer einen Prestigeauftrag aus Arizona. Geschäftsführer Christoph Ostermann über die weitere Strategie der Internationalisierung und einen etwaigen Börsengang.

Noch ist Ihr Unternehmen mit rund 400 Mitarbeitern relativ klein, die Konkurrenz ist groß und Sie sind ja auch erst seit etwas mehr als zwei Jahren in den USA vertreten. Wie schwer war es, dort Fuß zu fassen?

Für jeden Newcomer ist dies schwer. Mit den 50 Bundesstaaten sind die USA sehr komplex strukturiert. Anders als hierzulande, wo die einzelnen Länder sich sehr ähnlich sind. Besonders zäh ist es, im Energiemarkt Fuß zu fassen, da dieser in vielen Staaten hochgradig reguliert ist. Nicht zu unterschätzen ist auch der kulturelle Unterschied, den es zu managen gilt.

Wie sind Sie vorgegangen?

Wir haben die USA erstmal 1,5 Jahre aus der Ferne inspiziert. Die Kunst ist es, Strukturen aufzubauen, die man verkraften kann, um mit diesen dann zu wachsen. Mit einem Zwei-Mann-Team haben wir dort angefangen. Mittlerweile haben wir auf 50 Mitarbeiter aufgestockt und dort einen eigenen Entwicklungs- und Produktionsstandort.

Stromspeicher im Wohnbereich: Sonnen integriert ihn in den Alltag.

Donald Trump ist kein Fan von erneuerbarer Energie. Wie wirkt sich das auf Ihr USA-Geschäft aus?

In regulierten Märkten spielt die Politik immer eine große Rolle. Allerdings fallen die Entscheidungen auf Ebene der einzelnen Staaten. Dass Trump nicht gerade ein Fan von regenerativer Energie ist, ist bedauerlich. Das Schöne ist, dass es dort Staaten gibt, die das komplett anders sehen.

Auch Tesla verkauft Batteriesysteme zur Stromversorgung von Haushalten. Wie groß ist der Wettbewerb?

Es gibt einige Anknüpfungspunkte zu Tesla. Das stört uns allerdings nicht. Es ist ein interessantes Unternehmen, das gute Autos baut. Damit hat es momentan allerdings genug zu tun. Als Pionier in der Elektromobilität gibt es viele Herausforderungen, die es zu lösen gilt. Unserem Gefühl nach forcieren sie das Geschäft mit Stromspeichern nicht. Das zeigen auch Marktstudien. Der Anteil an Aufmerksamkeit ist relativ hoch. Der Anteil am Umsatz allerdings nicht. Dennoch muss man Tesla ernst nehmen.Sonnen gilt als Shooting Star unter den deutschen Herstellern für Speicher von regenerativer Energie. Zuletzt erhielten die Allgäuer einen Prestigeauftrag aus Arizona. Geschäftsführer Christoph Ostermann über die weitere Strategie der Internationalisierung und einen etwaigen Börsengang.

Nach Italien wollen Sie in den kommenden zwei Jahren sogar 20.000 Geräte verkaufen. Welcher Auftrag war wichtiger?

Der in den USA. Für uns ist er ein Meilenstein, weil der Markt für Stromspeicher dort noch in den Kinderschuhen steckt. Dieses Projekt ist ein Beweis dafür, dass der Markt Fahrt aufnimmt und unsere Wette aufgeht. In Italien ist der Markt schon relativ reif. Dort haben wir auch schon im vergangenen Jahr einige tausend Geräte verkauft.

 

Standort im Allgäu: In Wildpoldsried stellt Sonnen die Speicher her.

Sie sind auch in Australien aktiv – das liegt am anderen Ende der Welt …

… hat aber Zugang zum asiatisch-pazifischen Raum. Australien ist für uns mittlerweile der zweitwichtigste Markt vor Italien. Das liegt mit daran, dass dort zur Mitte des Jahres der Endkundenstrompreis um ein Viertel erhöht wurde. Das Interesse an Stromspeichern ist seitdem sprunghaft angestiegen. Allein im Oktober verkauften wir 450 Geräte. Zudem haben wir einen Vertrag mit einem Partner unterzeichnet, der in den kommenden Jahren auf den Philippinen und in Malaysia Speicher von uns verbauen wird.

Wie reagieren die Energiekonzerne auf Ihren Vorstoß? Schließlich verderben Sie denen das Geschäft.

Das kommt darauf an, wo man sich befindet. Die meisten großen Energieversorger sind sehr aufgeschlossen und an Kooperationen interessiert, weil die Märkte vielerorts nicht liberalisiert sind und wir gar nicht die Möglichkeit hätten, in Konkurrenz zu treten. Die einzige Möglichkeit ist, mit diesen zu kooperieren.

In Deutschland ist das anders: Stromerzeugung und -verteilung liegen nicht in einer Hand.

Richtig. Mit einigen großen Energieversorgern arbeiteten wir auch zusammen. Sie verkauften unsere Geräte in ihrem Namen an Kunden weiter. Seitdem wir die SonnenCommunity haben und Endkunden direkt mit Strom beliefern, hat die Begeisterung für unsere Produkte allerdings nachgelassen.Sonnen gilt als Shooting Star unter den deutschen Herstellern für Speicher von regenerativer Energie. Zuletzt erhielten die Allgäuer einen Prestigeauftrag aus Arizona. Geschäftsführer Christoph Ostermann über die weitere Strategie der Internationalisierung und einen etwaigen Börsengang.

Die Internationalisierung in so viele Länder hinein ist sehr komplex und kostet viel Geld. Dieses Wachstum muss man auch verkraften können. Übernehmen Sie sich nicht?

Bislang gelingt uns das ganz gut. Wächst man wie wir auf niedrigem Niveau sehr schnell, ist es wichtig, sich zu fokussieren und sich nicht zu verzetteln. Wir haben uns die Märkte ausgesucht, die das größte Potenzial haben, die aber auch mit den geringsten Hürden versehen sind. So entschieden wir uns etwa gegen Japan, obwohl es der zweitgrößte Speichermarkt der Welt ist. Die Markteintrittsbarrieren waren einfach zu hoch. Man muss den Mut haben, Nein zu sagen und Geschäfte nicht zu tätigen. Ansonsten bricht man sich die Beine.

Sie kostet zudem viel Geld. Wie finanzieren Sie die Expansion?

Die ersten drei Jahre finanzierten wir selbst. Seit 2013 hatten wir insgesamt vier Finanzierungsrunden. Das Geld kam vor allem von VC-Gesellschaften. Seitdem wir eine gewisse Größe haben und das Momentum stimmt, sind auch strategische Investoren wie General Electric oder Envision Energy an Bord. Wichtig ist, dass unsere Eigentümerstruktur stark fragmentiert ist und wir keinen Investor haben, der eine dominante Position hat und uns die Geschäftsstrategie diktieren kann.

Wie viel Geld haben Sie bislang eingenommen?

In den ersten drei Runden kamen rund 20 Mio. Euro zusammen. Die letzte Runde spülte uns 76 Mio. Euro in die Kasse. Die Bewertung ist mittlerweile so hoch, dass man vor Schmerzen nicht mehr weinen muss, wenn man Anteile abgibt.Sonnen gilt als Shooting Star unter den deutschen Herstellern für Speicher von regenerativer Energie. Zuletzt erhielten die Allgäuer einen Prestigeauftrag aus Arizona. Geschäftsführer Christoph Ostermann über die weitere Strategie der Internationalisierung und einen etwaigen Börsengang.

Auch ein Börsengang steht immer wieder mal zur Debatte.

Dieser ist sicherlich eine Option, um das Wachstum weiter anzuschieben. Einen klaren Zeitplan haben wir allerdings nicht. Wir wollen bereit sein, wenn es an der Zeit ist. Es hängt ja auch immer davon ab, wie das Klima an den Märkten ist.

Aktuell wäre der Zeitpunkt ganz gut.

Das stimmt. Allerdings sind wir für ein IPO noch etwas zu klein. In diesem Jahr werden wir rund 60 Mio. Euro umsetzen. Im kommenden Jahr wollen wir etwas über 50 Prozent wachsen. Und solange das Interesse auf der Private Equity-Seite noch so groß ist, wir einfach und schnell Geld bekommen, macht es keinen Sinn, an die Börse zu gehen. In zwei bis drei Jahren kann es ein Thema werden.


“Schwarze Zahlen schreiben wir noch nicht”

Christoph Ostermann, Geschäftsführer Sonnen GmbH


Arbeiten Sie bereits profitabel?

Schwarze Zahlen schreiben wir noch nicht. Die DACH-Region und die USA könnten jedoch 2018 schon profitabel sein. In Australien befinden wir uns in einer starken Wachstumsphase. Dort müssen wir erst die Strukturen anpassen, um das Wachstum stemmen zu können. Die Profitabilität steht dort nicht im Vordergrund.

Werden Sie ihr Ihren Hauptsitz in Wildpoldsried im Allgäu trotz starker Expansion halten?

Man kann seine Wurzeln ja schlecht verleugnen. Wir finden es schön im Allgäu und haben eine Belegschaft, die sich international zusammensetzt. Wir haben Mitarbeiter aus Japan, Indien, Bangladesch und den USA. Sie beleben das Dorfbild. Es ist jedoch nicht immer ganz einfach, die Leute ins Allgäu zu holen. Deswegen haben wir auch noch einen zweiten Standort in Berlin.


Zur Person:

Christoph Ostermann ist Mitgründer und CEO von Sonnen. Sein Unternehmen vertreibt Batteriespeicher für regenerativen Strom. Dazu gehört auch ein virtuelles Kraftwerk, das die Nutzer untereinander verknüpft. Weltweit beschäftigt das 2010 gegründete Unternehmen mittlerweile 350 Mitarbeiter. In der letzten Finanzierungsrunde 2016 nahmen die Allgäuer 76 Mio. Euro ein. Vor allem international soll das Wachstum forciert werden. Die USA, Italien und Australien stehen auf der Liste ganz oben. In diesem Jahr will Sonnen einen Umsatz von rund 60 Mio. Euro erwirtschaften. 2018 soll dieser um mehr als die Hälfte zulegen. www.sonnenbatterie.de

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