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„Märklin braucht keine Wachstumsstory“

Drei Jahre nach der Übernahme schreibt Märklin zwar schwarze Zahlen. Der Umsatz ist allerdings leicht rückläufig. Vor allem in die Kinderlinie setzt Geschäftsführer Florian Sieber große Hoffnungen. Wie das Modelleisenbahnunternehmen in der Spur bleiben soll. 

Herr Sieber, drei Jahre ist es her, seit Sie das damals gerade sanierte Unternehmen Märklin gekauft haben. Was hat sich seit der Übernahme verändert?

Sieber: Wir haben seit 2013 sehr viel investiert, insgesamt knapp unter 40 Mio. Euro. Alleine in unsere Werke in Göppingen und im ungarischen Györ flossen rund 18 Mio. Euro in Maschinen und Anlagen. Die restlichen 22 Mio. Euro wurden in die Erstellung neuer Formen und Produkte gesteckt. Wir investierten vor allem deswegen so viel, weil wir einen Großteil des Produktionsvolumens aus China zurückholen mussten. Insbesondere die Komplexität des Produkts und die kleiner gewordenen Volumina machten es schwierig, geeignete Partner für die Produktion zu finden. Vor zehn Jahren waren die Stückzahlen noch deutlich größer, heute ist das für die Produzenten dort wirtschaftlich nicht mehr reizvoll.

Wie stark hat das Image der Marke Märklin durch die Insolvenz im Jahr 2006 gelitten?

Modelllandschaft von Märklin: Seit der Übernahme flossen 40 Mio. Euro in das Unternehmen. (© Gebr. Märklin & Cie. GmbH)

Sicherlich ist von der Krise noch etwas haften geblieben. Jahrelang waren viele Produkte nicht mehr verfügbar. Das wollen wir jetzt mit einer großen Produktvielfalt, hoher Qualität und einer guten Kommunikation wettmachen.

Ihre Familie ist Eigentümerin von Simba Dickie, einem der weltweit größten Spielwarenhersteller. Profitiert Märklin davon?

Von Anfang an sahen wir nur geringe Synergieeffekte. Die Zielgruppe ist eine andere, die Distributionskanäle zu verschieden und die Fertigung ist viel komplexer. Bei Märklin werden unzählige Einzelteile in einem Modell verbaut. Bei Simba Dickie fällt das fertige Produkt sinnbildlich häufig direkt aus der Maschine.

War das auch einer der Gründe, weswegen Sie lange gezögert haben, bevor Sie Märklin kauften?

Das war sicherlich mit entscheidend. Was uns letztlich überzeugt hat, war das riesige Know-how in der Produktion und der Entwicklung, sowohl in Göppingen als auch in Györ. Sämtliche Produktionsschritte können wir im Haus erledigen. Wir haben eine Konstruktionsabteilung, einen Werkzeugbau mit eigener Härterei, eine Elektronikentwicklung, einen Zinkdruckgussbereich, eine Dreherei, eine Stanzerei, den Kunststoffspritzguss, unterschiedliche Farbgebungstechniken, und auch die Montage ist vor Ort.Drei Jahre nach der Übernahme schreibt Märklin zwar schwarze Zahlen. Der Umsatz ist allerdings leicht rückläufig. Vor allem in die Kinderlinie setzt Geschäftsführer Florian Sieber große Hoffnungen. Wie das Modelleisenbahnunternehmen in der Spur bleiben soll. 

Seit der Übernahme ist der Umsatz rückläufig. 2013 lag dieser bei 107 Mio. Euro. Für dieses Geschäftsjahr rechnen Sie mit 96 Mio. Ist es sinnvoll, so viel Geld in einen Markt zu investieren, der nicht mehr wächst?

Wir benötigen keine Wachstums-Story für einen zukünftigen Investor. Unser Ziel und Aufgabe ist es, für die kommenden Jahre ein nachhaltig profitables Unternehmen auf die Beine zu stellen, und wir schreiben seit der Übernahme schwarze Zahlen. Langfristig wollen wir das festigen – unabhängig von einem Wachstum. In einem sensiblen Sammlermarkt ist weniger manchmal mehr, um die Wertigkeit der Produkte langfristig zu erhalten.

Das heißt?

Weniger Rabatte: Märklin will sich wieder mehr auf Sammler konzentrieren. (© Gebr. Märklin & Cie. GmbH)

Dass es im Sammlermarkt Sinn macht, unterhalb der Nachfrage zu produzieren. Schwemmt man den Markt und gibt es nicht genügend Käufer, verfallen die Preise. Das wirkt sich negativ auf das Image der Marke und die Folgeprodukte aus.

Bei Märklin gab es in den Jahren vor der Übernahme aber hohe Rabatte.

Das stimmt. Auch wenn es schwergefallen ist, haben wir dies geändert. Gewöhnt sich der Kunde an hohe Rabatte, kommt man aus diesem Kreislauf nur schwer wieder raus. Uns ist es wichtig, Produkte wertig zu verkaufen, anstatt sie zu verramschen. Dann bleibt der Wert für unsere Sammler erhalten, und für das Unternehmen bleibt mehr hängen, um auch Umsatzrückgänge zu verkraften.

Das kann aber nicht das alleinige Ziel sein.

Parallel suchen wir natürlich nach neuen Distributionskanälen und schauen nach anderen Produkten, die nicht zwingend an den Modellbahnmarkt gekoppelt sind. So wollen wir mittelfristig den Umsatz wieder steigern.Drei Jahre nach der Übernahme schreibt Märklin zwar schwarze Zahlen. Der Umsatz ist allerdings leicht rückläufig. Vor allem in die Kinderlinie setzt Geschäftsführer Florian Sieber große Hoffnungen. Wie das Modelleisenbahnunternehmen in der Spur bleiben soll. 

An was denken Sie?

Ich sehe ein großes Wachstumspotenzial bei unseren Kinderlinien Märklin my world und Märklin Start up. Zusätzlich kann ich mir vorstellen, dass wir als Lohnfertiger für andere Unternehmen auftreten, ganz unabhängig vom Spielwarenbereich. Wir sind zertifiziert und haben so viele Produktionsbereiche im Haus, dass wir ein relativ breites Spektrum an Produkten anbieten könnten.

Wie kommen Sie mit den Kinderlinien voran?

Die Tendenz ist gut, allerdings ist das Niveau noch relativ gering. Mit Märklin my world sind wir im klassischen Kinderspielzeugmarkt vertreten. Märklin Start up

Märklin my world: Auch bei den Marken für Kinder sieht der Geschäftsführer viel Potenzial. (© Gebr. Märklin & Cie. GmbH)

ist das Einstiegsmodell in die Modelleisenbahn für etwas ältere Kinder.

Wie wollen Sie das Wachstum forcieren?

Nach 20 Jahren Abstinenz werden wir zum Weihnachtsgeschäft das erste Mal wieder eigene Fernsehwerbung schalten. Auch am Point of Sale wollen wir mehr Aufmerksamkeit bekommen. Unternehmen wie Brio oder Lego sind uns hier sicherlich noch einige Schritte voraus. Doch wir wollen aufholen.

Im vergangenen Jahr brachten Sie, wie Ihre Wettbewerber auch, sehr viele Neuheiten auf den Markt. Die Produktvielfalt legt zu, obwohl die Zahl der Sammler stagniert. Kann das gut gehen?

Das ist ein Teufelskreis, der schon lange vor unserer Zeit eingesetzt hat. Märklin hatte einmal einen hohen Prozentsatz an Sammlern, die jedes Modell haben wollten. Im Laufe der Zeit konnten oder wollten unsere Kunden sich nicht mehr alles leisten und haben sich folglich auf bestimmte Teilsegmente spezialisiert, was dazu geführt hat, dass das Sortiment immer breiter geworden ist. Sie sammelten nur noch Dampf- oder E-Loks oder alles aus einer bestimmten Zeit. So entstanden viele Untergruppierungen. Daher sind wir jedes Jahr aufs Neue bemüht, unser Modell-Sortiment so auszurichten, dass für jeden etwas dabei ist. Doch schon in diesem Jahr haben wir die Anzahl der Neuheiten im Vergleich zum Vorjahr leicht reduziert.

Wie wichtig wird der klassische Fachhandel künftig sein?

Er ist mit Abstand unser größter Vertriebskanal und wird dies auch noch lange bleiben. Wer eine Lokomotive für 400 Euro kauft, erwartet auch einen kompetenten Service. Mehr als drei Viertel unseres Umsatzes machen wir im Fachhandel. Dennoch müssen wir, vor allem für unsere Kinderprodukte, auch nach anderen Vertriebskonzepten suchen.Drei Jahre nach der Übernahme schreibt Märklin zwar schwarze Zahlen. Der Umsatz ist allerdings leicht rückläufig. Vor allem in die Kinderlinie setzt Geschäftsführer Florian Sieber große Hoffnungen. Wie das Modelleisenbahnunternehmen in der Spur bleiben soll. 

Setzen Sie selbst auch auf den Online-Vertrieb?

Wir haben seit Langem einen Online-Shop, den wir im vergangenen Jahr gerelauncht haben. Hier verkaufen wir nur zu „Unverbindlichen Preisempfehlungen“, sind damit sicherlich nicht der günstigste Anbieter und setzen hauptsächlich Ersatzteile ab. Viel wichtiger für uns ist eine saubere und kompetente Präsentation unseres derzeitigen Produktangebots.

Damit sind wir wieder beim Rabatt-Thema.

Es ist nicht unsere Aufgabe und steht uns nicht zu, den Verkaufspreis unserer Handelspartner zu beeinflussen. Was wir gestalten können, ist der Preis, zu dem wir unsere Produkte in den Handel abgeben. Und den halten wir sauber und fair. Das ist das wichtigste Ziel, und das haben wir in den vergangenen Jahren auch eingehalten. Deswegen nehmen wir auch Stückzahlreduzierungen in Kauf. Durch die strikte Herangehensweise nähert sich der Marktpreis der Preisempfehlung an.

Große Pläne haben Sie mit einem Märklin-Museum in Göppingen. Wann soll dieses fertiggestellt sein?

Unser internes Ziel ist es, bis Ende 2018 fertig zu sein. Da wir von verschiedenen Genehmigungsverfahren und Einspruchsfristen abhängig sind, vermute ich jedoch, dass es 2019 wird.

Wie hoch ist das Investitionsvolumen?

Wir investieren 11,3 Mio. Euro in das Museum. Ein beträchtlicher Teil kommt allerdings durch den Verkauf der Märklin-Sammlung an eine Stiftung der Kreissparkasse Göppingen wieder ins Haus, was unser Engagement jedoch nicht schmälert, da wir natürlich den Wert der Sammlung verlieren.

Simba Dickie, die Gesellschaft Ihres Vaters, will künftig auch Trickfilme produzieren. Soll Märklin hier auch eine Rolle bekommen?

Wir machen uns Gedanken darüber, wie wir das künftig intelligent gestalten können. Allerdings ist noch nichts konkret. Wir tasten uns langsam heran. Filme und Serien sind ein Geschäftsfeld, in dem wir noch keinerlei Erfahrung haben. Doch wachsen Spielwaren und Entertainment Stück für Stück zusammen. Aktuellstes Beispiel sind die großen Spielwarenkonzerne Lego, Mattel und Hasbro, die sich immer stärker auf diesem Feld engagieren.


Zur Person

Florian Sieber ist Geschäftsführer der Gebr. Märklin & Cie. GmbH. 2013 übernahm sein Vater und Simba Dickie-Chef, Michael Sieber, den Hersteller von Modelleisenbahnen. Florian Sieber machte seinen Bachelor-Abschluss an der European Business School in Oestrich-Winkel. 2011 absolvierte er seinen Master-Abschluss in International Business in Frankreich und Spanien. Zusammen mit Wolfgang Bächle führt er das Unternehmen. www.maerklin.de

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