„Wir Moselaner gelten als dickköpfig und stur“

Lena Endesfelder aus dem Moselort Mehring hat es bis zur Deutschen Weinkönigin 2016/17 geschafft. Die Jungwinzerin spricht über ihre Zeit als oberste Repräsentantin des deutschen Weinbaus, Erfolgschancen für kleine Weingüter und die Sturheit mancher Weinbauern.

Unternehmeredition: Frau Endesfelder, was hat es mit dem Amt einer Weinkönigin auf sich?

Lena Endesfelder: Weinprinzessinnen und Königinnen sind meist für ein Jahr amtierende Botschafterinnen des Weinbaus. Deutschland hat 13 Weinanbaugebiete mit jeweils einer eigenen Gebietsweinkönigin, aber auch vielen örtlichen und regionalen Weinköniginnen. Ich habe als Ortsweinkönigin begonnen und meine Laufbahn als Deutsche Weinkönigin 2016/17 gekrönt. Ab der Ebene einer Gebietsweinkönigin sind diese Wahlen meist große Ereignisse, bei denen die Kandidatinnen Vorbereitungsseminare absolvieren. Das Amt der Deutschen Weinkönigin war ein richtiger Vollzeitjob: Ich habe ein aufregendes Jahr mit rund 230 Auftritten und einigen Reisen ins Ausland erlebt, darunter eine Delegationsreise nach Argentinien mit der Bundesratspräsidentin.

Sie haben ein Bachelorstudium Weinbau und Önologie absolviert und dieses repräsentative Amt ausgeübt, das gute Kontakte bietet. Dennoch haben Sie sich dafür entschieden, das elterliche Weingut weiterzuführen. Wann war das für Sie klar?

Für mich war das recht früh klar. Schon als Kinder haben meine Schwester und ich viel im Betrieb mitgeholfen. Natürlich haben wir uns auch manchmal beschwert. Etwa, als wir ausgerechnet an Karneval beim Abfüllen des Weins helfen mussten, als unsere Freunde alle unterwegs waren und gefeiert haben. Unsere Eltern haben uns aber, anders als das früher bei vielen Winzern der Fall war, alle Freiheiten gelassen: Ich hätte auch etwas ganz anderes machen können. Mit 16 Jahren habe ich den Traktorführerschein gemacht. Als ich 18 Jahre alt war, ist mein Vater bei einem Unfall ums Leben gekommen. Danach habe ich mir gesagt: Ich mache weiter.

Lena Endesfelder in ihrem Element: "Ich hätte auch etwas ganz anderes machen können." © Weingut Endesfelder
Lena Endesfelder in ihrem Element: “Ich hätte auch etwas ganz anderes machen können.” © Weingut Endesfelder

Sie haben die Verantwortung gegenüber Ihrem Vater gespürt, sein Erbe weiterzuführen?

Ja. Wir sind ein kleines Weingut, das ich nun zusammen mit meiner Mutter und meiner Schwester in dritter Generation führe. An der Mosel bewirtschaften die Weingüter im Durchschnitt fünf bis sechs Hektar. Mein Vater hatte 4,5 Hektar. Nach seinem Tod 2011 haben wir zunächst den Großteil bis auf 1,5 Hektar verpachten müssen. Jetzt bewirtschaften wir aber wieder 2,7 Hektar.

Ist es für kleinere Winzerbetriebe schwierig geworden, sich auf dem Markt zu halten?

Es ist in der Tat schwieriger geworden. Aber es gibt auch einen Gegentrend,  diesen Back to the roots-Faktor. Die Leute fragen: Wo kommen meine Lebensmittel her?  Das spielt unserem Beruf in die Karten. In Großstädten erlebt man einen Boom an Weinläden und Weinbars. Ähnlich wie beim Craft-Bier gibt es auch bei uns einen Trend zu handwerklich guten, authentischen Weinen. Die Mosel hat nachweislich einen guten Ruf bei Weinkunden, auch wenn wir in manchen Punkten als veraltet wahrgenommen werden.

Früher haben Winzer viel Wein an Stammkunden verkaufen können. Wie kommt der Wein heute zum Kunden?

Eine aktive Vermarktungsstrategie ist sehr wichtig geworden. Facebook, Twitter, Homepage – das hat enorm zugenommen. Vor zwei Jahren haben wir unseren Internetauftritt komplett erneuert und freuen uns jetzt über steigende Zugriffsszahlen. Bei Messen geht es darum, nicht nur mit einem gewöhnlichen Roll-up zu erscheinen, sondern mit besonderem Design auf sich aufmerksam zu machen. Mein Freund hat mir eine eigene Holzwand gebaut, an die wir Fotos gepinnt und die wir beleuchtet haben.

Wird es für Winzer schwieriger, Nachfolger zu finden? Erhöhen sich derzeit die Chancen für Quereinsteiger?

Teils, teils. Auf der einen Seite erhöht sich die  Qualifikation der Winzerinnen und Winzer zusehends. Neben der klassischen Winzer- oder Küferausbildung gibt es heute zunehmend mehr Weinbautechniker und vor allem deutlich mehr Hochschulabsolventen im Weinbau, darunter viele ohne  familiären Hintergrund. Das ermöglicht es älteren Winzern , ihr Weingut an einen gut ausgebildeten Absolventen zu verkaufen. Es gibt mittlerweile auch Firmen, die sich darauf spezialisiert haben, solche Nachfolgeregelungen zu unterstützen. Aber wir Moselaner gelten auch als dickköpfig und stur. Es gibt also auf der anderen Seite tatsächlich Leute, die sagen sich: Bevor jemand anderes mein Weingut bekommt, mache ich lieber zu.


Kurzprofil Weingut Endesfelder

Gründungsjahr:  1920 von Verwandten, seit 1984 im Besitz der Familie Endesfelder

Unternehmenssitz: Mehring

Branche: Winzer

www.weingut-endesfelder.de

 

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