Wirtschaftsprognosen: Produktion in Deutschland geht weiter zurück

Aktuelle Wirtschaftsprognosen
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Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) ist die Produktion im Produzierenden Gewerbe im September gegenüber dem Vormonat um 1,1% gesunken. Mit diesen nachdenklich stimmenden Nachrichten beginnen wir die Übersicht über aktuelle Wirtschaftsprognosen.

Im Quartalsvergleich kam es nach Angaben von Destatis im dritten Vierteljahr zu einem Produktionsrückgang im Produzierenden Gewerbe von insgesamt 2,4% gegenüber dem zweiten Quartal. Dabei verzeichneten die Industrie (-2,4%) und das Baugewerbe (-2,1%) ähnlich starke Rückgänge. Nach einem deutlichen Nachlassen der Industrieproduktion im August dieses Jahres hat sich die Verringerung des industriellen Ausstoßes im September fortgesetzt. Der Output im Maschinenbau sank um 3,3%. Auch in anderen Bereichen wie elektrischen Ausrüstungen (-3,3%) oder Datenverarbeitungsgeräten (-4,3%) und Metallerzeugnissen (-0,5%) kam es zu Rückgängen. Nach Aussage des Bundeswirtschaftsministeriums würden sich so die bereits seit längerer Zeit anhaltenden Lieferengpässe bei Rohstoffen und Vorprodukten auf breiterer Front in der Industrieproduktion niederschlagen. Bis zu einer nachhaltigen Auflösung der Knappheiten bleibe der Ausblick für die Industriekonjunktur somit eingetrübt.

Ähnlich wie bei Destatis fällt auch das Urteil des Wirtschaftsforschungsinstituts IHS Markit aus: Die Produktion der deutschen Industrie werde aufgrund der gravierenden Lieferengpässe mehr und mehr zurückgefahren. Laut Umfrageteilnehmern ziehe vor allem die schleppende Fertigung im Automobilsektor andere Industriezweige mit nach unten, da Unternehmen in diesem Sektor ihre Aufträge für Komponenten und Teile zunehmend reduzierten. Beunruhigend sei zudem, dass sich die Lieferzeiten im Oktober erneut verlängert haben. Der IHS Markit Einkaufsmanagerindex − ein gewichteter Durchschnitt der Messwerte für Neuaufträge, Produktion, Beschäftigung, Lieferzeiten und Vormateriallager − notierte im Oktober bei 57,8 Punkten nach 58,4 im Vormonat. Dies ist der tiefste Wert seit neun Monaten.

Weiter Materialmangel in der Industrie

Auch das Münchener ifo-Institut sieht in einer aktuellen Analyse weiter Probleme durch Materialmangel in der Industrie. Dieser habe sich in Deutschland im Oktober nur geringfügig verbessert. 70,4% der Firmen klagten weiter über Engpässe und Probleme bei der Beschaffung von Vorprodukten und Rohstoffen. Das seien sieben Prozentpunkte weniger als im September. „Von einer Entspannung kann aber nicht gesprochen werden“, sagt der Leiter der ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. „Insbesondere, weil die Firmen erwarten, dass die Engpässe bis weit ins neue Jahr bestehen bleiben.“

Der ifo-Umfrage zufolge gehen die Industriefirmen im Durchschnitt davon aus, dass die Probleme noch acht Monate andauern werden. Die Chemische Industrie erwartet sogar einen Zeitraum von zehn Monaten. Von ähnlichen Werten geht auch die Automobilbranche aus. Besonders betroffen seien die Hersteller von Elektrischen Ausrüstungen: 90% berichten von Problemen bei der Materialbeschaffung. Ein ähnliches Ausmaß hat die Knappheit in der Automobilindustrie. Im Maschinenbau sind es 81%. Bei den Nahrungsmittelherstellern beträgt der Anteil 51%.

Dienstleistungssektor schwächelt

Der Aufschwung im Dienstleistungssektor Deutschlands hat im Oktober erneut an Fahrt eingebüßt. Der IHS Markit Service-Index Geschäftstätigkeit schwächte sich im Oktober den dritten Monat in Folge ab. Nach 56,2 im September erreichten Punkten sackte der Index aktuell auf 52,4 ab. Damit liegt er jetzt auf dem niedrigsten Stand seit der im Mai eingesetzten Wachstumsphase. Gleichzeitig trieb der sich zusehends verschärfende Inflationsdruck die Kosten in die Höhe. Das wiederum ließ die von den Serviceanbietern erhobenen Preise mit Rekordraten ansteigen. Laut den Teilnehmern der von IHS monatlich durchgeführten Umfrage unter 400 Unternehmen seien die Nachholeffekte so gut wie abgeebbt und auch die Störungen in den Lieferketten wirkten sich negativ auf die Performance aus.

Phil Smith, Associate Director bei IHS Markit, kommentiert die aktuellen PMI Daten: „Der Wirtschaftsaufschwung war bereits im dritten Quartal enttäuschend und in Anbetracht der Oktoberdaten ist angesichts anhaltender Lieferprobleme davon auszugehen, dass das BIP-Wachstum zum Jahresende abermals nachlassen wird. Ermutigend ist, dass viele Dienstleister im Umfragemonat weiterhin neue Mitarbeiter einstellten und so die Erholung auf dem Arbeitsmarkt ordentlich vorantrieben. Der Servicesektor entpuppt sich als zunehmend wichtig für die kurzfristigen Beschäftigungsaussichten im Privatsektor, denn wie die Daten zeigen, schwächt sich der Jobaufbau in der Industrie zusehends ab. Der massive Anstieg der Energiepreise hat den Kostendruck zum Start des vierten Quartals weiter verschärft.“

Autorenprofil
Alexander Görbing

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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